Team Bittel
 

19. Gröbenbachlauf am 19.10.2003 in Gröbenzell  

Autor:  AnneKusch   E-Mail: anne_kusch@yahoo.de
Letzte Änderung: 19.10.2003 09:54:43

Der Weg ist das Ziel!
Gut zwei Wochen liegt der Nürnberger Stadtlauf nun hinter mir. Es dauerte nicht lange bis es mich in den Füßen juckte, festzustellen, ob ich die 10 km auch alleine schaffen würde. Eine Antwort auf diese Frage würde ich nur bekommen, wenn ich es ausprobiere und als ich dann im Internet entdeckte, dass hier im Nachbarort ein 10 km-Lauf anstand, war die Teilnahme schnell beschlossene Sache. Zumal man mir seitens der Veranstalter zugesagt hatte, im Ziel auf mich zu warten.

Zwei Tage vor dem Lauf ein kleines Abschlusstraining, eigentlich mehr ein Lauf zum Stressabbau. Ich ging den Trainingslauf viel zu schnell an mit dem Ergebnis, dass es anschließend in den Oberschenkeln zwickte. Na prima, genau das, was man vor einem „Wettkampf“ braucht….

Am Vortag des Gröbenbachlaufes dann viiiieeeellll trinken und am Abend überraschte mein Mann mich mit einem Nudelsalat. Pastaparty war angesagt. Dazu ein gutes Glas Wein - macht schön locker! ;-) – und der Tag X konnte kommen.

Er begann unerfreulich: mit aufstehen. Unser Kater war der Meinung, dass ein echter Läufer um 4 Uhr ausgeschlafen hat und kratzte daher von da an immer wieder an der Schlafzimmertür bis der Wecker um 7.30 Uhr dem grausamen Spiel ein Ende bereitete. Wolfgang, mein Mann hatte schlecht geschlafen, kränkelte ein wenig vor sich hin und fragte, als ein Blick auf das Thermometer ihm -1°C beschied, ob ich ihm arg böse sei, wenn er nicht mitkommen würde. „Das nächste Mal läufst du dann wieder im Sommer“, meinte er.
Somit hatte sich das Kapitel Fotograf und Fanclub schnell erledigt.

Irgendwie war mir ja auch mehr nach schlafen als nach laufen zumute, aber was ein echter Bittelianer ist, der findet spätestens beim Lauf selber die Freude am Laufen wieder. Ehrlich gesagt: so lange dauerte es bei mir auch. Ich stellte plötzlich fest, dass ich ganz schön nervös war. Das war in Nürnberg ganz anders gewesen, da war ich innerlich ruhig. Es war wohl das Eingebettetsein in die Gruppe, das mir seinerzeit die Ruhe verlieh, die nun fehlte.

Ein herrlicher Herbsttag, fast windstill mit strahlend blauem Himmel und klarer Luft – das waren die Rahmenbedingungen für den heutigen Lauf. Das Leben schien noch nicht so recht erwacht an diesem Sonntagmorgen. Alles war still, sogar die Blätter konnte man von den Bäumen fallen hören. Schön!

Doch dann, am Start angekommen, erwartet mich die erste Überraschung: ich hatte mich im Vorfeld nach dem Streckenverlauf erkundigt und ihn mir auf dem Stadtplan eingeprägt. Es war ein Rundkurs, der dreimal durchlaufen werden sollte. Nun musste ich auf dem Streckenplan, der beim Start aushing, entdecken, dass die Strecke genau andersherum gelaufen wurde, als mir gesagt worden war. Die ganze mentale Vorbereitung für die Katz’. Ich ärgere mich. Zumal das Startbanner so aufgestellt ist, dass wir der Beschriftung nach doch wieder so rum laufen müssten wie mir angekündigt wurde. Ich habe Schwierigkeiten, mich zu orientieren, wo es denn nun lang geht und versuche wenigstens, meinen genauen Standort auszumachen. „Ist das hier das Freizeitheim?“, frage ich den Mann neben mir. „Keine Ahnung“, kommt zurück. Wundervoll….

An der Startnummernausgabe gelingt es mir dann doch noch, eine verbindliche (und zutreffende!) Auskunft darüber zu erhalten, wie rum wir laufen sollen und wo genau das „Stadion“ ist, in dem der Zieleinlauf ist. Man erklärt sich auch bereit, meinen Rucksack zum Ziel mitzunehmen und ihn während des Rennens zu beaufsichtigen. Prima, endlich mal was positives heute!

