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Team Bittel  

Robert Wimmer, der Gesamt- und Tagessieger, links nach der 6. Etappe

Erlebnisbericht vom Spreelauf 2002 
– Robert Wimmer – 

Vater und Sohn laufen 420 KM in 6 Tagen

vom 13.8. - 18.8.02

Lauf Training

Literaturtipps zum Thema Laufen

  

Vorwort von Thomas Schmidtkonz

Robert träumt davon nächstes Jahr den bislang längsten und härtesten Lauf aller bisherigen Zeiten erfolgreich zu laufen: 
Den Transeuropalauf von Lissabon nach Moskau
So kam es ihm sehr gelegen, dass seit 2 Jahren in Deutschlands Osten eine der schönsten Landschaftsläufe entlang der Spree stattfindet.
Dabei sind in 6 Tagesetappen von der Mündung bis zur Quelle der Spree anspruchsvolle 420 km zu überwinden.
Er dachte sich, dass das doch ein idealer Vorbereitungswettkampf für das große Ereignis im nächsten Jahr wäre und meldete sich gemeinsam mit seinem Vater bei diesem interessanten Lauf an.
Wer ihn kennt wusste auch, dass er da sicherlich "vorne" mitmischen würde.
Ich selbst hätte aber nicht gedacht, dass es gleich ein Gesamtsieg mit neuem Streckenrekord werden würde.
Besonders freut mich aber, dass sein Vater, ein alter Ultramarathon-Hase, so manchen "jungen Hupfer" zeigen konnte, wie fit und jugendlich man sich auch im Alter beim Laufen halten kann. Er wurde 10. in der Gesamtwertung. Das ist schon eine beachtliche Leistung.

:-) Aber nun wünsche ich viel Spaß bei Roberts interessanten Bericht bei einem der großen Laufabenteuer Deutschlands...

Euer Thomas vom Team Bittel

Inhaltsverzeichnis

Einleitung 1. Tag
2. Tag 3. Tag
4. Tag 5. Tag
6. Tag [../../affili/text_krankenversicherung.htm]

Einleitung

Da mein Lebensziel als Läufer ist, beim Transeuropalauf 2003 mitzulaufen, kam mir die Idee als Test für dieses anspruchsvolle Ereignis am Spreelauf teilzunehmen.
Der Spreelauf führt von der Mündung der Spree in Berlin-Spandau zur Quelle im Kottmarwald in Eibau-Walddorf.
Dabei sind in 6 Tagesetappen 420 Gesamtkilometern zu überwinden.

In der Vorbereitungsphase konnte Hubert Schwarz und sein Performance-Team mich optimal auf diese Herausforderung vorbereiten.

1. Etappe: Berlin-Spandau – Neu-Zittau – 54 KM

So fühle ich mich fit, als ich am 13.08.02 um 9 Uhr zusammen mit meinem Vater, Peter Wimmer und 46 MitläuferInnen, am Spandauer Marktplatz bei strömenden Regen am Start stehe.
Mein Vater, ebenfalls ein ambitionierter Ultraläufer, der nun schon 64 Jahre alt ist, möchte mir nicht nur zuschauen, sondern die gemeinsame Leidenschaft auch bei diesem Lauf mit mir teilen.
Trotz des Regens herrscht eine tolle Stimmung und alle Teilnehmer sind voller Zuversicht.
Und schon fällt der Startschuss und das Gruppenerlebnis beginnt.
Auf der ersten Etappe bis nach Neu-Zittau haben wir 54 KM zu überwinden.

Da ich das Rennen taktisch angehe, halte ich mich auf der ersten Etappe bewusst etwas zurück, da ja der Sieg nicht auf den ersten 54 Kilometern, sondern auf einer Gesamtstrecke von 420 KM entschieden wird.

So habe ich etwas Zeit, die Strecke genießen zu können, welche uns im ersten Teil an großen
Sehenswürdigkeiten des Berliner Zentrums wie dem Reichstag und dem leider momentan eingehüllten Brandenburger Tor vorbeiführt.

