Team Bittel
 

Sonjas Bericht zum Nürnberger Stadtlauf am 3.10.02  

Autor:  SonjaGemlau   E-Mail: SunnyGemini@t-online.de
Letzte Änderung: 05.10.2002 23:39:09

„Hopp hopp ihr lahmen Enten“ oder vom Besiegen des inneren Schweinehundes
Im Februar diesen Jahres beschlossen wir, mein Schatz Wolfgang und ich, dass wir endlich gesünder leben und unbedingt das Laufen anfangen müssen. Regelmäßig liefen wir gemeinsam um den heimischen See, Wolfgang in Hemhofen/Franken, ich in Sande/Friesland, immerhin 650 km Distanz zwischen uns. Immer mit dem Handy in der Tasche, um sich gegenseitig in den Gehpausen beim Japsen zuzuhören und sich zu motivieren, weiter zu machen. So weit, so gut. 2-3 mal in der Woche liefen wir zu der Zeit recht regelmäßig, die Gehpausen wurden weniger, aber japsen taten wir immer noch. Klar, wenn man zu schnell läuft, aber das wussten wir da noch nicht.

Beim gemütlichen Essen auf einem Bierkeller meinte Thomas, er würde uns zum Nürnberger Stadtlauf für die 10km anmelden, das würden wir lässig schaffen, so trainiert wie wir sind. 

Natürlich hatten wir ihm nicht verraten, dass wir längst nicht mehr soo regelmäßig trainierten wie am Anfang unserer Laufkarriere, aber klar wollten wir so ein Laufevent mal mitmachen.

Gesagt, nicht getan. Zunächst wenigstens. 

Den heissen Sommer auf der Terrasse faul im Liegestuhl genießend war an Laufen nicht zu denken. Es war zu heiss, Gewitter kommt gleich auf, mein Kreislauf macht heute nicht so mit und überhaupt ist es viiel zu warm.

Anfang August dann die ersten Telefonate, „du, so langsam müssen wir anfangen, regelmäßiger zu laufen, wenn wir am 3.10. wirklich 10 km schaffen wollen“. Soweit zu den guten Vorsätzen. Der August war auch noch sehr warm dieses Jahr, also sollte das regelmäßige Training aber dann ganz bestimmt im September beginnen ;-)

Ihr könnt es euch denken, auch der September war zu warm, man musste zu lange arbeiten oder sonstige nette Ausreden hatte der innere Schweinehund parat. Der ist aber auch einfallsreich!

Der große Tag nahte. Drei Tage vorher bekam ich leichte Rückenprobleme und nach einem intensiven Telefonat rief Wolfgang Thomas an, um unsere Teilnahme unter Gestehen unserer Trainingslücke abzusagen. Mit fränkischer Ruhe und Gemütlichkeit bekamen wir zur Antwort: „Lauft halt a weng mit, nur a bissl, das schafft ihr schon“. Also keine Chance, aus der Nummer mit Anstand rauszukommen.

Also gut, am 3.10. morgens früh aufstehen, leicht frühstücken und ab auf die Autobahn Richtung Nürnberg, natürlich schon sehr sportlich gekleidet. Unterwegs mit Schrecken festgestellt, dass der Tank so gut wie leer ist. Gutes Zureden dem Auto, durchzuhalten, denn wir sind uns sicher, DAS hätte uns niemand geglaubt, dass wir wegen Benzinmangels leider nicht an dem Lauf teilnehmen können.

Dort angekommen, herrschte ein Durcheinander aus Hunderten von Läufern, was für eine tolle Atmosphäre! Nach einigem Suchen fanden wir auch das Team Bittel, wo die Stimmung schon richtig prima war. Erwin schickte uns zum leichten Einlaufen für 10 Minuten, wir waren sicher, die schaffen wir vielleicht grade mal so, aber zu mehr reicht es nicht. Wieder zurück, wurde unter Anleitung heftigst gedehnt und dann ging es ab an den Start. Ganz hinten reihten wir uns bescheiden ein, an unserer Seite Gaby, die uns „coachen“ sollte und das Ganze als lockeren Trainingslauf für ihren anstehenden ersten Marathon nutzen wollte. (Gell Gaby, das hättest du nicht gedacht, daß der Lauf sooo locker werden würde ;-)).
In langsamem Tempo begannen wir unser Nürnberg-Sightseeing, Gaby bremste und trieb an, immer unter Beobachtung von Wolfgangs Puls und heftigem Geplauder mit mir. Bei 3 km waren wir schon mächtig stolz, daß wir schon so weit gekommen waren und das ganz ohne Gehpause! Merkwürdigerweise waren wir längst nicht so ausser Atem wie während unserer Trainingsläufe im Februar/März. Bei km 5 kam eine erste Ahnung in uns auf, dass wir es wirklich schaffen könnten, unglaubliches Gefühl! Und noch immer waren wir nicht so ausser Atem, wie wir längst erwartet hatten. 