Zum warmlaufen bleibt keine Zeit mehr, noch mal schnell zur Toilette, alle überflüssigen Klamotten in den Rucksack gestopft, ihn abgegeben und ab zum Start. 9.55 Uhr, der Sprecher ist schon im Einsatz. Doch was ist das? Warum erzählt er immer nur von den Schülern? Was ist denn mit den 10 km-Läufern? Als er fertig ist mit seiner Ansage, frage ich nach. „Der Hauptlauf? Der startet erst um 11.“ Oh nein! Das darf doch nicht wahr sein! Ich bin eine ganze Stunde zu früh, habe gerade alle meine Sachen abgegeben und stehe nun in kurzärmligem Laufshirt und ärmelloser Weste in der Kälte. Die Sonne scheint zwar, aber warm ist was anderes. Also wieder zurück ins Freizeitheim oder was es auch immer für ein Gebäude war. Da gab es immerhin eine Treppe und somit die Möglichkeit, zu sitzen.
Ich bin sauer. Eine Stunde Schlaf verschenkt, beim Kinderlauf kann ich nicht zuschauen, weil meine warmen Sachen im Rucksack sind und überhaupt bekomme ich langsam Hunger und Durst. Vor allem letzteres stellt mich vor eine schwierige Frage: habe ich lieber Probleme während des Laufes, weil ich zu wenig getrunken habe oder weil ich aufs Klo muß? Immerhin vertreibt der Ärger die Nervosität.

10.30 Uhr. Widerwillig verlasse ich das Gebäude, um mich wenigstens ein bisschen einzulaufen. Es ist kalt, so richtig kalt, und so bin ich schon bald wieder im Haus verschwunden.

Endlich: 11 Uhr. Der Start erfolgt pünktlich und sogar mit Startschuß. Cool! Das macht was her!

Es dauert etwa 100 m, dann haben mich alle deutlich abgehängt. SO desaströs hatte ich mir meinen Auftritt hier nicht vorgestellt. Egal, denke ich mir, ich laufe meinen Stiefel, so wie ich es mir vorgenommen habe. Die haben gesagt, sie warten, obwohl sie meinen Leistungsbereich kennen. Und außerdem sah ich Stefan wieder beim Halbmarathon in Nürnberg vor mir. Wie er ganz ruhig den Lauf zu Ende absolvierte, obwohl auch er abgeschlagen zurück lag. Das motiviert mich.

Ich suche nach der Kilometerangabe, weiß allerdings nicht so genau, wo ich danach suchen soll. Ist sie an einem Baum, ein Schild am Wegesrand? Hm, ich sehe nichts. Plötzlich eine auf den Boden gemalte 8, eine Zeit dahinter eine 5. Das müssen die Kilometerangaben sein, aber wo sind die für die erste Runde? Der erste Kilometer muß längst vorbei sein. Irgendwann sehe ich die Markierung für den zweiten Kilometer. 15:04 min. zeigt meine Uhr. Au weia. Das bedeutet, dass ich pro Kilometer 1 min. schneller bin als geplant. Was nun? Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder ich laufe mein gefundenes Tempo weiter, auch auf die Gefahr hin, dass die Kraft möglicherweise nicht bis zum Ende reicht oder aber ich werde langsamer und versuche, mich den geplanten 8:30 min/km anzunähern. Was aber, wenn ich die anderen Kilometermarkierungen wieder übersehe? Ich habe einen guten Rhythmus, fühle mich gut, die Pulsuhr zeigt Werte an, die für einen Wettkampf im Rahmen sind und so entscheide ich mich, mein Tempo beizubehalten.

Längst bin ich allein auf weiter Flur. Nett, wie die Streckenposten dennoch für mich applaudieren, die Fahne schwenken und wie die Frau mit ihren beiden Idefix-Hunden am Wegesrand mich ermuntert: „Die Letzten werden die Ersten sein!“

Die Strecke ist schön, der Lauf beginnt, mir Spaß zu machen. Viele Bäume im bunten Herbstkleid am Wegesrand, der Gröbenbach plätschert neben mir. Eine Frau wirft kleine Zweige hinein und freut sich mit ihrem Baby darüber, wie sie von der Strömung davongetragen werden.

Plötzlich überholt das Führungsfahrrad (ein Besenrad gab es nicht) und ein Schnaufen nähert sich von hinten. Es sollte nicht das Letzte bleiben. Es folgte eine ganze Reihe schnaufender, keuchender und stöhnender Gestalten, die sich von hinten mit dumpfen Schritten näherten, um mich dann mit schweißnassen Körpern zu überholen. Ich lasse mich nicht beirren, laufe weiter mein Tempo und lasse sie ziehen. Etwas anderes hätte keinen Sinn; sie sind einfach zu schnell für mich (der Sieger kommt am Ende nach 33:02 min ins Ziel).

