Team Bittel
 

22.04.2012 - Erlebnislauf Deutsche Weinstraße  

Autor:  KaiSchlachter   E-Mail: murphy§murphyslantech.de
Letzte Änderung: 27.05.2012 14:48:54

Da hatte ich mir ein tolles Geburtstagsgeschenk gemacht: Am Geburtstag noch ordentlich futtern ohne Reue, denn für den nächsten Tag war ich zum Weinstraße-Marathon gemeldet.
In der Hand hatte ich den Flyer schon einige Male auf diversen Laufveranstaltungen. Den Ausschlag gibt Anfang 2012 meine Lauf-Kollegin Helga aus Nürnberg, die sich angemeldet hat, um mal in den Raum Mannheim und Umgebung zu kommen. Da kann ich nicht zurückstecken. Es macht nichts, dass bereits in 4 Wochen mein Heimat-Marathon in Mannheim stattfindet. Die Regenerationszeit reicht.

Helga kann leider verletzungsbedingt nicht teilnehmen - meine Anmeldung gilt aber und so habe ich keinen Grund zu kneifen. Auf der Fahrt mit dem Shuttlebus vom Parkplatz im Gewerbegebiet bekommt man einen ersten Eindruck der Strecke - sie läuft teilweise auf der Bundesstraße. Auch warnen mich einige Leute, dass es die Steigungen verdammt in sich hätten bei dem Lauf, und dass es ab der Hälfte gefühlt nur noch aufwärts geht. Naja das Höhenprofil habe ich mir angeschaut, aber nicht im Detail. Sollte man sich echt angewöhnen. Aber was solls, ich bin 100km-Ulm auch ohne große Kenntnis des Profils gelaufen, da werden die 42km hier kein Drama werden. So reihe ich mich in die Startaufstellung ein, am Sonntag am Haus der Deutschen Weinstraße in Bockenheim bei Grünstadt. Pünktlich um 10:00 h gehts los, zumindest vorne an der Startlinie. Bis sich der Pulk endlich in Bewegung setzt dauert es noch einige Minuten. Ich habe mich bei "4:00h Zielzeit" einreiht, alles was drunter ist, ist super. Und wenns nicht hinhaut ist das auch kein Drama.

Etwas Sorge bereitet mir das Wetter. Es ist windig und kühl, und die Regenwolken sehen nicht vertrauenerweckend aus. Dazu die Berichte von Teilnehmern der Vorgänger-Veranstaltungen: Regen, Hagel, alles schon dagewesen bei diesem Lauf. Kurzzeitig fühle ich mich an die warnende Aussschreibung meines Amberger Ultralaufs erinnert.

Aber Schluss mit der Denkerei, die Startlinie ist überquert, jetzt heißt es laufen: Mit der Masse durch die enge Hauptstraße von Bockenheim und am Ende von Bockenheim die erste Steigung hoch. Kurz vor der Kuppe steht das Schild für Kilometer 2: Noch 40 km, da fühlt man sich doch gleich besser. Im Vergleich mit der 100km-Strecke in Ulm: Dort fangen die wahren Freuden erst nach 40km so richtig an.

Nun geht es wieder bergab, und nicht so schlnapp. Die Schilder in der Gegenrichtung mahnen: Da musst du nachher wieder hoch! Aber so lange es läuft lasse ich es laufen. Kurz nach Kilometer 3 geht es wieder bergan durch Asselheim, vorbei an der 1. Versorgungsstelle. Aber noch brauche ich nichts. Stattdessen zieht es mich weiter nach Grünstadt. Nach der Steigung geht es ganz sachte immer bergab, gut zu laufen, und an der Strecke ist auch richtig was los. Es geht mitten durch die Fußgänger-Zone. Gelegentlich wieder ein wenig aufwärts aber nicht der Rede wert. Kurz nach der Autobahnunterquerung suche ich mal das Dixi-Haus auf. Ich habe es mit der Menge Wasser vor dem Start mal wieder übertrieben! Nach dem Besuch des Tempels der Erleichterung läuft es sich gleich entspannter.

Es geht schon wieder hoch. Kein Wunder wir laufen ja durch die Weinberge. Dieser Begriff wird einem beim Laufen erst so richtig bewusst, in seiner ganzen Schönheit. Langsam aber sicher nähern wir uns der Streckenweiche bei 8,6km. Noch fühle ich mich sehr gut, ein Fünftel der Strecke ist geschafft. Kurz vor der Weiche geht es ein kurzes Stück mit 16% Gefälle hinunter. Gut das wir das nicht wieder hoch müssen. Nach der Abspaltung des Halbmarathons wird es ruhiger, es sind viel weniger Läufer auf dieser Strecke unterwegs und ich bin froh, dass die Abzweigung so früh kam. Jetzt kann ich nichts mehr ändern, das spornt mich an.

