Nach 1 Tag Anreise und 1 weiteren
Tag des Ankommens starte ich um 8.15 Uhr meinen ersten Lauf. Es ist sehr
warm und bei der hohen Luftfeuchtigkeit schwitze ich wie noch nie in
meinem Leben. Nach 30min und 5,5 km bin ich zurück auf dem Zimmer. Für
den ersten Tag soll mir das reichen, um mich zu akklimatisieren.
Mein zweiter Lauf über 1 Stunde geht mit
10,7 km schon viel besser. Es wird um 6:30 h hell und warm wie zur
Mittagszeit in Deutschlands Sommer 2015. Ich versuche es mit einem
5er-Schritt, aber es wird eine harte Einheit. Meine Strecke führt mich
am Strand zu einem kleinen Fischerdorf, dem ich mich nicht weiter nähern
will. So drehe ich um, passiere mein Hotel und kehre erneut um beim
Jetski- und Bootsverleih. Was die Flut tagsüber verbirgt erweist sich
morgens bei Ebbe als harter Boden, der zum Laufen hervorragend geeignet
ist. Der Indische Ozean sieht hier übrigens traumhaft aus, türkis
wie im Reiseführer. Danach spüre ich trotz des Sandes meine Beine kaum.
Im Hotel angekommen, fragt mich ein Mitarbeiter des Hotels: „How are you?“
Sonst antwortete ich immer „Great, and you?“ Nach dieser Stunde
allerdings nicht mehr so großartig... Aber jeder Lauf bringt mich dem
FS-Marathon näher. Flitterwochen sind toll. Und wenn ich ins Zimmer
zurückkomme, ist meine Frau wach. Kurzes Dehnprogramm, Ausschnaufen,
Duschen und ab geht’s zum Frühstück.
Jambo heißt Hallo.
Das höre ich 300mal pro Stunde. Erinnert mich an den Song "Coco Jambo“
aus den 90ern. Und an den Ausruf "Jambolia“ von Bruno Jonas in seiner
Rolle des Tango in "Irgendwie & Sowieso". Gegen 7.30 Uhr sind 100 Leute
auf den Beinen, Secuirity, Putzkolonnen... "Pole Pole“ bedeutet langsam.
Das höre ich auch ab und an ;-)
Die Erkenntnis nach
diesem Lauf ist, dass ich mich beim Packen besser hätte durchsetzen
sollen. Denn ich durfte nur 2 Paar Laufschuhe, 2 Lauf-Shirts, 2 Paar
Shorts, 2 Paar Laufsocken einpacken. Mehr nicht. Dazu aber 15 Ausgaben
der RunnersWorld, ein Geburtstagsgeschenk. Naja, so musse ich nun meine
Klamotten immer brav sofort waschen.
Nach dem 1. Lauf war
ich so nass wie noch nie... Doch es geht noch nässer. Bei meinem 2. LAuf
hatte ich ein Paar gesehen, das an der Security vorbei aus der
Ferienanlage gejoggt ist. So will ich auch die Umgebung erkunden. Ich
frage also den Sicherheitsmann, ob ich raus dürfte? Mit einem "Hakuna
Matata“ (kein Problem auf Suaheli) öffnet er mit einem Grinsen und gut
gelaunt die handbetriebene Schranke. Und das morgens um 7.30 Uhr.
Vielleicht bin ich eine willkommene Ablenkung. Bis auf ein paar
Anlieferungen ist nicht so viel los hier um diese Uhrzeit. Draußen habe
ich gleich einen beißenden Geruch in der Nase und nach 200m ist klar, es
ist verbranntes Plastik. Am Ende der Straße komme ich auf eine größere.
Links oder rechts? Von rechts kommen 2 Kleinbusse und es stehen viele
Menschen am Straßenrand. Ich bin ein Schisser, also laufe ich nach
links. Aber auch hier sind Einige unterwegs. OK, nur ich habe Urlaub,
für die Sansibari ist es ein normaler Mittwoch. Ich komme an ein kleines
ärmliches Dorf, bei dem anscheinend der Schulbeginn ansteht. Nach 500m
im Dorf frage ich mich, warum es immer weniger Jambos, Morning (auch
"Servus"!) zu hören gibt. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen:
Unser Reiseleiter meinte, dass man außerhalb der Hotelanlage die Knie
bedecken sollte, da 95% der Bevölkerung Muslime sind. Klar, niemand
betrachtet meinen tollen Laufstil oder mein Tempo. Ich bin der
respektlose Ausländer!
Ich mache kehrt und merke wie die Blicke von 100 Leuten an mir und auch
an meinen Knie kleben. Schnell raus hier. keiner sagt was, nichtmal die
frechen und aufdringlichen Verkäufer vom Strand, die dir gefälschte
Trikots mit „2“ Streifen am Ärmel als Original für 50 Euro verkaufen.
