Team Bittel
 

12.01.2009 Egmond (Holland) Nordsee Halbmarathon  

Autor:  MartinJansen   E-Mail: MartinJansen2000@yahoo.de
Letzte Änderung: 16.01.2009 08:02:32

Laufen im Sand am Strand. Extrem windig, kalt: Starker Tobak.
An der Nordsee ging es rund

Obwohl ich schon am Vorabend gepackt hatte, wurde es leicht hektisch, um puenktlich um 6.30h bei der MSV-Arena zu sein. Gluecklicherweise ging alles doch noch glatt und ich sass im Reisebus, der mich zum Egmond Halbmarathon an die hollaendische Nordseekueste bringen sollte. Einen Sitzplatz zu finden, war nicht so einfach, da alle anderen Ihre Taschen auf den Sitzen neben sich oder vor sich abgestellt hatten. So war der Bus mit seinen 28 Insassen recht voll und der Gepaeckraum gaehnend leer. Schliesslich fand ich doch einen Sitzplatz in der Mitte des Busses, nachdem mein Sitznachbar seine Tasche freundlicherweise beseite gerueckt hatte. Von den Mitreisenden kannte ich keinen und ich schaute mir meinen Nachbarn erstmal genauer an. Er machte auf mich den Eindruck eines Anfaengers, der nicht so recht wusste, was folgen wuerde? Im Laufe des Tages durfte ich feststellen, dass ich wohl noch nie im meinem Leben so daneben lag und mich meine Menschenkenntnis so im Stich gelassen hatte!

Als die Busfahrt losging, wurde das Licht abgedunkelt und WDR4 angemacht (fuer Nichtwestler: der Sender ist eher fuer die aeltere Generation gedacht). Ich setzte meinen MP3-Player auf und hing meinen Gedanken nach. Was wuerde der Tag bringen? Bei Minustemperaturen und eisigen Verhaeltnissen den haertesten Wintercross der Niederlande zu laufen. Starker Tobak!

Nach einer kurzen Pause an der hollaendischen Grenze, wo es noch kuehler war als in Duisburg, kam langsam die Sonne heraus. Wir fuhren immer weiter Richtung Westen, vorbei an zugefrorenen Kanaelen, auf denen einzelne Leute Schlittschuh liefen. Das Thermometer zeigte -5 Grad. Der Radiosender war nur noch ein konstantes Rauschen und nach knapp 30 Minuten konnte der Fahrer ueberredet werden, den Sender zu wechseln. Gegen 9.30h fuhren wir durch Alkmar und erreichten kurze Zeit spaeter Egmond. Der Ort war fuer normalen Verkehr gesperrt, um bei den erwarteten 15.000 Startern ein Chaos zu verhindern. Unser Bus wurde per Motorrad-Eskorte zu seinem Halteplatz gebracht und wir kamen uns ein bisschen vor wie offizielle Staatsgaeste.
Nun waren es noch knapp 2h bis zum Start um 12.25h. Der Veranstalter war so clever, allen Einheimischen die Startunterlagen bereits vorher per Post zuzuschicken, so dass an der Anmeldung nur die auslaendischen Starter und Nachmeldungen versorgt werden mussten. Nach kleineren Schwierigkeiten klappte alles doch reibungslos und wir machten uns dick eingemummelt auf, Richtung Nordseestrand. Dabei kam ich mit Stephan, meinem Sitznachbarn, genauer ins Gespraech. Waehrend ich hoffte, einen 5-Minutenschnitt zu laufen, oder zumindest deutlich unter 2h bleiben zu koennen, verschlug es mir fast die Sprache, als Stephan, den ich ja als Anfaenger eingestuft hatte, meinte, also eine 1:20h sollten es schon sein. Donnerwetter, das sass!

Am Strand war es extrem windig und der Sand im oberen Bereich sehr weich. Es sollte sich anbieten nahe am Wasser zu laufen, wo der Sand hoffentlich haerter ist. Nach einem letzten Gruppenfoto ging es zurueck zum Bus, um sich fuer das Rennen zu praeparieren. Ich entschied mich fuer Radlerhose und lange Tights, kurzes Funktions-Shirts, langes Funktions-Shirts und Lauf-Sweatshirt. Dazu kam noch ein Halstuch, die Handschuhe und ein Stirnband fuer die Ohren. Insgesamt gab es 10 Startbereiche, die jeweils in 6-Minuten-Abstand auf die Strecke gelassen wurden.
Alle Laeufer unserer Reisegruppe waren in der zweiten Startgruppe.

Zwei Fakten zum Egmond Halmarathon:

1) Es geht erst 3km durch die Innenstadt, dann 7km am Strand entlang (natuerlich mit ordentlich Gegenwind) und abschliessend hinterm Deich durch die Duene wieder zurueck.

2) Die Startgruppe 3 ist der Firmenlauf. Der in den Niederlanden sehr prestigetraechtig ist, so dass alle Firmen ihre Lauf-Asse aus dem ganzen Land herankarren.

Der Start erfolgte puenktli?ch. Das Feld rollte langsam los und jeder suchte seinen Rhythmus und die richtige Position. Als es zum Strand ging, kamen auch schon die ersten Firmenlaeufer an uns vorbeigeflogen.

Den Strandabschnitt kann man unter dem Begriff "übel" zusammenfassen. Der Wind war sehr stark und kam konstant von rechts vorne. Der Versuch Windschatten beim Vordermann zu finden, klappte auch nicht wirklich. So kaempfte ich mich durch den Sand, der nirgendwo hart war und ich musste quasi die ganze Zeit auf den Sand schauen, um nicht in die Fussstapfen meiner Vorlaeufer zu treten, wo der Sand noch weicher und unangenehmer zu laufen war.

