Gottfried,
Laufpoet und Laufphilosoph, Zugläufer 4:45
Stunden schreibt:
Hier mein
Gedicht - spontan im Büro entstanden, gestern...
Das ist so die Quintessenz des Laufens, wie wir es wohl verstehen.
Was ich meine, wenn ich vom Laufen
rede:
Laufe mit deinen Atem, laufe ihm
nicht davon und du wirst sehr weit laufen können.
Laufe allein, um so mit
deinem eigenen Atem in der Stille die Schwerkraft aufzuheben, immer
ein bisschen mehr.
Laufe mit deinem Hund,
damit er dir zeigt, aus welchen Stoffen deine Geduld genäht werden
soll.
Laufe mit deinen Freunden,
um so die Frage deines Mitseins ein wenig besser zu verstehen.
Laufe,
um im Hiersein dein Glück zu finden, Splitter um Splitter.
Laufe immer mit Dir, dein Dusein ist
so vollkommen.
Laufe ohne Grund, schau
auf den gedehnten Augenblick, laufe ohne Not.
Laufe ohne Jemandes Konkurrent zu
sein.
Laufe mit deinem Atem, akzeptiere
das Vergehen, sehne dich nach den Sternen.
Anita,
die engagierte Down-Syndrom-Laufprojekt
Managerin, die mit Besenläufer Hannes "Mauerhannes" lief und als Letzte
ins Ziel kam
beschreibt das so:
In den letzten
Wochen war völlig klar, dass ich keinesfalls wieder beim Fränkische
Schweiz Marathon starten wollte. Je näher das Wochenende rückte um so
unentschlossener wurde ich. Quasi in letzter Minute am Donnerstag Abend
war mir klar, dass ich selbstverständlich doch wieder an den Start gehen
werde. Mauerhannes besorgte mir noch schnell eine Startnummer. Auf der
Strecke hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und Sinnieren. Über die
Marathonis,
das Laufen an sich und wie das eigentlich ist, wenn man (oder Frau)
nicht so richtig mithalten kann mit dem was die Gesellschaft vorgibt
oder im Durchschnitt schafft.
Aber erstmal zu
unserem Mauerhannes (Besenläufer). Er hatte 2010 irgendwie keinen Platz
im Zugläuferteam gefunden, von den Marathonis war auch niemand am Start,
den er begleiten konnte und so bot er sich als Besenmann an. Mit einem
Besen im Rucksack und einem lustigen Luftballon kam er an den Start.
Kaum über die Startlinie gelaufen, wurde er schon interviewt, was denn
genau seine Aufgaben wären. Er muss die Marathonläufer ins Ziel kehren,
damit die Strecke wieder sauber ist :-) Nun gut, wir Läufer hinterlassen
ja in der Tat eine Menge Müll, aber dass sogar wir Marathonis entsorgt
werden müssen? Aber so ist es nun mal. Mit viel Humor und bester Laune
machte er sich an seine "Arbeit". Er erwies sich besonders als
Unterhalter der Zuschauer, die ihn freudig begrüßten. Das ist beim
Franken nicht unbedingt normal und Mauerhannes grüßte stets und
freundlich zurück. Wir anderen Läufer nehmen ja nur all zu oft die gute
Stimmung an der Strecke gerne an aber sind irgendwie nicht in der Lage
recht viel zu erwidern. Aber das sowohl auf der Strecke als auch im
Läuferfeld überwiegend Franken waren, hat sich darüber heute zumindest
keiner wirklich gewundert. Wie heißt es so schön: "Passt scho".
Über die Marathonis: Letztes Jahr hatten wir ja in letzter Minute
ein Team gebildet. Von unseren Marathonis waren Carolin Kögel und
Konstantin Thiel bis Kilometer 16 auf der Strecke. Beide haben dem
Besenwagen ein wenig Geduld abgefordert, aber sie sind tapfer ins Ziel
gekommen. Für Carolin war es 2009 der Schlüssel zum erfolgreichen
Halbmarathonlauf zwei Wochen später mit Coach Marliese Lifka in
Karlsruhe. Ja und dann dachte ich noch an dies und das und dass es uns
nun schon sehr lange gibt und das ist gut so!