Erst allmählich verlassen wir das Stadtzentrum mit seinen vielen Autos und Ampeln und laufen an schönen Alleen der Spree entlang.
Mittlerweile bin ich voll im Rhythmus und vergesse meine Umgebung mehr und mehr.
Ich denke über alles mögliche nach und genieße die fantastische Landschaft.

Die erste Tagesetappe beende ich schließlich als Fünfter in einer Zeit von 3:54:01.
Ich laufe zusammen mit dem Vierten, Jan Nabuurs, Möbelschreiner aus Holland ein.
Der Sieger, Karsten Sörensen aus Berlin wollte seine Hausetappe unbedingt gewinnen und war zwar 12 Minuten schneller.
Aber was sind schon 12 Minuten auf einer Strecke von 420 KM? Ich befinde mich in „Lauerstellung“ und wittere schon meine Chance. Die Muskeln sind noch locker und mal Sehen was der nächste Tag bringt.

Nachdem wir den naheliegenden Bäcker leergeräumt haben, stärken wir uns zusätzlich beim Abendessen im „Haus der Freundschaft“ a la Carte!

Die Schlafstätte wird in den nächsten Tagen eine Turnhalle im jeweiligen Zielort sein. Wer schnell ins Ziel kommt, ergattert auch noch eine Matte und spart sich das Aufblasen der Luftmatratze. 

2. Etappe: Neu-Zittau – Beeskow – 79.1 KM 

Der zweite Tag begann im Gegensatz zum Ersten mit traumhaftem Laufwetter bei Sonne und 23 Grad.

Ich laufe mit Henry Wehder, dem Ersten des letzen Jahres, Rene Strosny,  dem Vorjahreszweiten vom LV Bautzen und Jan aus Holland im flotten Tempo auf den ersten 20 KM. Ich starte mehrere Tempoantritte, um meine „Gegner“ mal zu testen.

Nach rund 30 KM laufen Rene und ich etwas zügiger und lassen die „Zwei“ stehen.
Wir überqueren zahlreiche Brücken der Spree und laufen meist im herrlichen Wald.

Nun sehe ich meine Chance für einen Etappensieg und ziehe an.
Bis ins Ziel in Beeskow hole ich so einen Vorsprung von 17 Minuten heraus und gewinne die Etappe in 5:58:09.

So ist gewährleistet, dass Bernd Albrecht, der Masseur und ehemalige Ultraläufer aus Schwalmstadt, mich als erster unter seine „Wunderhände“ nehmen kann. Diesen Service genieße ich in vollen Zügen und er sichert mir so auch lockere Muskeln für den nächsten Tag.

3. Etappe: Beeskow – Lübbenau – 83.9 KM

Heute steht die Königsetappe an. Wie am vorangegangenen Tag wird wieder in 2 Gruppen gestartet, um das Läuferfeld nicht zu weit auseinanderziehen zu lassen, was eine rationellere Streckenversorgung ermöglicht.

Es sind immer noch fast alle in Berlin gestarteten LäuferInnen dabei.
Das Wetter ist auch heute traumhaft und wird im Laufe des Tages auf bis zu 30 Grad ansteigen. Leider fehlen auf der heutigen Etappe meist schattenspendende Bäume.

Die ländliche Idylle ist einfach zum Genießen. Blauer Himmel, weite Wiesen und einige schöne Seen des Unterspreewaldes bieten eine gelungene Abwechslung auf den 84 Kilometern. 

Ich laufe wieder mit Rene und Henry auf den ersten 30 Kilometern, ehe ich mich entschließe, auf Jan Nabuurs aufzulaufen. Jan ist ein zäher Bursche, der schon beim Bergetappenlauf in diesem Jahr von Genf nach Basel einen vierten Platz belegte.

Zu zweit rollt es einfach besser und man hat ein wenig Unterhaltung auf „holländisch“.

19 KM vor dem Ziel wage ich einen Tempoantritt, um einen satten Vorsprung von  13 Minuten auf Jan rauszulaufen und in 6:48:41 zu gewinnen. 