Die erste Runde ist vorbei. Es läuft gut. Ich weiß, dass ich ganz sicher und mit Abstand Letzte werde, aber es stört mich nicht. Ich friere auch nicht mehr. Bloß eine kleine flüssige Erfrischung wäre jetzt nett. Mist, da war nirgendwo eine Verpflegungsstelle unterwegs. Für was habe ich eigentlich die 8 Euro bezahlt? Ich erwarte ja keine Bratwürstchen wie in Nürnberg, aber ein Becher Wasser oder zwei wären schon angenehm gewesen. Und ich Trottel habe meinen Trinkgurt zu Hause gelassen, weil es bisher bei den Läufen, an denen ich teilnahm, immer eine Verpflegungsstelle gab.

Ich bin mitten in der zweiten Runde als mich wieder ein ganzer Pulk Läufer überholt. „Bis später“, sage ich zu dem Streckenposten, als ich vorbei laufe. „Eine habe ich noch“. „Was? Noch eine Runde?“ fragt er ganz ungläubig. Er kann es kaum fassen, dass ich erst die Hälfte der Strecke absolviert habe. „Da muß er durch“, denke ich mir und bin schon wieder allein auf der Strecke.

„Ob es wohl jemand merken würde, wenn ich nach der zweiten Runde einfach mit ins Stadion abbiege?“, schießt es mir durch den Kopf. Aber ich will es nicht probieren. Dann wüsste ich ja immer noch nicht, ob ich nun die 10 km auch alleine schaffe. ;-)

Am Beginn der dritten Runde biegen alle um mich rum ins Stadion ein, nur ich begebe mich einsam und verlassen in die dritte Runde. „Danke fürs ausharren“, rufe ich dem ersten Streckenposten zu. „Soll ich ein Stück mitlaufen?“ fragt er. „Gerne“, gebe ich zurück. Und tatsächlich, er läuft mit! Und wird mein Begleiter für den Rest der Strecke. Unterwegs erzählt er mir von einem 10 km-Lauf, bei dem er mit 38 min. Vorletzter geworden ist. Ich versäume, ihn zu fragen, bei welchem Lauf das war, denn da brauche ich mich garantiert nicht anzumelden…

„Die letzte Runde ist immer die Schnellste“, meint mein Begleiter. Ach ja? Ich finde mich mit meinen weitgehend gehaltenen 7:30 min/km an und für sich recht schnell für meine Verhältnisse und bin eigentlich froh, dass es so gut klappt. Ich hatte nicht vor, noch schneller zu werden.

Km 8 ist vorbei und uns kommt ein weiterer Streckenposten auf dem Fahrrad entgegen. Er war sich nicht sicher gewesen, ob noch jemand kommt und daher nachschauen gefahren. Er beschließt, sich uns anzuschließen und begleitet uns bis zum Ziel.

Immer wieder schwenkt er unterwegs die Flagge, wenn uns jemand entgegen kommt. „Wettkampf!“, ruft er. „Letzte Läuferin!“ Ich muß lachen. Macht Spaß mit den Jungs.
Eine richtige kleine Eskorte habe ich nun. Ziemlich flott sind die beiden, so dass ich die zwei letzten Kilometer in einer Zeit von rund 7 min/km absolviere.

Wir sind an der Kurve, die ins Stadion führt. „Gib Gas!“, „los, lauf!“, geben mir meine Begleiter für den Endspurt mit auf den Weg. Also gut, mal gucken, was noch so geht auf den letzten 100 m. Um bei der Wahrheit zu bleiben: nicht mehr so wahnsinnig viel. Dennoch: die Zeit von 1:14:08 Std. für die 10 km (siehe auch http://www.leichtathletik-groebenzell.de/ergebnis_okt2003.htm) sind für mich gigantisch. Auf 1:20 Std. hatte ich kaum zu hoffen gewagt und nun war ich noch mal deutlich unter meinen kühnsten Hoffnungen geblieben. Toll! Ich freue mich.

Die nächste Ernüchterung ließ leider nicht lange auf sich warten: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, heißt es und das schien auch für den Verpflegungsstand im Ziel (ja, da gab es dann doch einen!) zu gelten. Etwa 6 Becher mit Isodrink standen da, etwa 8 mit warmem Tee. Wasser gab es gar nicht. Als ich 2,3 Becher Isodrink getrunken hatte, gab es nur noch Tee. Hätte ich gewusst, dass mich knappe 2 Stunden bei 8°C Kälte erwarteten, in denen ich auf meine Urkunde und die Siegerehrung wartete, hätte ich den Tee getrunken, so nahm ich halt meinen Becher mit und holte mir selber Leitungswasser. Es folgten Siegerehrung und Urkundenverleihung, eine verpasste S-Bahn (noch mal 20 min. in der Kälte warten…) und ein netter Empfang in der heimischen Wohnung. Endlich im Warmen! Und Muskeln und Knochen fühlen sich deutlich besser an als nach dem letzten 10er. Das lässt hoffen für die Zukunft!

Zuversichtliche Grüße!
Anne.
 
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