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Der Swiss Alpine Marathon ist mit seinen über
2300 Höhenmeter, die auf 78,5 km aufwärts und auch wieder abwärts zu
überwinden sind, einer der härtesten Alpenläufe. Auch
die organisatorische Leistung der Veranstalter, die eine fast 80 km lange
Strecke (mit den verschiedenen Routen wohl an die 100 km) organisieren
müssen, ist einzigartig. Aber nun zu Erwins und Thomas Erlebnissen und Abenteuern auf dem Swiss Alpine Marathon K 78... |
Thomas
und Erwin kurz vor dem Start... |
Erwin:
Anreise |
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Die Nudelparty am Abend davor |
Wie die vielen anderen Läufer des Zeltplatzes gehen wir bald ins Bett, in die warmen Schlafsäcke. Beruhigend plätschert der Gebirgsbach zwei Meter direkt neben unserem Zelt. Davos ist ein herrlicher Platz. Es gibt hier sehr viel Energie. Wir sind auf etwa 1.600 m Meereshöhe. Frische Luft, grüne Hänge, enge Täler, hohe Berge, schneebedeckte Gipfel, dichte Wälder, weite Wiesen, ein kleiner See. Und angenehme Zeitgenossen die morgen mitlaufen. |
Thomas:
Letztes Jahr machten meine Frau und ich Urlaub in der
Schweiz. Bereits 5 Tage später fahr ich freitags wieder in die schöne Schweiz.
Zwischen Landquart und Davos freue ich mich über die Steigungen an der
Fahrstrecke, wo ich 6 Jahre zuvor in die Schweiz geradelt war und ich dann
über den Flüela Paß weiterfuhr. |
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Im Hotel angekommen relaxe ich etwas und rufe
dann Erwin, der gerade in Landquart ist, per Handy an und machen einen
Treffpunkt bei der Startausgabe aus.
Kurz nachdem ich mir dort meine Unterlage geholt habe, kommen mir schon
Floricel und Yilian erfreut entgegen gerannt um mich zu begrüßen. |
Blick aus meinem Hotelzimmer |
Nach diesem interessanten
Gespräch mit Birgit begeben wir uns zur Nudelparty im Eisstadion. Da die
Nudeln nicht mehr ganz al dente sind spül ich sie mit einer Dose Bier
herunter. Ich hoffe, dass das Bier hilft, damit ich die kommende Nacht mit
meiner Aufregung besser schlafen kann. Um meine Aufregung zu verdecken, versuche ich Erwin weiß zu machen, dass Bier ein isotonisches Getränk ist und daher zur Vorbereitung von Ultraläufen unabdinglich sei. Na ja er wird sich seinen Teil dazu gedacht haben... Trotz alle dem schlafe ich in der Nacht nicht so toll und bin froh als ich dann gegen halb sechs doch ganz guter Dinge aufwache... |
Erwin:
Vorbereitung |
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Vor dem Start Ausreichend vor dem Start piepst am Morgen mein Wecker. Katzenwäsche. Ich bin fit, aber meine Sinne sehen das noch nicht ganz so. Es ist kalt, 8 Grad. Ich ziehe mich warm an und während die beiden Mädels etwas frühstücken baue ich das nasse Zelt ab. Wir fahren zum Start und parken direkt dort. Glück gehabt! Ich laufe mich 10 min. warm durch die noch leere Hauptstrasse. Gänsehaut durchflutet mich. Respekt vor dem Ereignis. Konzentration. Ich kehre zurück zum Auto, die ersten Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht. Viele aufgeregte Organisatoren wuseln herum, die ersten Läufer mindestens ebenso. Floricel und Yilian sind auch etwas aufgeregt. Noch 45 Minuten. Ich ziehe meine Laufsachen an. Ich wage ärmelloses Shirt und kurze Hose, Cappie sowieso. Der Himmel ist wolkenlos. Ich friere noch, doch ich spüre es wird sehr warm werden. Ein Hitzelauf. Heute nur mit Sonnencreme und Sonnenbrille. Und keine Jacke. All das sollte goldrichtig sein! |
Am Startgelände: Floricel, Erwin und Yilian |
Schön, dass Thomas und wir uns
noch vor dem Start treffen! Es ist nicht einfach im Gewimmel. Ich mache
ausführlich mehrmals „Rosa B.“ im Schatten. Gymnastik. Thomas entscheidet sich gerade mit welcher Ausrüstung er starten will. Er
sprintet um uns herum, mal mit Rucksack, mal ohne, mal mit Jacke, mal
ohne. Alpen haben ein tückisches Wetter, das weiß jeder der
alpenerfahren ist!