Über das Laufen an sich: Laufen pur erleben kann man im Training,
noch besser finde ich bei einem Landschaftslauf wo es in die weite Natur
geht. Sich die Landschaft immer wieder verändert und neue Perspektiven
ergeben. Mit meinem MP3 und meiner Sonnerbrille war ich teilweise für
viele Minuten wie in Trance. Ich spürte meinen Körper, die Beine, den
Wind an der Nase, hört die Musik und sah mir die anderen Läufer an,
zumindest solange ich noch welche vor mir hatte. Das änderte sich
schlagartig in Ebermannstadt wo die ganzen Staffelläufer und 16
Kilometerläufer aussteigen und auf einmal war ich mitten im Wettkampf
fast alleine. Nur noch hinter mir der Besenwagen und neben mir
Mauerhannes. Nach ein paar Kilometer hörten wir die Vögel zwitschern
und die Beine machten einen Schritt nach den anderen. Diese Phase war
jäh zu Ende als uns die ersten Zielläufer entgegen kamen. Die ersten
haben wir angefeuert und die anderen kannten wir fast alle. Ein Marathon
in der Nachbarschaft bringt es mit sich, dass auch viele Freunde auf den
Beinen sind. Ab Kilometer 25 wurde es richtig dicht mit dem
Gegenverkehr. Mauerhannes verabschiedete sich vorübergehend von mir um
zu sehen wer sonst noch so vor uns ist und er fand seine Aufgabe. Zwei
Damen waren über seinen Beistand dankbar und ich hatte nun wirklich nur
noch das Abschlussfahrzeug hinter mir und sah keinen Läufer mehr vor
mir. Das Abschlussfahrzeug immer in freundlicher, unaufdringlicher und
sicherer Distanz.
Und dann kamen mir die Gedanken wie das eben so ist, wenn man
nicht die Norm der Gesellschaft erfüllt, nicht mithalten kann bei
Vorgaben und den Durchschnitt auch nicht schafft: Die Beine machten
einen Schritt nach dem anderen. Erst rechts, dann links, dann wieder
rechts. Ein schönes Gefühl fast wie schweben. Laufen ist ein schöner
Sport dachte ich mir immer wieder. Aber ich war nicht auf einem
Trainingslauf sondern mitten in einem Wettkampf, aber dennoch ganz
alleine. Aber es funktioniert gut. Das Abschlussfahrzeug nahm Rücksicht,
die Helfer bei denen ich mich für die Geduld bedankte, feuerten mich an
und ich lief immer weiter. Kilometer 33, 34, 35, bei 36 fragte mich
einer der Helfer was es wohl für einen Preis für den Letzten im Ziel
gibt. Wir sind in Franken meinte ich, entweder einen "Anschiss" oder
eine "Drummer Schelln" :-)). Der Helfer war verunsichert und meinte nur
ach so, schade. Die Beine liefen weiter und ich merkte, es geht. Ich
kann dabei sein, ohne den Durchschnitt zu schaffen, ich kann mitmachen
ohne die Norm des Zielschlußen zu erfüllen und ich kann mein Leben
genießen, auch wenn ich die Vorgaben der Gesellschaft nicht erfülle.
Schön dachte ich mir, wenn alle es respektieren, dann geht es. Und das
war wohl die schönste Erkenntnis dieses Laufes heute. Kurz vor dem Ziel
wartete Mauerhannes auf mich, der zwei Minuten zuvor seine Damen
wohlbehalten abgeliefert hatte. Ich hatte plötzlich Lust auf einen
Schlußsprint. Der letzte Kommentar von Mauerhannes, jetzt habe ich
gerade gedacht, da läuft Carolin, warum hast Du das gemacht`? Und ich
erwiderte, weil ich Lust hatte und weil sich das doch so gehört für
einen Marathoni :-)
Ach ja da war noch was, das mit dem erneuertem Respekt vor dem Marathon:
42,195 Kilometer sind lang, sie können anstrengend werden, sie können
aber auch viel Freude bringen und Lust machen wieder einen Marathon zu
laufen. Ich danke meinem Körper, dass er mir das ermöglicht. Und wenn
ich nun beim Veranstalter des Fränkische Schweiz Marathon nicht auf der
roten Liste, für überzogene Zielschlusszeiten stehe, laufe ich ihn
nächstes Jahr wieder! (Der Veranstalter hat sich gemeldet und mir
versichert, dass ich wieder laufen darf, auch wenn ich seine
veranschlagte Zielzeit nicht ganz schaffe. Also das ist doch Wort!) Ein
paar Fotos von der Strecke findet Ihr
im Webalbum.
Thomas,
Zugläufer 4:45 Stunden hat einen Bericht mit
vielen Fotos gemacht: "Der gezogene Zugläufer"
siehe hier +
der Film dazu
Bilder
(von Manfred Schwab)
Petra, Manfred und Dagmar... |
...am Start in Forchheim am Paradeplatz |
Sonne, man sieht es! |
Burgruine Neideck passiert man 2x unterwegs |
Ziel in Ebermannstadt mit Cheerleaders |
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Euer Erwin
Infos:
www.fs-marathon.de
Finisher: 300 Marathon + 125 Team-Marathon
Weitere "Team-Bittel" Fränkische-Schweiz-Marathon Berichte:
Erwin 2009
...und frühere Jahre von dort aus weiterblättern |
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