So ist mir ein „First-Class“-Platz in der Turnhalle wieder sicher und auch für meinen Vater, Peter, kann ich so schon alles bereitlegen.
Er rangiert auf Platz 10 – 12 und lässt so manchen „Jungen“ auf den Etappen „alt“ aussehen.

Abends gibt es ein „5-Sterne-Büffet“ organisiert von Ingo Schulze, dem erfahrenen Veranstalter des Spreelaufes. Für uns ausgemerkelte Etappenläufer mit einem "Bärenhunger" ist das genau das Richtige.

Wir lassen alle gemeinsam den Abend gemütlich im Schulhof bei einem „Eibauer Schwarzbier“ ausklingen und erzählen uns von früheren Laufabenteuern.


4. Etappe: Lübbenau – Spremberg – 75.2 KM

Bei weiterhin sonnigem Wetter starten wir nach einem ausgiebigem Frühstück um 7 Uhr morgens auf eine weitere Langetappe von 75.2 KM. 

Die ersten Kilometer dienen der Muskellockerung und Standortbestimmung.
Der Spreewald mit seinen Fließbrücken und die Dämme der Deichkronen an der Spree sind ein faszinierendes Naturerlebnis und alleine schon ein Grund, an diesem in Deutschland einzigartigen Laufabenteuer teilzunehmen.
Unterwegs werden wir heute sogar mit einem Kuchenbüffet verwöhnt!
Ich laufe heute mit Rene Strosny und lasse Jan ziehen, dessen Schrittfrequenz der einer Nähmaschine gleicht.
Wir wissen, dass unsere Chance im gleichmäßigen Laufen besteht, um Jan wieder einzuholen.
17 KM vor dem Ziel ziehe ich wieder das Tempo an und überhole schließlich Jan.
Bis zum Ziel erkämpfe ich einen für mich beruhigenden Vorsprung von 5 Minuten gegenüber den Holländer und komme nun nach 5:54:32 unter die ersehnte Dusche.
Mein Gesamt-Vorsprung ist nun schon auf 34 Minuten angewachsen und so bin ich zuversichtlich, dass ich  den Spreelauf gewinnen werde.
Mein Vater lädt mich deshalb in die nahegelegene Pizzeria ein, wo wir gemeinsam das bisher Erreichte feiern.

5. Etappe: Spremberg – Bautzen – 77.9 KM

Die Spreequelle ist nun nur noch 128 KM entfernt und heute steht die letzte Langdistanz an.
Was für ein Gefühl, die Chance zu haben, so eine Lange Kante wie den Spreelauf schaffen zu können.
Wie gewohnt läuft Jan die ersten Kilometer vorneweg, um dann von uns bei passender Gelegenheit und Dank Renes konstanter Renneinteilung überholt zu werden.
Nun wird es doch sehr heiß auf der freien Strecke und ich ersehne die Verpflegungsstellen, die etwa alle 9 Kilometer kommen,  wie Oasen in der Wüste.
Das dicke Ende kommt heute aber noch. Vor Bautzen kommen nach rund 350 KM Flachstrecke die ersten Berge auf uns zu. Sie enden erst nach zäher Anstrengung beim Buttermarkt am Reichenberg.
Auf diesen letzten Metern muss ich Rene, den leichtfüßigen Bergspezialisten ziehen lassen und werde mit einem knappen Rückstand von 29 Sekunden Zweiter in 6:19:43 für die 77.9.
Ich belohnte mich mit einem alkoholfreien Bier am Marktplatz und warte auf meinen Vater, der wie immer konstant und erfahren die Strecke bewältigt. Beim Zieleinlauf fotografiere ich ihn.
Abends genießen wir ein Fußballspiel der örtlichen Spitzenmannschaft der Herren.

