|
27.11.2004 - 24. Advents-Wald-Marathon Bad Arolsen Autor: ErwinBittel
E-Mail: erwin@teambittel.de |
||
Very much Matsch. Aber Arolsen ist irgendwie einzigartig. Ein Klasiker. Urig und irgendwie einzigartig | ||
Servus Ihr Schlammspringer! Kent Ihr das: draußen ekliges trübes Mieswetter, kalt und windig. Keiner will mit raus, Hund schon gar nicht. Und trotzdem willste noch mal lange durch den Wald laufen mit anderen, so richtig schön, bevor die Beine in den Winterschlaf gehen. Ja. Ja. Dazu kommt bei mir, dass ich schon seit Jahren bei diesem Marathon-Klassiker mal dabei sein will. Aber ist halt schon weit weg von Bayern, wo ich lebe. Und ist „Arolsen“ ist immer in der Sauwetterzeit. Na, Ihr wisst schon, wie schwer es einem fallen kann, wenn man bei dem Wetter raus soll. Wenn einen aber jemand einlädt ist es etwas leichter (Danke Birgit). So lasse ich Donnerstag nachts den Radiomann mit dem Wetterbericht kurzfristig entscheiden. – Und wie ist es gekommen? Das Wetter Also zuerst zum Wetter: 7 Grad (über Null!), neblig trüb, zum Start hört es zwar mit dem Regen auf, nieselt danach aber nochmals eine halbe Stunde lang auf die Waldwege. Handschuhe nicht vergessen. Meine Schuhe werden nur wenig nass, sind wildschweinmäßig dreckig, aber bald wieder trocken. Mein Windbreaker ist gut gewählt: „am Start ziehste ihn an, später d’Arolsen dann um die Hüfte“. Uns wird fast ein wenig warm zwischendrin, im permanenten bergauf und bergab. Ich stecke meine Handschuhe bald in die Tasche. Manchmal kommt sogar ein Hauch von grau-blau und Sonne durch die Nebelwolken. Im ganzen gesehen, ein passables Wetter, an der Grenze zu kühl. Und wie ist das Laufen? Der Boden Also Arolsen 2004 ist schon „very matsch“! Unsere Schuhe sehen bald alle gleich aus und platschen dreiviertel der Strecke in waldbraunen Brei, zum Glück ohne Rutschen. Ich habe zumindest niemanden (f)liegen sehen. Der Waldboden ist schwer und macht die Schuhe und das Laufen auf die Dauer etwas zäh. Das merkste am Anfang noch nicht, aber zum Ende hin um so mehr. Eben ein Waldlauf. Heißt ja auch Wald-Marathon. Der Wald Der Start ist am (fast leeren) Twistesee-Staudamm. Wir lassen es von vorneherein gemächlich angehen, a la „Ultra“, laufen ab km4 in den Wald. Es ist heute kein Advent-Wald mit Schnee auf den Zweigen, schade, aber es läuft sich sehr angenehm im windsicheren Buchen- und Nadelwald. Mal herrschen weite rostrote Laubdecken, mal hellgrüne Moosflächen vor. Ich finde den Wald hier wirklich „sehr abwechslungsreich“, wie der Veranstalter schreibt. Das macht uns beiden das Traben leicht. Durch den Wald zieht sich die Kolonne der Läufer, die man gerade an den Steigungen schön sehen kann. Wir nehmen bergauf etwas Fahrt raus, lassen es bergab dafür rollen. Heißt ja auch „A-Roll-sen“... Damit schieb sich so mancher Läufer immer wieder an uns vorbei, und wie dann wieder an ihm. Peter (# 218): „zum 400ten Mal ich schon wieder“. Das ist ein bißl ein Gefühl wie Bekannte treffen. Ich sage dann immer wieder „Servus“. Wir zwei vom „Team Bittel“, Birgit uns ich, plaudern und haben immer wieder unseren Spaß. Mal erzählen wir uns mit den Läufern um uns einen Witz, mal spaßen wir mit dem „Publikum“. Als einsam ein Klatscher steht grüße ich ihn mit „Hallo Publikum“. Es sagt der Läufer neben mir: „das war doch schon der zweite Zuschauer seit 10km“. Na ja, nicht die Masse macht es sondern die Klasse. Und klasse sind die schon, die hier draußen für uns da stehen. Ach, gar nicht so schlecht heute hier, raune ich mir zu. Und ich bin immer mehr froh, heute hierher gekommen zu sein. Organisiert ist alles auch ganz gut. Die Organisation Arolsen hat schon seine eigene Handschrift. Die von Heinrich Kuhaupt, dem Herz des Arolsen Marathons. Schon bei seiner Vorrede in der großen Halle merkt man es. Er beschreibt jeden Kilometer der Strecke, jede Steigung, macht uns die Strecke schmackhaft. Die Halle ist voll und wir sitzen an Tischen mit Kerzen. Heinrich ist ein Unikum, ein echtes Urgestein des Laufens. Er habe schon viele Eiferer gesehen in seinem Läuferleben, sagt er ins Mikrofon, aber hier käme es ihm auf Gelassenheit an und auf mal ne Gehpause einlegen am Berg. Und er wolle uns alle hinterher bei der Siegesfeier