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Letzte Änderung: 12.07.2015
 
Ziemlich bunt geht's hier zu, am Kap...

46. Two Oceans Marathon
(56km)
am 26.03.2015



 

 (Bericht+Fotos: Marion Daeppen)



...Der Guten Hoffnung (hoffentlich wird es nicht zu warm)

 

Two Oceans Marathon

Der "Two Oceans" ist das größte Laufevent in Südafrika und eine der schönsten der Welt. Wegen den spektakulären Ausblicken, und den vielen bunten und verkleideten Läufern. Erst seit 1975 dürfen nicht-weiße Läufer starten.


2015 nun ist es endlich soweit, eigentlich wollte ich ja schon 2014 starten, aber wir mussten die Reise kurzfristig absagen. Umso mehr freue ich mich jetzt auf den Start. Wir reisen zuvor 2 Wochen im Land herum, wir machen Wanderungen. Bei den wenigen Läufen bin ich gar nicht in Form – wie das wohl geht, wenn ich 56km laufen soll und jetzt schon bei langsamen 10km kaputt bin. Nicht gerade berauschend. Es wird mir richtig mulmig.

Am Donnerstag fahren wir zur Marathonmesse. Eine riesiglange Kolonne um das Gebäude. Die stehen alle für die Startunterlagen an. Nee, da habe ich keine Lust drauf und ich frage eine Helferin ob das die Warteschlange wäre. Sie bejaht aber zugleich fragt sie: "Are you international?", dann muss ich nicht anstehen, sondern kann ganz nach vorne und dort meine Nummer abholen. Wow, also gehen wir direkt ins Messecenter (die Südafrikaner stehen 2 Stunden an) und ich erhalte meine Nummer + Unterlagen zum 6km-Friendship-Run, der am Vortag geht aber wirklich nur Spass ist. Nein, ich starte da nicht, denn es ist heiss, wir müssten früh raus und zusätzliche 6km einen Tag vor meinem ersten 56km-Lauf? Das will ich dann doch nicht.

Wir fahren am Freitag die Strecke ab und machen aus, wo mich mein Remo und sein Freund, der hier lebt treffen. Sie werden mit dem grossen BMW Motorrad unterwegs sein, flexibler als mit dem Auto. Oh, beim Abfahren der Strecke wird mir ganz komisch. Daaas soll ich alles laufen? Trotzdem bin ich froh, dass ich es gesehen habe und weiss was mich erwartet. - Am Abend treffen wir uns mit unseren Schweizerfreunden Bruno und Markus. Mit Bruno laufe ich viel in der Schweiz. Da er verletzt ist, kann er selber nicht starten aber den Urlaub haben sie deswegen nicht abgesagt.

Um 3:30 Uhr morgens geht der Wecker. Der Wetterbericht sagt: Sonnig, 24°C und 50km Wind. - Es kommt dann aber anders, glücklicherweise: Es ist bewölkt, 1,5 Std. leichter Regen und Temperaturen bis 19°C. Doch der Wind ist sehr stark und deshalb fühlt es sich viel kühler an. Das kommt mir aber entgegen – viel lieber als Sonnenschein und heiss. Einziger Nachteil: Nicht so viele Bilder.

Das Rennen

In Südafrika gibt es keine öffentlichen Verkehrsmittel also reisen alle mit dem Auto an. Deshalb heisst es frühzeitig los, um nicht im Verkehrsstau stecken zu bleiben. Obwohl – ich hätte ja den Vorteil, dass ich im Notfall aufs Motorrad aufsteigen und zum Start bringen lassen könnte. Wir sind aber gut dran und finden einen Parkplatz, wo das Auto bis zum Schluss stehen kann. Die restlichen 1,5km gehe ich mit den vielen anderen Läufern zum Start. Es ist noch komplett dunkel, aber die Strassen sind beleuchtet. Im Startgelände herrscht schon Hochbetrieb und es ist gute Stimmung. Wir hören den Startschuss für die Halbmarathonis, die 30min. vor uns starten.

6:20 Uhr, jetzt geht es langsam los. Ein altes Fischerlied wird gespielt und die Läufer singen mit. Sehr bewegend (siehe/höre
Video). Es folgt die Nationalhymne, welche auch mitgesungen wird, dann wird das Fischerhorn geblasen und kurz danach knallt der Startschuss. Hier gibt es keine Nettozeit, die Zeit läuft ab Startschuss.

Ich laufe über die Startlinie und gleich danach sehe ich viele freie Tixi-Klos. Diese Gelegenheit nutze ich, da vor dem Start zu lange Schlangen waren. Nach dem Warten bis zur Startlinie + Toiletten-Stopp starte ich dann nach gut 10min. Wenn ich deswegen nur nicht die 7-Std-Cut-Off-Zeit verpasse und dann keine Finisher-Medaille erhalte! - Aber im Moment kümmere ich mich nicht darum – jetzt muss ich erst einmal los.