Alle paar Sekunden flog ein Firmenlaeufer an mir vorbei. Glucklicherweise haben diese hinten keine Startnummern, sonst wuerdest Du total verzweifeln. So ergab ich mich meinem Schicksal und versuchte nicht zuviel Zeit zu verlieren. Unterwegs musste ich daran denken, wie es dann erst bei einem Wuestenmarathon sein muss. Jede Pruefung hat ein Ende und so kam schliesslich der Wendepunkt bei km10. Hier schaute ich das erste Mal auf die Uhr und war sehr erstaunt als ich 50:08 erblickte. Dann war ich ja doch gar nicht so schlecht unterwegs. Danach geht es ueber Naturpfade durch die Duenen, immer leicht bergig zurueck nach Egmond.

Leider liegt zwischen Meer und Rennstrecke nun der Deich, so dass man den ordentlichen Rueckenwind nicht zu spueren bekommt. Die naechsten Km sind ohne Publikum und so ist jeder mit sich selbst beschaeftigt. Immer noch ueberholen mich einige Firmenlaeufer, aber auf dem harten Boden fuehle ich mich sicherer und komme etwas schneller voran.
Bei km15 liege ich 30 Sekunden unter dem 5-Minuten-Schnitt. So richtig geniessen, kann ich das Rennen nicht, denn ich moechte meine Zielzeit schon gerne erreichen und da der Strand und der Wind ordentlich Kraft gekostet haben, muss ich beissen. Bei km17 bemerke ich einen ersten leichten Krampf in der linken Wade und versuche, meinen Laufstil anzupassen, um das Bein zu entlasten. Es folgt ein letzter Verpflegungsstand und als ich den Schluck Iso unten habe, nehme ich der netten Dame noch eine Banane aus der Hand! So einen Schwachsinn habe ich auch lange nicht mehr gemacht, denn nun klebt der ganze Mund. Naja, aber in die Duene will ich die Frucht auch nicht schmeissen.

Hinter km18 leben einige freilaufende Baeren und ich bin wirklich ueberrascht, dass sie nicht hinter einem Zaun stehen. Sie sehen sehr exotisch aus, doch sind friedlich und menschenfreundlich. Nun stehen auf beiden Seiten des Weges wieder reichlich Zuschauer und geben zusaetzliche Kraft. Wie es der Zufall will, laeuft neben mir Olof von "Egmond Clock" (ich vermute, das ist ein Lokalblatt). Die Leute sind richtig euphorisch und bruellen Olof nach vorne. Das treibt natuerlich auch mich an.
Endlich kommt das Zielband "noch 600m". So richtig Vollgas sprinten kann ich zwar nicht mehr, kaempfe so gut es meine laedierten Muskeln zulassen und ueberhole noch eine Handvoll Laeufer.

1:44h steht auf meiner Uhr, als ich richtig platt die Ziellinie ueberschreite. Puh, das war ein harter Cross. Im Ziel gibt es dann die Finishermedaille und einen Schutzumhang, der das Auskuehlen etwas verlangsamen soll. Fuer mich war meine gewaehlte Rennkleidung heute optimal.
Zum Bus wuerde ich gerne auslaufen, aber das machen meine Beine nicht mehr mit. Ich komme nur noch gehend vorwaerts.
Im Bus werden dann nicht nur die nassen Klamotten gewechselt, sondern auch Zeiten und Erlebnisse ausgetauscht. Man hat sich viel zu erzaehlen!
Mit meiner Zeit bin ich etwa 10. in der Bus-internen Wertung geworden, wobei fast alle vor mir zwischen 1:42h und 1:43h liegen. Mein Sitznachbar Stephan ist sehr starke 1:23h gelaufen und damit 20. geworden. Im Bus war er mit deutlichem Abstand am schnellsten.
Bis zur Rueckfahrt um 17h bleibt noch reichlich Zeit und wir gehen gemeinsam Pommes essen.
Unser Reiseleiter Leo ist 1:39h geaufen und darf zur Siegerehrung, denn er ist in seiner Altersklasse Dritter geworden.
Muede schleppen wir uns von der Pommesbude zurueck zum Bus. Es ist lange her, dass ich mich so muede gefuehlt habe. Auf der Rueckfahrt wird es schnell dunkel und der Vollmond steigt langsam auf. Einige schlafen, der Rest geht nochmal den ereignisreichen Tag durch. Ich komme mit meinen Sitznachbarn Stephan in ein sehr angeregtes Gespraech. So vergeht die Fahrt wie im Flug. Ich lerne extrem viel vom "ambitionierten Hobbylaeufer", wie er sich selber bezeichnet, und staune ueber seinen Elan und Trainingsfleiss. 20-25h pro Woche. Zwischen den Marathons nimmt er am Triathlon-Ligabetrieb teil und hat bereits zweimal die Langdistanz gefinisht. Er macht mir Mut den naechst Schritt zu wagen und meine Bestzeiten anzugehen. Ich hoffe, ich kann das umsetzen.

Insgesamt war Tag sehr erlebnisreich. Der Egmond Halbmarathon ist harter Cross und nicht umsonst als haertester Winterlauf der Niederlande bekannt. Die Natur ist sehr schoen und das Umfeld stimmt auch, so dass ich den Lauf jedem empfehlen kann.

Es war ein schoener Start in die neue Laufsaison!

Martin



 
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