sehen, weil das Beisammensein ihm wichtig sei. Ja, schön, und wirklich einzigartig. Heinrich lerne ich kurz persönlich und typisch beim Startnummernabholen kennen. Mein Brief mit der Anmeldung und den (nur!) 25 Euro sind nämlich nicht angekommen. Nachmeldungen sind laut Ausschreibung nicht möglich. Und jetzt? „Ich glaube Dir, dass Du angemeldet bist und das machen wir ausnahmsweise mal so: Du zahlst noch mal und wenn das dann auftaucht schick ich es Dir zurück“. Danke! An der ersten Verpflegungsstelle treffen wir den Heinrich dann wieder. Beim Tee ausschenken im Wald. Er grinst und freut sich wirklich über jeden, der kommt. Im Ziel empfängt er uns wieder mit Tee und fragt viele von uns, wie es war. Wo bei 700 Finishern findet man das schon? – Dass der Lauf (trotz Heinrich) eine Homepage hat ist erstaunlich, sagt einer, der den Lauf hier seit langem mitläuft. Heinrich nickt. Vielleicht gibt es dann ab 2005 sogar eine Mail-Adresse. *grins* Das ist eben Arolsen, hinter den 7 Bergen. Aber urig und nett. Neben Heinrich taucht noch ein Gesicht immer wieder auf, eifrig und engagiert: bei km3 und km10 spricht er jedem seine Durchgangszeit zu, bei Kontroll-km25 schreibt er aus dem roten Auto jede Startnummer mit dem Stift auf. Arolsen: Heinrich und sein Diener, das bleibt hängen. Arolsen ist anders. Und sonst? Wie immer beim Laufen kommen mir auch heute viele Gedanken. Die herrliche frische Waldluft fördert das. Ich mache mich lustig über den Schlamm und vorbeifahrenden Radfahrer mit völlig verspritztem Rücken. Auf mein „Schweinigels Ihr“ lächeln die beiden Holländer-Rentner zurück: „Süccess!“ *lächel*. Irgendwie fühle ich mich wie ein im Wald wühlendes Wildschwein. Aber fröhlich bei all dem. Birgit nickt grinsend. Sie ist gern Wildschwein. Ich frage mich, ob man hier mit 40 wohl zu den jüngsten Teilnehmern gehört? Nachgerechnet liegt das Durchschnittsalter wirklich bei 43. Der Läufer vor mir ist von 4 Frauen umgeben. Hey, ist das normalerweise nicht anders rum? Mir fällt auf, dass viele Frauen mitlaufen (nachgerechnet 17 %). So laufen wir also, und laufen und laufen. Anfangs werden wir oft überholt, dann im er weniger. Bei km21, bei der Hälfte steht ein Schwall Publikum, mindestens 20 Leute. Begegnungsstrecke für ein paar hundert Meter. Ha, mal was anderes. Ich sehe mir die Gesichter der Läufer an, die hier einige km vor uns sind. Wir laufen seit über 2 Stunden. Es ist recht hügelig. Mehr als ein Mal in dieser zweiten Hälfte höre ich an einer Steigung Stöhnen: „also flach ist die Strecke hier nicht, das sind sicher 500 Höhenmeter“. Sonne scheint für einen Moment von rechts. Trotz Höhenmeter. An jeder der Versorgungsstellen gibt es Warmes zu trinken, immer ausreichend, und später auch Bananen und sogar Kuchen. Alles hier erinnert mich weit mehr an ein Ultra-Flair als an einen Marathon: der Start geht gemächlich ohne Drängeln ab, jeder nimmt etwas Rücksicht. Es wird sich viel unterhalten und nicht nur über die Zielzeit. Wenn man jemand nettes neben sich entdeckt plaudert man ein Stück und bleibt oft für eine ganze Weile zusammen. Ohne Hast. Hier sind andere Läufer als bei einem Stadtmarathon. Roll roll, wir laufen in der Natur und durch die Landschaft. Das Ziel Ja, dieser Kurs zieht sich schon. Die nassschweren Klamotten wiegen, die schlammschweren Schuhe auch und die gesammelten Höhenmeter zerren an den Kräften. Ein wenig (aber nicht viel) leichter macht es die Tatsache, dass es „ab km 30,5 nur bergab geht“, wie Heinrich mehrmals zurecht betonte. Irgendwie ist es jetzt langsam gut, sagt Birgit ab km35. Ich erzähle noch eine Witz. Vielleicht sollte man einen Witz-Zugläufer anstellen? Auch die beiden Frauen mal vor, mal hinter, mal neben uns finden, es könnte jetzt aufhören. Meinen Füßen genügt es auch allmählich. Und dann laufen wir endlich wieder auf festem Asphalt, wieder am Seeufer entlang. Noch 2km, noch 1km, wir hören und dann auch sehen das Ziel. *durchschnauf* Es ist schön hier gewesen, meine Fotos zeigen ein paar Eindrücke. Aber alles wird nicht verraten... Serrrrrvus, Euer Erwin vom „Team Bittel" |
||
Bildergalerie: Am Start Peter und Läufer in der Ferne Läufer am Waldrand und Kontrolle Im Ziel Birgit und Erwin Impressionen |
||
|