Schon nach 1km treffe ich auf meine Supporter, noch im Dunkeln. Wenn ich nicht gerufen hätte, hätten sie mich nicht gesehen. Die ersten 5km laufe ich alleine im grossen Pulk. Dann schliesse ich zum Pacemaker 6:30 auf. In Südafrika heissen die nicht Pacemaker sondern ‚Bus‘. Eine lustige Truppe. Ich komme gleich ins Schwatzen und mir wird viel erklärt: Bus nennt man es, weil es eine grosse Gruppe ist, die zusammen ist. In der Gruppe laufen auch einige meiner Teamkollegen mit. Der "Busfahrer" ist ein sehr erfahrener Läufer. Er ist auch Pacemaker beim berühmten Comrades Marathon und das schon seit Jahren. Es geht lustig zu in dieser Gruppe. Nachdem klar ist, dass ich ein ‚Internationaler‘ bin, werde ich ankündigt: "Runners, we have an International in the bus, Marion from Switzerland". Und die ganze 100-Leute-Gruppe johlt und begrüsst mich. Irgendwann wird bekannt, dann ein anderer unserer Passagiere heute seinen 50ten Geburtstag hat. Somit singt der ganze Bus "Happy Birthday". Es läuft einiges im Bus ab und ist sehr kurzweilig. Der Busfahrer hat eine ganz spezielle Strategie: Schon auf den flachen Stücken hält er alle 5km an und geht ein Stück. Damit das alle mitbekommen schreit er laut: "Runners walk". Da es nicht alle hören, reissen alle die Arme hoch und somit sehen die hinteren Läufer und der Bus geht in Gehschritt über. Schon nach kurzer Zeit ruf der Pacemaker wieder: "Runners running again" und der ganze Bus fällt wieder in den Laufschritt.

Die ersten 20km sind alle auf der gleichen Strasse und geradeaus. Trotzdem muss man sehr aufpassen: Auf der Mittellinie und oft auch an den Seitenlinien hat es sog. Katzenaugen, kleine Erhebungen die leuchten. Läuft man jedoch im Pulk oder ist müde, dann sieht man sie nicht und schnell stolpert man darüber und liegt flach. Zudem sind die Strassen nicht so gut wie bei uns und es ist uneben. Noch mühsamer ist, dass die Strassen zur Seite neigen, d.h. die Füsse sind fast permanent leicht in der Schräge. Besonders in den Bergabpassagen geht das auf Sehnen und Bänder. Einige Läufer hatten mich vorgewarnt. Aber ich hätte mich darauf eh nicht vorbereiten können, weil es das bei uns nicht gibt.

Ab km 25 geht es dann zur Sache. Die angepasste Strecke führt über "On Kaapse Weg" und geht 6km stetig hoch. Links und rechts ist leider alles abgebrannt von schlimmen Feuern. Gut, dass es bewölkt ist, sonst müssten wir hier in der prallen Sonne – null Schatten – den Berg hoch. Wir joggen immer 900m, dann 100m gehen und wieder joggen. So kommen wir den Berg hoch – bei vollem Gegenwind. Oben angelangt ist der Wind noch stärker. Ich überlege ob ich mich lieber in der Gruppe vor dem Wind verstecke oder vorne weg laufe? Ich entscheide mich vorne zu laufen, habe zwar Gegenverkehr von Autos, aber ich sehe die Katzenaugen besser.

Autsch, was ist denn das? Ich habe plötzlich einen brutalen Stich unter dem letzten Rippenbogen, aber nicht an der Seite. Ich muss mein Finger heftig reindrücken, um es auszuhalten. Eigentlich müsste ich jetzt gehen, aber das will ich nicht, da verliere ich zu viel Zeit. Also beisse ich auf die Zähne und laufe weiter. Ich weiss ja, dass nach dem Berg meine Supporter wieder auf mich warten (bei 35km, zu km19 konnten sie nicht kommen weil die Strassen abgesperrt waren). Unten angekommen nehme ich einen Apfelsaft, gehe und trinke. Remo sagt, dass sie nicht an die anderen abgemachten Punkte fahren können, weil die Strecke geändert wurde und abgesperrt ist. Also: Ich sehe sie erst wieder im Ziel.