In Kleinkarlbach gibt es wieder eine Versorgungsstation. Ich greife ein Stück Banane und weiter geht es. Das nächste Schild kommt mir komisch vor, als hätte ich 2 Kilometer im Flug überwunden und in einer absoluten Spitzenzeit! Dann erkenne ich es: Das Schild gehört zur Halbmarathon-Strecke, die hier nochmal kurz gemeinsam verläuft (ein Wechsel ist hier logischerweise nicht mehr möglich). Am Ortsausgang geht es scharf rechts: Als erstes nehme ich das Schild für Kilometer 10 wahr (das passt jetzt auch). Dann sehe ich die Steigung und weiß schlagartig warum der nächste Ort "Bobenheim am Berg" heißt. Die Steigung komme ich gut hoch, auch mit dem Hintergedanken: Wenn du oben bist, hast du das Viertel hinter dir. Ärgerlich ist der weiterhin kalte Wind und die leichte Dusche von oben. Aber es gibt nur eine Richtung: Weiter nach vorn!

Nach Bobenheim geht es zum nächsten Ort, Weisenheim am Berg. Immer noch bergan, wenn auch flach, aber es macht sich bemerkbar. Durch Weisenheim geht es wieder bergab, aber nur bis zum Ortsausgang, dort geht es besagten Berg hoch. Noch kann ich gut laufen, die Zeiten pro Kilometer variieren zwar mit dem Höhenprofil, aber irgendwas um die 5 bis 5:45 kommt immer noch raus. Damit bin ich recht zufrieden. Mit angehmenem Gefälle geht es nach Leistadt, einem Vorort von Bad-Dürkheim, und auch danach geht es kontinuierlich bergab. Entlang der Bundesstraße laufen wir über 3km bergab - eine Belastung der besonderen Art. Ich verfluche es, dass ich an der letzten Verpflegungsstelle nicht mehr genommen habe, denn die 3km eignen sich gut, um Nahrung zu sich zu nehmen und Energiedepots aufzufüllen. Meine Zeiten gefallen mir: 4:20min/km lese ich. Aber deutlich zu schnell! Ich drossle also trotz Schwerkraftantrieb mein Tempo etwas.

In etlichen Kurven geht es durch Bad Dürkheim, endlich wieder flach und dann gleich wieder eine Anhöhe zur Innenstadt hoch. Alles ziemlich eng. Ich greife mir eine Flasche Iso-Getränk und kippe es rein. Der Rest landet zielsicher in meiner Flasche am Gürtel. jetzt kommt eine große ebene Schleife durch die Landschaft, vorbei am Gradierwerk des Kurparks mit herrlicher Salzluft. Zum tiefen Durchatmen bleibt wenig Zeit. Es geht in die Felder entlag der Umgehungstraße, ein Schleife die wohl sein muss, damit man auf die 42km kommt. Ansprechend finde ich die Strecke hier nicht. Interessanter ist die nächste Versorgungstation, denn mehr als die Hälfte habe ich jetzt geschafft. Kommt der große Hammer von wegen nur noch bergauf? Ich lasse mich überraschen.

Kurz vor km25 ist es dann soweit: Aufwärts in Richtung Ungstein. Aber noch ist das machbar, auch wenn meine Muskulatur nach Entlastung schreit. Richtig heftig wird es nach Ungstein: Jetzt geht s steil bergan nach Kallstadt. Ich stelle um auf meine "Ulmer-Gemsengang", d.h. Steigungen hoch gehen. Von den Muskeln her habe ich kein Problem, nur es fehlt Treibstoff, Energie. Und es will nicht mehr besser werden! Nix zu merken von einen Runners-High...

Merke: Mehr futtern während des Laufens und künftig Gel einpacken. Die Strecke zieht sich nach Herxheim am Berg. Ich gehe alle Steigungen hoch, auch wenn ich damit ein Einzelgänger bleibe. Die anderen haben es sich besser eingeteilt. Immerhin geht es danach mal wieder sachte bergab und ich jogge, wenn auch langsam. Die Zeiten liegen jenseits von Gut und Böse: 7min/km, so habe ich mir das nicht vorgestellt.

Kurz vor Dackenheim: km30 ist erreicht. Jetz sind es nur noch 12 km und eine Strecke die überschaubar ist. Ich motiviere mich und laufe wieder ein Stück, die Steigung in Dackenheim wird aber wieder gegangen. Den Anstieg vor Kirchheim jogge ich zur Hälfte, der Rest wird im Gehen zurückgelegt. Gut, dass ich den angebotenen Riesling-Schwamm nich wahrgenommen habe, ich glaube das wäre übel gekommen, wenn der auch energiehaltig gewesen wäre. In Kirchheim steht dann ein erfreuliches Schild: 33km liegen hinter mir: Noch 9 km, etwas weniger als meine Hausstrecke. Ich überlege, wo ich wohl dort gerade wäre und motiviere mich so. Es lässt sich wieder gut joggen, wenn auch nicht so schnell wie gewünscht. Vor km34 haben die Streckenplaner ein knackige Steigung gepackt, auch hier muss ich wieder gehen. Ab der Kuppe ist die Strecke dann bekannt, es geht auf der gleichen Trasse zurück wie wir gekommen sind.