Also zurück Richtung Hotelanlage. Es beginnt kurz heftig zu gießen, ich
werde immer schneller. Außerhalb des Orts beginnen die Leute mich wieder
zu grüßen. Ein Kind, dass auf dem Rücken seiner Mutter getragen wird,
schreit mir „Jambo“ zu. Die ernst aussehende Mutter lacht sich kaputt.
Ich laufe vorbei an
den Feldern, wer weiß was da angebaut wird. Sieht aus wie bei "König der
Löwen", wo die Hyänen Simba in die Ferne vertrieben. Ich passiere eine
kleine Polizeiwache. Die Straßen haben einen besseren Zustand als
mancherorts daheim. Sicherlich kämpfen sie auf der Ferieninsel nicht mit
Eis und Frost. Nach 39min bin ich so nass wie nie, selbst Schuhe
und Socken kleben an mir. War das ein Regen! Allerdings ein angenehm
warmer. Und schon geht's weiter: es schüttet erneut aus allen Rohren. In
der Anlage drehe ich noch meine gewohnte Runde, vorbei an den Wohnblocks
runter zum Strand, einen Steg entlang und 50 Treppenstufen zurück nach
oben.
Nass aber glücklich
angekommen merke ich erstmals, dass das Laufen hier richtig Spaß machen
kann. Außerdem habe ich eine tolle Ehefrau. Bereits an Tag 2 meint sie,
ob ich zweimal am Tag laufen möchte? Aber ehrlich... nee, es sind die
Flitterwochen!
Zu meinem 4. Lauf
über 1:19 h und 14,8 km verlasse ich wieder das Hotel, aber diesmal
gleich nach rechts. Bis zu einem weiteren Hotel, dann ist an einem Busch
Endstation. Also zurück nach Stown Town, der größten Stadt Sansibars mit
800.000 Einwohnern. Nachdem lange nur kleine Häuser zu sehen sind, kommt
das Meer wieder zum Vorschein. Ein Junge macht sich einen Spaß,
begleitete mich ein paar Meter und ruft dabei laut "Pole Pole“, sodass
es seine Freunde hören. Dabei zieht er die Knie sehr hoch, als würde er
zum 100-Meter-Lauf ansetzen. Ich nehme es belustigt und laufe meinen
Trott weiter. Heute grüßen mich wieder mehr Leute. - Es ist warm aber
ich halte einen 5:30er Schritt, am Ende etwas schneller. Geht heute
vielleicht doch ein 30er? Ich versuche mich wieder auf meinen
Trainingsplan zu konzentrieren. Für morgen steht ein ruhiger
20min-Dauerlauf an.
Diesen Kurz-Lauf
absolviere ich mit Flavio, einem Schweizer, den wir mit seiner Frau Anja
bei einem Insel-Tripp kennenlernten. Nach drei Runden im Hotelarenal
(4km in 22:30) ist Schluss. Am nächsten Morgen will ich die 32km
angehen, geht aber nicht. Gestern hatte ich mir eine Risswunde am Fuß
zugezogen, die blutet und schmerzt. Ich bin beim Spazieren bei Ebbe in
eine scharfe Muschel getreten. Nachmittags, nach dem verregneten Morgen
und Mittag sind meine Frau Selina und ich nur am Nörgeln und Kappeln.
Sie meint, dass ich endlich laufen gehen soll. Dabei drehe ich 18 mal
die gleiche 1,3km lange Runde, runter zum Strand, einen Steg entlang,
hinterm Restaurant bis zur Rezeption ein guter Anstieg und wieder nach
unten zum Strand. Alle 5 km tanke ich Wasser in unserem Zimmer
(natürlich zu wenig). 23 km in 2:13 h, ohne die Schmerzgrenze zu
überschreiten... -
Es sollte mein letzter
Lauf hier bleiben, da die Wunde doch schmerzt und ich meinem Körper ein
wenig Ruhe gönnen will.
Läufer und Urlaubslektüre |
Direkt am Indischen Ozean... |
...drehe ich viele meiner Runden |
Ich
trainiere nach einen Trainingsplan von RunnersWorld für meine 3.
Teilnahme am FS-Marathon. 2004 bin ich als 20jähriger 4:30 h ohne viel
Training gelaufen, als Fußballer. Immerhin konnte ich die 1000m unter
3min laufen. Mein Ziel 3:45 hatte ich natürlich nicht geschafft. 10
Jahre später 2014, mittlerweile kein Fußballer mehr, aber Hobby-Läufer
geworden, trainierte ich und finishte in 3:55 h. Ich bekam richtig Lust
zu laufen, langsam wird’s.
Diesmal schaffe ich im 3. Anlauf meinem Heimat-Marathon in 3:42 h. Der
Zieleinlauf ist 50m neben meinem Elternhaus. Es war wieder ein tolles
Erlebnis und hat mir gezeigt:
Auch wenn Flitterwochen kurz vor dem Marathon sind, trainiert werden
muss trotzdem.
Selina |
Vielen Dank an meine
Frau Selina für die jederzeit tolle Unterstützung!
Euer Michael
|