Brixen-Marathon (Teil II)
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Die letzten km
werden extrem hart, richtig alpines Gelände, steil und Geröll. |
Von den
Versorgungsstellen kann sich so mancher Stadtmarathon eine Scheibe
abschneiden: Es gibt sie alle 2 Kilometer, zum Teil in unwegsamem
Gelände und alle Helfer, die das ehrenamtlich machen, sind super gut
gelaunt und feuern uns Läufer herzlich an.
Wir laufen jetzt
in das Hinterafers-Tal hinein. Irgendwie muss man ja die 42
Kilometer zusammen bringen. Die Strecke ist wunderschön, mal
bergab, meistens bergauf. An vielen Stellen werden die steilen
Wiesen mit der Sense gemäht – da weiß man abends, was man getan hat.
Dieser Abschnitt kommt Andrea entgegen und sie läuft mir davon. Aber
ich weiß, dass ich sie bergauf wieder einhole.
Hinterafers-Tal |
Andrea jetzt schneller als ich... |
..und läuft mir vorübergehend davon |
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Die
Halbmarathonmarke haben wir schon hinter uns und schon 1.100
Höhenmeter auf dem Konto. 2:45 Stunden haben wir gebraucht. Mal
sehen, ob das noch wird mit den 6 Stunden, denn die zweite Hälfte
ist ein gutes Stück steiler. Am Ende des Tales bei Kilometer 24
geht’s dann richtig zur Sache. Ein kleines Stück gehe ich noch mit
Andrea, dann verabschiede ich mich und laufe weiter. Ich sehe sie
dann erst im Ziel wieder.
Ruhige Waldwege |
Ein Trail-Stück steil aufwärts |
Grandioser Blick auf die Dolomiten! |
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Die Strecke zieht
sich. Ab Kilometer 30 ist jeder halbe Kilometer ausgeschildert. Das
tut dem Kopf gut, denn man hat häufiger das Gefühl, ein Stück weiter
gekommen zu sein. Trotzdem dauert es ganz schön lange, bis endlich
die Bergstation der Plose-Kabinenbahn bei Kilometer 33,7 und 1.890
Höhemetern erreicht ist.
Km 30,5 - ab jetzt ist jeder halbe km ausgeschildert |
Durch ein Kuhgatter |
Richtiges Gebirgslaufen |
Becher warten auf uns |
Dieter wartet
schon auf uns. Ich sag ihm, dass mir Andrea heute zu langsam ist und
laufe weiter. Jetzt kommt der gebirgige Abschnitt der Strecke.
Es
gibt wunderschöne „Aussichten“... |
...aber ich konzentriere mich doch besser auf den steinigen
Weg. |
Seit einer halben
Stunde prüfe ich die Uhrzeit und rechne mir aus, dass das mit den 6
Stunden nur klappen wird, wenn ich im Schnitt 10 Minuten pro
Kilometer brauche. Das wird jetzt immer schwerer. Es geht zwar ab
und zu eben dahin, aber der Weg ist so schmal und uneben, dass an
schnelles Laufen nicht zu denken ist. Außerdem werde ich müde und
die Höhenluft macht mich nicht schneller. Der eine oder andere
Stolperer ist auch schon dabei, aber ich kann mich immer wieder
fangen. Ich weiß, dass der Weg ab Kilometer 39 supersteil wird und
versuche, einen kleinen Vorsprung herauszulaufen. Nach 5:22 Stunden
bin ich dort, noch 38 Minuten Zeit für die letzten 3 Kilometer. Ich
schütte noch mal Cola und Wasser in mich hinein. Ein Schild fordert
mich auf, auch mal zurück zu schauen und der Blick ist
überwältigend. Mann, sind wir schon hoch!
Blick nach hinten... |
..überwältigend! |
Aber jetzt kommt das steilste
Stück. Ein richtiger alpiner Weg mit großen Felsen, Geröll und
Mooswiesen. An Laufen ist nicht mehr zu denken, das Gehen bereitet
schon genug Mühe. Aber ich stelle fest, dass ich beim Gehen ganz
schön flott sein kann und überhole mehrere Läufer, immer das
Gipfelkreuz im Blick. Auch eine Wanderin mit Stöcken hat keine
Chance gegen mich. Mein Atem geht schwer und ich gebe alles.
Jetzt kommt das steilste Stück, richtig alpin, Geröll... |
...an Laufen ist nicht mehr zu denken |
Wieder ein Blick zurück aus dem steilen Stück... |
...ab und zu überhole ich |
Das Gipfelkreuz, aber leider noch nicht das Ende |
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Am Kreuz gibt es noch mal
Verpflegung. Die Südtiroler Bergwacht hat tatsächlich Wasser und
Cola hier rauf geschleppt. Alle Achtung!