Ich laufe wieder langsam los, der Schmerz ist weg. Nun läuft es mir sehr gut. Und was ist denn das jetzt? Alle Läufer werden aufgehalten, damit der Verkehr weiterfahren kann. Das habe ich noch nie gesehen. Normalerweise werden die Autos angehalten, damit die Läufer nicht gestört werden. Na ja, das ist Afrika. In Gedanken verloren sehe ich nur aus dem Augenwinkeln eine grosse Schweizer Fahne. Und beim genauen Hinsehen: Ja da sind meine Freunde Bruno und Markus. Vor lauter Aufregung und Freude vergesse ich doch glatt ein Foto zu machen. Bruno wollte auch laufen, aber er ist leider verletzt und muss zusehen. Ich habe schon 38km.

Bei km 46 sehe ich jemanden weit vor mir 2 Motorradhelme schwenken. Natürlich erkenne ich sie sofort. Sie haben einen anderen Ort gefunden wo sie mich nochmals anfeuern können. Mein lieber Schatz und sein Freund. Ja das freut mich natürlich. Jetzt sind es noch 10km bis ins Ziel. Es geht nochmals bergauf und auch auf den letzten Kilometern ist es wellig. Langsam gehen mir diese schrägen Strassen auf die Nerven.

Jetzt erkenne ich das Universitätsgelände – wir sind auf dem letzten Kilometer. Bald biegen wir auf die Wiese ein. Hier hat es so viele Zuschauer und ich erblicke Bruno und Markus. Ich schnappe mir deren Schweizer Fahne und sehe Remo auf der anderen Seite – oh welche Glückgefühle!

Die Bildergeschichte


Startnummernausgabe – die Südafrikaner stehen 2 Std. an

Gratis Getränk + Kuchen für Internationals, Einheimische müssen zahlen

Also das sieht doch gut aus

Überall Swissness (steht für Qualität – aber auch teuer)

Pink& Drive – von dieser Gruppe sind die Pacemaker für 6:30 h

Total ausgeflippte Radlerhosen

Die Laufroute auf einen Blick (von Ozean zu Ozean)

Das max. Zeitlimit 7 Stunden könnte knapp werden...

...bei diesen 500 Höhenmetern

Am Start kurz vor 6:30 Uhr ist es noch stockfinster

Die ersten Kilometer werden im Dunkeln gelaufen

Überall "Glühwürmchen"

Es wird schon heller

30 min. später ist es hell und beginnt zu regnen

Den Südafrikanern gefällt der Regen gar nicht… 

…mir ist das ganz Recht. Bei 30°C wäre ich vom Schwitzen nass

Darüber lässt sich streiten – so toll sehen wir im Regen nicht aus

Die Badehäuschen von Muizenberg – sehr bekannt, aber heute im Regen

Zeit für Posing in St. James...

...bei mir läuft es gut

Ein Helikopter beobachtet das Rennen

La Roux‚ mein Fotograf für kurze Zeit – wir laufen 10km zusammen...

...erzählen uns viel. Noch ein Foto und dann geht es…

…bergauf, weg vom Meer auf die andere Seite der Halbinsel

Es geht wirklich 7km nur bergauf inkl. Gegenwind

Auf der anderen Seite des Berges haben es die Läufer schon geschafft.
Aber für mich heisst es…

…über den Berg. Da braucht ich kein Schild, das merke ich selber
 

Leider nichts mit der Aussicht aufs Meer. Feuer haben gewütet, alles ist abgebrannt

Ich bin über den Berg. 35km sind geschafft, nur noch ein Halbmarathon
 

Überall hat es Musik (sie drehen sich kurz weg wegen dem starken Wind)

Nochmals bergauf, aber wir werden gut angefeuert – nur noch 6km

Endlich im Ziel

Einer nach dem anderen kommt an

Wir haben es geschafft

Ich bin kaputt, aber sehr sehr glücklich...

..und etwas stolz mit Schweizer Fahne

Das war mein Ziel – unter 7 Stunden ins Ziel und die Medaille bekommen

Der Sprecher ruft im Zieleinlauf: "Another International, from Holland". Nein, bin doch from Switzerland und schwenke heftig meine Schweizer Fahne. Nur weil ich ein oranges Shirt trage bin ich doch keine Holländerin! - Ich laufe über die Ziellinie und falle meinem Remo in die Arme. Wir haben beide Tränen der Freude und Erleichterung in den Augen. Ich bin super happy, ich hab meinen ersten 56km-Lauf geschafft, und bin sogar 30min unter dem Zeitlimit.

Jetzt ist es geschafft. Es war zwar leider nicht die Originalstrecke, die wegen ihrer Schönheit (am Meer entlang) bekannt ist, aber das ist auch gut. Wir haben dafür mehr Höhenmeter gemacht
J und ich war froh, dass es nicht so heisses Wetter war. Mir hat es sehr gut gefallen, schaut Euch das Video an

Euer Schweizermädel Marion


Infos: www.twooceansmarathon.org.za 

 

 

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