So war bis Sonntag letzte Woche alles in Ordnung. Genau bis ausgerechnet
eine Vertreterin meines Lieblings-Laufsockenpaars nach dem
entscheidenden Trainingslauf für den Welt-Down-Syndrom-Marathon
verschwand. Die mit dem eingewebten „L“ oberhalb der linken, großen
Zehe. Atmungsaktiv, superkomfortabel und von mir bei Wettkämpfen immer
wieder gern getragen. Zwar schon etwas in die Jahre gekommen, mit einem
kleinen Loch darin, aber wir zwei hatten schon viele erfolgreiche Läufe
zusammen erlebt. Vom schnellen Zehner über Halbmarathon, Marathon bis
zum Supermarathon am Rennsteig. Auch bei den 100 KM von Biel waren wir
zwei unzertrennlich. Wie jeder Laufschuh so erzählt auch jede Socke ihre
eigene Geschichte.
Der Vorläufer des Strumpfs und des Sockens war der
Fußlappen. Im 13. Jahrhundert wurden beide Strümpfe zu Hosen vereinigt,
aber im 16. Jahrhundert am Knie wieder von den Hosen getrennt. Soweit
die Geschichte der Socke an sich. Mein persönlicher Bezug zur Socke
stammt noch aus der Kindheit. Oma´s kuschlige, selbstgestrickte
Wollsocken zu Weihnachten sind zwar modisch zeitlos aktuell, aber mich
störte immer das Kratzen und Kribbeln am Fuß. Da lieb ich mir meine
Funktionssocken aus High-Tech-Garnen. Sie sind bequem und neuerdings
auch Geruchskiller. Nach längerer Warterei auf die nächsten Waschgänge
und erfolglosem Suchen durch den gesamten Haushalt stand es fest: Socke
„L“ ist verschollen. O.k. muss es eben „unten ohne“ in Fürth gehen.
Dachte ich mir. Da bekam ich von einem Lauffreund den entscheidenden
Tipp. Ich solle es doch mal mit Kompressionssocken probieren, meinte er.
Als Sockenfan war ich natürlich sofort dabei. Jetzt stehe ich am Start
unweit der grünen Halle. Viele Lauffreunde sind da. Dieter, die alte
Socke, Sven und Erwin die Marathonsammler. Meine Vereinskameraden vom
FSV Großenseebach. Helmut im Halbmarathon und Alain beim 6-Stundenlauf.
Michael und meine Freunde vom Erlebnislauf-Team. John Dawson wird
Ehrenmitglied im Laufclub 21. Ein Gospelchor stimmt „Oh Happy Day“ an.
Die Zeit bis zum Start vergeht wie im Flug. Pünktlich um 9.00 Uhr werden
wir lossocken.
Nur nichts überstürzen, also langsam einrollen
heißt die Devise. Wie hoch wird wohl die Sockenquote sein? Gemeldet
waren rund 800 Teilnehmer. Mal zwei, das sind nach Adam Riese und Eva
Zwerg 1600 Socken. Vor mir ein paar ganz schnelle Sockenkrieger. Man
erkennt sie an den Kniestrümpfen. Wer vor ein paar Jahren noch den
Nasenzwicker beim Laufen trug, trägt heute Kniestrümpfe. Die
Kniestrumpfträger werden immer mehr. Heute zähle auch ich dazu. Wegen
dem modischen Look sagen die Einen. Wegen der Schnelligkeit die Anderen.
Die Unentschlossenen tragen Sneakersocken. Die Kenianer unter uns
Läufern tragen gar keine Socken. Aber Vorsicht, sonst sterben die
Sockenträger aus. Alarm! Also muss ich etwas gegen das Sockensterben
tun! Ich laufe für die Kampagne: S.O.S. – Save our socks!
Persönlich bevorzuge ich Netzstrümpfe. Am liebsten,
wenn sie die Sambatänzerinnen beim Fränkische-Schweiz-Marathon tragen.
Für den Down-Syndrom-Marathon habe ich mich heute für die pinkfarbene
Variante der Kniestrümpfe entschieden. Wir laufen unsere Runden. Wie im
Hamsterrad. Das Ziel ist noch weit. Zwischendurch Getränke fassen. Es
läuft gut heute. Trotz dieses komischen Gefühls, unten. Ein schöner
Fun-Run. Fürth die Sockenhauptstadt. Weiter geht es, Runde um Runde.
Hier steppt der Bär!
Dem Ziel entgegen. Heute mit Drehwurm am Spalier
der Zuschauer entlang. Bei dem Wetter heute ein Genuss, die Sonne lugt
durch die Wolken. Manche Socken qualmen schon. Neben mir pfeift ein
Mitläufer wie die „Singing Sock Puppets“ vom Interaktionskünstler
Matthew Irvine Brown. In der grünen Halle treibt uns Arthur der
weltbeste Marathonsprecher weiter. Noch ein paar Links- und Rechtskurven
– vor mir das Ziel. Die Stimmung ist wie immer gut. Ramba-Zamba in der
grünen Halle. Völlig von den Socken laufe ich durchs Ziel.
Jochen der Querläufer ist Sockenkönig beim
Marathon-Opus 42,2 in Fürth.
Apropos Socken, die Geschichte mit der Socke hatte
noch ein Happy End. Unser Nachbarskind überraschte mich am Gartenzaun.
Die Läuferfrau entpuppte sich als Spenderin. Sie dachte sich, warum
löchrige Socken wegschmeißen. Nun kehrt meine Lieblingssocke als
Handspielpuppe, bzw. harmlos-buntes Sockenmonster mit Wuschelwollhaaren
und von Kinderhand aufgenähten Knopfaugen zurück. Um Rache zu üben an
mir. Dem der sie, die Socke „L“, seit Jahren mit Füßen tritt, streckt
sie knapp unterhalb des roten eingewebten „L“ eine hämisch grinsende
Filzzunge aus dem Maul.
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Das Motto 2012 |
Der Querläufer Jochen hat eine Querverbindung zum Down-Syndrom
Marathon |
Hannes+Jonglier-Peter, noch 2 Unterstützer des Lauftags |
Bunt zum Start |
Noch 2 Verkleidete |
2 der Down-Syndrom-Läufer |
Die Begleiter sind fit |
Siegerehrung |
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