Alles was in Grünstadt so schön bergab ging, geht es nun wieder hoch. Meine Gehpausen werden wieder kürzer, auch wenn ich sie noch immer brauche. Vorbei an der Getränkestelle in der Fußgängerzone, dann bergab nach Asselheim udn auch danach. An der Versorgungstation lasse ich mir nochmal Apfelsaftschorle in meine Trinkflasche füllen. Cola oder sonstige Zuckersuppe wäre mir zwar lieber gewesen aber so muss es der Apfelsaft halt tun. Und schon stehe ich vor der berühmten "Asselheimer Wand": Die letzte Steigung vor dem Ziel. Nochmal ist für 1km Gehen angesagt.

Während ich die Steigung mühsam hochkraxle frage ich mich, wo meine Familie ist? Die wollten doch auf den letzten 5km stehen! Auch egal, es sind ja noch knappe 3km. An Aufgeben will ich jetzt nicht mehr denken, auch wenn meine Waden krampfen wollen. Ich lasse sie einfach nicht. Endlich hat die Steigung ein Ende - noch 2km bis ins Ziel. Ich beiße die Zähne zusammen und zwinge mich zu joggen, bergab.

Der Ortseingang von Bockenheim kommt, und das km41-Schild. Nur noch 1km! Auch wenn es im Ort nochmal hochgeht, das muss jetzt irgendwie klappen, Wind und Wetter zum Trotz. Der Wind pfeift übel durch die Haupstraße und natürlich direkt von vorne. Kurz vor dem Schild für km42 steht endlich meine Familie und feuert mich tatkräftig an. Super! Noch 400m. Links steht der Zeitmesswagen mit 3:58:37 am Dach. Das heizt mich nochmal richtig an: Eine 4 will ich vorne nicht sehen. Also ranhalten auf den letzten 100m. Und Tatsache, es reicht: 3:59:38, also unter 4 Stunden. Ziel erreicht!

Völlig fertig gehe ich zur Zielverpflegung und bekomme unterwegs meine Medallie um den Hals gehängt. Nach kurzer Pause kommt mein Fan-Tross ins Ziel. Ich organisiere mir erst mal 3 alkoholfreie Weizen und ne Portion Apfelsaft. Nach etwas Pause gehen wir zum Versorgungsbereich rüber. Auf dem Weg dorthin gratuliere ich noch Gunther Mair, einem meiner Kollegen, gerade durchs Ziel gekommen.

Ich habe jetzt andere Ziele: Massage und Dusche! Die Massage nach dem Lauf ist eine klasse Erfindung, ich kann mich richtig entspannen. Danach gehe ich zur Ausgabe für meine privaten Sachen und dann nix wie unter die warme Dusche. Meine Schwester wartet so lange, unsere Eltern wandern zurück zum Auto (4km, also "Kurzstrecke"). Meine Schwester begleitet mich zu meinem Auto, denn fahrtauglich fühle ich mich nicht.

Die Fahrt mit dem Shuttlebus ist wegen der gesperrten Strecke abenteuerlich, einmal quer durch die Pampa bis man endlich am Baumarkt-Parkplatz ankommt. Mit dem eigenen Auto geht s dann heimwärts: Ich muss doch die Feier für meinen Geburtstag nachholen!

Im Nachhinein muss ich sagen: Verdammt wellig dieses Streckenprofil. Meine Schwester staunt nicht schlecht was ich da hoch und runter bin. Mein Essen darf jetzt richtig kalorien haltig sein, Pfälzer Trio/Pfälzer Teller: Leberknödel, Saumagen, Bratwurst und Sauerkraut. Und als Dessert flambierten süßen Flammkuchen mit Apfel-Zimt-Belag (lecker!). Jawoll, das muss jetzt sein!


Jetzt, ein paar Tage später ist mein Muskelkater schon wieder so gut wie weg. Ich bin am Überlegen ob ich mir den Lauf in 2 Jahren nochmal antue? Wenn man das Profil kennt, kann man sich besser drauf einstellen. Man wird sehen...

Jetzt ist mein Blick erst mal auf den MLP-Marathon in 4 Wochen gerichtet. Ich hoffe Helga hat in 2 Jahren auch die Möglichkeit an diesem schönen Erlebnis-Lauf teilzunehmen.

Euer Kai
Weiterführender Link zum Thema: Zu Kais legendärem 100km-Lauf in Ulm (2011)
 
[team/fuss.htm]