Aber was ist jetzt? Ich dachte, ab
hier geht es relativ flach bis ins Ziel und hab mich deshalb
ausgepowert beim Hochgehen. Aber von wegen Gipfelkreuz. Nach einer
ganz kurzen Flachpassage geht es noch mal genauso steil hoch. Puh,
das wird nichts mehr mit den 6 Stunden, denn bei dieser Steigung
brauche ich 14 Minuten pro Kilometer. Bei Kilometer 41,5 bin ich
endlich ganz oben angekommen. Jetzt geht es tatsächlich nur noch
flach bis ins Ziel. Noch 3 Minuten. Ich zwinge mich, noch mal flott
zu laufen und schaffe es tatsächlich, beim Kilometerschild 42 nach
genau 6:00 Stunden anzukommen. Aber der Marathon hat halt noch 195
Meter mehr und so komme ich erst nach 6:01:12 ins Ziel. Trotzdem bin
ich super glücklich und wirklich total K.O. Laut meinem Höhenmesser
waren es 2.505 Höhenmeter! Ich bekomme meine Medaille und mein
Finisher-Shirt und hole mir erst mal 2 Becher Cola. Auf einer Bank
sitzend komme ich langsam wieder zu Atem. Trotz schönen Wetters ist
es ganz schön kalt hier oben, aber es werden auch Rettungsdecken
verteilt. 8 Minuten nach mir kommt Andrea. Ihre Zeit: 6:09:23 –
Respekt!
Andrea ist im Ziel ihres 1. Bergmarathons |
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Obwohl sie sich heute nicht gut
gefühlt hat, war sie fast so schnell wie ich. Auch sie ist fix und
fertig und bekommt nicht mehr mit, dass ihr der Transponder-Chip von
der Startnummer entfernt wird. Es dauert noch ein paar Minuten, bis
sie Dieter trifft. Erschöpft fällt sie ihm um den Hals und kann die
Tränen nicht mehr zurückhalten. Ihr erster Bergmarathon. Super! Ihre
Schwester und ihr Patenkind sind auch da. An der Bergstation der
Kabinenbahn bei Kilometer 33,7 sind sie 3 Minuten zu spät angekommen
und konnten so Andrea nicht mehr treffen. Aber jetzt sind alle
beisammen.
Auf der Plose-Berghütte kann man
sogar duschen, was ich gleich nutze. Danach gibt es Pasta für alle
(und ein herrliches Hefeweizen für mich) und ein Kleinbus fährt uns
vom Berg wieder runter zur Kabinenbahn, mit der wir weiter runter
kommen. Alles im Preis dabei, ebenso die Pasta am Vortag – wirklich
ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis!
Pasta für alle im Ziel auf der Berghütte |
Geschafft! |
Fazit:
Es war ein gelungener Lauf und ich bin froh, dass mich Andrea
überredet hat, denn ich wollte am 09.07.2011 den Zermatt-Marathon
laufen. Aber da heiraten Andrea und Dieter und außerdem hat Zermatt
nur 1.950 Höhenmeter – lächerlich!
Dann unsere guten Platzierungen,
obwohl die hier egal sind: Ich bin 169. Mann geworden und 29. meiner
Altersklasse (es gibt also 28 alte Knochen, die noch schneller waren
als ich – Wahnsinn). Andrea ist 30. Frau und 6. ihrer Altersklasse.
Der Vorjahressieger, der Brixener Hermann Achmüller, hat seine
Vorjahreszeit um 2min verbessert und ist in 3:35 als Erster ins Ziel
gestürmt. Die beste Frau war die Südtirolerin Edeltraud Thaler mit
4:09. Der beste Mann in meiner Altersklasse war in 3:44, die beste
Frau in Andreas Altersklasse in 5:18 im Ziel. Der letzte Teilnehmer
war in 8:00 am Ziel. Nach 8 Stunden ist Zielschluss.
Ein super Lauf, engagierte Helfer,
tolle Organisation, 20 Versorgungsstellen auf der Strecke, Pasta vor
und nach dem Lauf, ein phantastisches Gebirgspanorama. Um es mit
Klaus Duwe von marathon4you zu formulieren: "Wer hier nicht
mitläuft, ist selbst schuld".
Ich wünsche Euch einen schönen (Lauf-)Sommer. Alles Gute und bleibt
gesund.
Euer Thomas
Infos:
www.brixenmarathon.it
(Finisher: 284 + 38 Staffeln)
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Teil 1
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