Team Bittel
 

Saisonauftakt in Bielefeld - Hermannslauf  

Autor:  StefanReinhardt   E-Mail: stefan-reinhardt@gmx.net
Letzte Änderung: 27.04.2003 12:38:41

Ein wirklich schöner Waldlauf, 31km und etwas bergig
Schon vor längerer Zeit lies ich mich von einer Bekannten aus Bielefeld zu dem Hermannslauf überreden. Leider war ich bedingt durch Jobwechsel, Umzug, Renovieren, etc. gar nicht mehr zum Laufen gekommen, eigentlich schon länger nicht mehr, aber immerhin war ich angemeldet. Meiner Bekannten kam die Diplomarbeit in die Quere, aber ich konnte mich dem Reiz nicht entziehen. So stand ich dann ganz alleine mitten unter 6000 Läufern am Hermannsdenkmal und wartete auf den Startschuss.


Ich ging das Streckenprofil nochmal im Geiste durch, erst 3km, bergab, dann wieder 2km bergauf, danach, hm eigentlich kann man sich sowas nicht merken, geht halt immer rauf und runter. Sollte ich jetzt doch noch Bedenken bekommen? Immerhin stand ich so ganz untrainiert vor 31 Kilometern. Dazu musste ich diesmal wirklich ganz für mich alleine Laufen, niemand sollte mir dabei helfen. Ich versuchte mich auf die Erfahrungen aus dem lezten (und meinem ersten Läufer-Jahr) zu besinnen, langsam angehen, die anderen ziehen lassen, und immer schön das eigene Tempo finden. Der Wettergott meinte es nochmal gut mit uns, ein paar einzelne Sonnenstrahlen wurden mit Applaus begrüßt, danach immerhin bewölkt aber trocken. Und überhaupt war mein Geburtstag, warum also solche Gedanken? Heute musste einfach alles gut werden.


Der Start lief halbwegs geordnet, eine kleine Steigung, dann 3km bergab. Ich hatte eigentlich ein gemäßigtes Gefälle erwartet auf dem man sich gemütlich warm laufen kann, statt dessen ein Stück Strasse mit 20%, da werden die Knochen schon gewaltsam wachgerüttelt. Zum Glück ging es schnell in den Wald, ein schier endloses Gefälle. Nach einem kurzen sandigen Stück die 2km Steigung, ich gehe schön gemütlich, warum sollte ich jetzt schon in Hektik verfallen? Endlich oben ging es schon wieder abwärts, ein Stück auf einer Panzerstrasse, dann die erste Verpflegungsstelle. Von nun an auf Waldwegen weiter, immer schön rauf oder runter, richtig eben wird es nirgends.


Am Waldrand höre ich Motorräder, schöne Einzylinderklänge auf dem Truppenübungsplatz. Ich sehe die Sandpisten, die Spurrillen, und schon bin ich ein paar tausend Kilometer südlich von hier, ich ziehe meine Spuren in den nassen Saharasand Libyens, ja, nass war es, wenigstens als ich dort war. Drei Tage sind wir im Regen durch die Wüste gefahren, ich sehe noch die nassen Spurrinnen vor mir, ich spüre noch den Schlag von unten, ich fliege, ich nach links, das Motorrad nach rechts. Ich träume noch von den Dünen und den Bergen, dann stehe ich plötzlich bis zum Knöchel in einer Pfütze, vielleicht sollte ich mich besser auf den Weg konzentrieren.


Fast schon meditativ geht es weiter, immer nur durch den Teutoburger Wald, man sieht nur Bäume. Das Gefühl für Zeit und Weg habe ich schon längst verloren, ich laufe einfach nur für mich und nehme kaum etwas war. Die wenigen Zuschauer empfinde ich eher als Störung, viel lieber wäre ich ganz alleine durch diesen endlosen Wald gelaufen. Es geht immerzu rauf und runter, bergauf versuche ich mich zu erholen, ich gehe mit relativ niedrigem Puls. Bergab ist es meist so steil, dass man richtig rennen muss um nicht zu sehr zu bremsen, bergab mache ich die meiste Zeit gut und überhole viele. Bergab ging es mir schon immer gut, ich denke an den Watzmann, vier Stunden nur Abstieg, allerdings hat dort noch ein 15kg Rucksack geschoben.


Es geht durch ein kleines Dorf, Kopfsteinpflaster und wieder sehr steil. Ich spüre mittlerweile sämtliche Knochen im Körper, so sehr werde ich durchgeschüttelt. Irgendwann später die gefürchteten Treppen, gefürchtet weil man einfach keinen Rythmus findet, jede Stufe ist anders. Ein paar letzte Steigungen, ich habe schon längst aufgehört mir Gedanken über das Streckenprofil zu machen, ich wusste nicht mehr wie lange ich unterwegs war, bei kleineren Wellen spürte ich schon nicht mehr ob es rauf oder runter ging. Man sagt immer, der Kopf läuft mit, aber diesmal nicht. Die Beine liefen, der Kopf war völlig frei und losgelöst, ich träumte vor mich hin und genoss die Ruhe.


Zwei Kilometer vor dem Ziel sprach mich ein 70 jähriger an, er war schon 25 mal dabei und nahm alles sehr humorvoll. Er erzählte mir von seinen vergangenen Läufen. Dann kam schon das letzte Gefälle Richtung Burg, meine nur halb so alten Beine hatten doch eindeutige Vorteile, ich ließ es einfach laufen. Man ist immer noch im Wald, es geht ganz lange bergab, man sieht und merkt nichts von einer Stadt, und plötzlich hat man die Burg vor sich und läuft auf die menschengesäumte Zielgerade. Ein herrliches Gefühl, ein Schlussspurt, die Medaille, dann nocheinmal die Gedanken an den kühlen Start, hatte ich denn wirklich Zweifel? Die 20 Minuten zur Wohnung fühle mich so leicht, ich schwebe fast. Die Beine laufen von alleine, fast schon muss ich sie gewaltsam anhalten. Ich bin einfach glücklich.


Fazit: Ein wirklich schöner Lauf inmitten des schönen Teutoburger Waldes. Die Organisation war gut, Zuschauer und Anfeuerung wie bei den Stadtläufen habe ich nicht wirklich vermisst, Stille und Ruhe ist das dominante Element.


Bis bald,
Stefan
Weiterführender Link zum Thema: Hermannslauf in Bielefeld
 
[team/fuss.htm]