Viele freundliche Menschen beklatschten uns auf unserem Weg durch das schöne Nürnberg und feuerten uns an, durchzuhalten, auch wenn wir mittlerweile den Mann mit der roten Laterne hinter uns hatten. Aber unser Ziel war ankommen, nicht eine besonders tolle Zeit zu laufen. Unter netter Unterhaltung mit Gaby liefen wir Kilometer um Kilometer und merkten gar nicht, wie weit wir schon waren. Bei km 7 wurden langsam die Beine etwas schwer aber das unglaubliche Gefühl „Wir schaffen das wirklich!“ machte sich in uns breit und jetzt WOLLTEN wir es auch wirklich schaffen und schickten den Schweinehund in seine Hundehütte. Der hatte uns nix mehr zu sagen!

Von den anderen Läufern war weit und breit nichts mehr zu sehen, egal, wir liefen unser langsames Tempo weiter. Nach rund 7 km standen ein paar süße kleine Jungs an der Seite und beklatschten uns fleißig, als wir an ihnen vorbei waren, folgte uns der aufmunternde Ruf „Hopp hopp ihr lahmen Enten!“, ignorante Gören! Jetzt erst recht.

Ab durch die Nürnberger Fußgängerzone, wo wir das einmalige Erlebnis genossen, dass eine Straßenbahn nur wegen uns dreien, unserem Mann mit der roten Laterne und dem Begleitmotorrad der Johanniter anhalten musste. Das muss man sich mal vorstellen!

Bei km 9 etwa überholte uns der Johanniter, fuhr ein Stück voraus, stellte sein Motorrad ab und als wir lächelnd (und gar nicht aus der Puste) an ihm vorbei liefen, rief er uns motivierend zu „Nu mal los, ich hab scho Blasen am Boppes!“ Netter Typ.

Nun nur noch der Frauentorgraben, und dann erwarteten wir gespannt Thomas, der laut Gaby die letzten des Teams immer noch mit abholt und mit ins Ziel bringt. Kein Thomas weit und breit zu sehen, schon verausgabt? Doch, von oben winkte er und schoss Fotos von unserem Zieleinlauf. 

In der Kehre das 10-km-Schild, WIR HATTEN ES TATSÄCHLICH GESCHAFFT!!! Wolfgang blieb prompt stehen und wollte keinen Meter mehr laufen. Doch dann hätte er das Schönste verpasst! Auf der ca. 150m langen Zielgeraden standen die Halbmarathonläufer bereits für ihren Start parat, der Johanniter fuhr vor uns und kündigte uns mit Blaulicht und Sirene an. All die Läufer, die soviel besser laufen können als wir, standen für uns Spalier und beklatschten und bejubelten uns und wir sahen glücklich in lauter freundliche Gesichter. Was für ein Gefühl, unbeschreiblich! Über die Ziellinie und dann musste erst mal Gaby in meinen Arm, allein mit ihrer Unterstützung hatten wir es wirklich geschafft, 10km an einem Stück zu laufen! Wir waren stolz und k.o. zugleich und konnten es einfach nicht glauben.

An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an Gaby für die gute Begleitung, das lockere Gespräch während des Laufes, die guten Tipps und überhaupt für die Motivation, durchzuhalten. Und im Vertrauen – ohne Dich hätte Wolfgang bei km 6 ganz sicher den Bus Richtung Opernplatz genommen *g* und wir hätten die ein oder andere Bank unterwegs für ein Zigarettenpäuschen genutzt ;-)

Und die Glückshormone durchs Laufen gibt es wirklich, wie anders ist es zu erklären, dass ich 3 Stunden ohne Punkt und Komma anschließend geredet habe? Von den 3 Stunden tiefsten Schlafes anschließend ganz zu schweigen. Egal, schwere Beine am nächsten Tag, aber das Gefühl, es geschafft zu haben, ist auch heute noch nicht zu fassen. Und eins habt ihr erreicht, die Motivation, wieder regelmäßig zu laufen, ist riesengroß und nächstes Jahr sind wir wieder dabei (auch wenn wir eine Zeit gelaufen sind, die andere für einen Halbmarathon brauchen

;-))! Und wehe, Thomas, du holst uns nächstes Mal nicht ab!

Den inneren Schweinehund lassen wir ganz bestimmt zu Hause.
 
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