5 min vor dem Start reihen Thomas und ich uns ein unter
die vielleicht 2.000 Läufer von K78 und K30. Musik, Aufregung, Gewusel,
und ein Knall aus der Pistole direkt neben mir. |
Thomas:
Kurz nach sechs gehe ich frühstücken. Zu spät sehe ich, dass es
sogar Nudeln zum Frühstück gibt. Ein spezieller Service für die
Läufer. |
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Wir begeben uns nun ins Stadium und werden dabei Zeuge des fulminanten Starts der Mountain Biker beim Team Wettkampf: | Ich mache dann noch ein Foto der nun bereits angetretenen Läufer vor der Startlinie und verliere dabei Erwin: |
Da ich Erwin nicht mehr finden
kann, ordne ich mich nun ganz hinten ein, da ich es ja ohnehin nicht eilig
habe. Ich möchte ja gerne so eine Art Reportage zum Lauf machen. Zu meiner Belustigung sehe ich da einen K78 - Teilnehmer mit Husky. Seinen Chip hat er nicht wie vorgeschrieben an seinem Bein festgemacht sondern am Hund befestigt. Wer kommt da nun in die Wertung? Herrchen oder Tierchen? |
Da ich so mit Mensch und Tier und meinem Fotoapparat beschäftigt bin, vergesse ich doch glatt beim überraschend kommenden Startschuss meine Stoppuhr zu drücken. So zeigt nun meine Uhr etwa 30 Sekunden zu wenig an.... |
Das Startfeld von hinten gesehen. |
Erwin:
Start |
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Los geht’s!
Wir laufen zusammen mit den 831
K30-Startern durch die Reihen rufender und applaudierender Zuschauer. Es
geht etwas bergauf im Ort. Ich laufe frei und ruhig, der Start war wie ein
Windhauch von hinten der mich auf die lange Strecke treibt. Ich gehe in
mich. Konzentration. |
Nach dem ersten Anstieg bei der Längmatte geht es wieder bergab |
Aber schon folgt der erste harte Anstieg nach Monstein bis Kilometer 16 |
– Ich folge den weißen Coop-Fähnchen, die
im Boden stecken, an Bäumen hängen. Ich bin in Gedanken irgendwo, nicht
hier. Alle 5km treffe ich eines dieser orangefarbigen km-Schilder am Boden, unsere Markierung. Wald, Wald, Wald. Enge Pfade manchmal. Meine Blicke ziehen durch dieses enge Tal. Seit der letzten Verpflegungsstelle weiß ich was „Iste“ ist: „Eis-Tee“. Aha! Aber Wasser ist mir lieber. Ich denke an ein paar Freunde, die irgendwie gerade gedanklich mit mir laufen. Und an Berghexen. Irgendwie sehr bald kommt km30: Filisur. Bis hierher kenne ich die Strecke. Die Sonne beginnt zu brennen, ich bin etwa 2:30 h unterwegs. Ich fliege am Ziel der K30 vorbei, erinnere mich an mein erstes Mal hier, schmunzle in mich ob des Schwyzer Humors, trinke und ab geht es in unbekannte Welten. Feldwege. Manchmal ist es schwierig den Weg zu finden, denn vor mir läuft niemand mehr. Hoppsa, auf einmal bin ich alleine! ... |
Thomas:
Nach knapp 2 Minuten überschreite ich als einer der Letzten die Startlinie. |
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In der Stadiumschleife albere ich mit den Zuschauern, da ja auf den folgenden 80 Kilometern nicht immer mit einer solchen Anhäufung von Menschenmassen zu rechnen ist und schieße ein Foto von ihnen: | Ich laufe sehr locker los. Als erstes machen wir eine kleine Schleife nach Davos Dorf, bevor uns die "Bergstraße" zurück nach Davos Platz und weiter Richtung Filisur führt. Ich werde aber durch meine Kamera genervt, da sie dauernd gegen meinen
Oberschenkel knallt. |
Die Davoser Zuschauer feuern uns schon so früh am Morgen fröhlich an: | Als wir Davos verlassen, wird das Wetter etwas kühler und die Straße führt
meist angenehm bergab. Ja so leicht kann das Leben und der Swiss Alpine sein. Da kann man ja richtig Tempo
machen!