6. Etappe: Bautzen – Spreequelle Eibau/Walddorf – 50.5 KM

Heute ist der große Tag, den wir die Läufer, die Organisatoren und Betreuer 6 Tage ersehnt haben.
Ein rauschendes Spreequellfest bei herrlichem Sonnenschein wartet auf uns.
Die heutige Etappe hatte deutlich mehr Profil als die vorangegangenen 370 Kilometer.

Seit Bautzen sind Steherqualitäten gefragt. Den Zieleinlauf muss man sich besonders hart erkämpfen. Ein etwa drei bis vier Kilometer kräftiger Anstieg muss bewältigt werden.
Ich ziehe nach 21 KM den anderen davon, weil ich trotz meines beruhigenden Vorsprunges in der Gesamtwertung auch die Schlussetappe gewinnen möchte.
Nachdem ich mich aber an einer schmalen Abzweigung verlaufen habe und so 8 Minuten Vorsprung zunichte gemacht habe, beschließe ich mit Rene gemeinsam ins Ziel zu laufen.

Nach 3 Stunden und 52 Minuten laufen wir gemeinsam Hand in Hand ins Ziel und lassen uns von den mehr als 1000 Zuschauern begeistert feiern.
Bei diesem Blitzlichtgewitter komme ich mir vor wie Michael Schumacher.

Ich siege in neuem Gesamtstreckenrekord von 32:43:01 (Verbesserung 56 Minuten) und 33 Minuten Vorsprung vor dem zweiten Rene Strosny. 
Jan Nabuurs aus Holland wird Dritter

Beim Spreequellfest kommt nun jeder Finisher auf seine Kosten und kann schlemmen wie „Gott in Frankreich“.
Die Siegerehrung findet in würdigen Rahmen statt und jeder Einzelne wird gebührend geehrt.

Mein Vater und ich sind trotz des Angebots beim Fest nicht satt zu kriegen und so gehen wir noch runter ins Dorf Eibau, um erneut ein Menü unserer Wahl zu verdrücken. Ja der Kalorienbedarf bei so einem Lauf ist immens!
Dort treffen wir die befreundeten Läufer Werner Selch und Franz Häussler mit Anhang, mit denen wir einen gemütlichen Abend verbringen.

Auf dem Nachhauseweg im dunklen Wald überrascht uns meine Frau Uschi, die spontan beschlossen hatte uns mit dem Auto abzuholen. 
Wir wollten zwar mit dem Zug zurückfahren, aber durch die Jahrhundertflut ist der Dresdener Bahnhof geschlossen. 
So überlegte Uschi nicht lange und fuhr die 450 KM um Shuttle für uns zu spielen, ohne dass Papa und ich damit gerechnet hätten.

Dies war ein besonders freudiger Abschluss unseres Laufabenteuers.

Mein Dank gilt abschließend allen Helfern, Betreuern, dem Veranstalter Ingo und seiner rührigen Frau Inge und allen Mitläufern, die sich sehr um mich als Debütanten bei so einer Herausforderung gekümmert haben.

Ich kann jedem gut trainierten Läufer nur empfehlen, mal bei so einem Etappenlauf mitzumachen und freue mich schon auf meine nächste große Herausforderung –  mein Lebensziel im Laufen: Dem Transeuropalauf von Lissabon nach Moskau...

Infos

Links:

Offizielle Website des Spreelaufs
Anzahl Teilnehmer: 65 gemeldete Teilnehmer
Anzahl Finisher: 34 Männer und 6 Frauen konnten in die Gesamtwertung kommen
Beste Männer: 1. 5 Robert Wimmer SC Roth 1952 / Team Bittel 32:43:01 
2. 11 René Strosny Bautzener LV 33:16:20 
3. 21 Jan Nabuurs Verenigte De Kreien Uden 33:46:47 
Beste Frauen: 1. 24 Simone Stegmaier LG Nord Berlin 48:05:09 
2. 1 Heike Pawzik LG Nord Berlin 49:43:46 und 3 Cornelia Bullig LG Nord Berlin 49:43:46 
Letzter Läufer: 65:14:22
Wetter: 1. Tag regnerisch, dann meist recht heiß
Schulnote Gesamteindruck 1

 

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