Nach knapp 8 Kilometern geht es bei der Lengmatte endlich bergauf: |
Die Stimmung im hinteren Feld ist gut und
ausgelassen. Gemütlich trotten wir vor uns hin und genießen die schöne
Landschaft. Die Markierung für Kilometer 10 passiere ich nach einer guten Stunde in 1:03 und liege voll in meinem Plan. Beim nächsten Anstieg beginnt der Ernst des Lebens. Die nächsten 4 Kilometern führen uns meist mehr oder weniger bergan bis nach Monstein. Der erste Anstieg ist aber sehr schattig und macht das ganze einfacher: |
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Traditionell wird man im winzigen Ort Spina
besonders heftig begrüßt:
l |
Die Kuhglocken heizen uns mächtig ein und so ist der nächste Anstieg nur noch ein Spiel |
Nun endet auch der Asphalt und unsere Füße, die uns noch so weit tragen müssen, dürfen erstmals einen anderen Untergrund berühren. |
Blick zum Landwassertal hinunter, wo man ganz unten in Konturen bereits die Schlucht erkennen kann, wo wir später durch müssen |
Nun führt ein schöner Weg durch schattigen
Wald und überquert auch mal eine Geröllhalde. Ich muss einen kleinen Stein aus meinen Schuh entfernen. Da ich mich dabei kurz hingesetzt habe, tun mir plötzlich meine Oberschenkel etwas weh. Erst als ich wieder etwas in Fahrt bin vergeht das wieder. Aber nun nervt schon wieder meine Kamera, die mir dauernd gegen das Bein knallt. Ich überlege ständig wie ich die besser festmachen kann. Ich verwende schließlich eine Sicherheitsnadel von der Startnummer, um die Jackentasche an einem meiner Gürtel zu fixieren. Auch das hilft nicht. Schließlich haben wir unsere erste größere Passhöhe erreicht und nun
geht es steil zum hübschen Ort Monstein bergab. Frisch gestärkt geht es nun auf einer Straße steil bergab. |
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Wir zweigen links auf einen hübschen
waldigen Fahrweg ab, der uns endgültig hinunter ins Tal führt. Dort geht
es nun durch einen der ersten Höhepunkte des Laufes, nämlich durch die
imposante Landwasserschlucht. Dabei müssen wir zwei Tunnel durchqueren, in denen es sehr dunkel ist und zur Markierung des Weges Kerzen aufgestellt sind. Man sieht dabei nicht den Untergrund auf den wir nun fast blind laufen. Ein komisches fast bedrückendes Gefühl. Längs von tost unter uns das Wasser der Landwasserflusses. |
Vor dem ersten Tunnel in der Landwasserschlucht |
Wir überqueren nun den Landwasserfluss auf dem 88 m
hohen Wiesener Viadukt:
Hier "fliege" ich über den Viadukt |
Blick vom Wiesener Viadukt hinunter |
Auf dem Viadukt müssen wir lächeln, da wir
fotografiert werden. Endlich kann ich auch mein Problem mit dem Kameratransport halbwegs lösen. Zu meinem Glück habe ich doch ein leichtes Schutztäschchen für die Kamera mitgenommen, wo sich sonst die Kamera immer befindet. Ich mache das nun am Gürtel fest und fixiere es zusätzlich mit der einen Sicherheitsnadel. Mit meiner Jacke, die ich um mich gebunden habe dämpfe ich zusätzlich die Schwingungen ab, die sich beim Laufen ergeben. Dort stecke ich nun immer meine Kamera rein, wenn ich sie nicht ohnehin in der Hand trage. Problem gelöst. Ich atme auf. Der folgende Wanderweg führt uns stark bergaufwärts durch einen Bergwald. Dann geht es bergauf und bergab bis ich schließlich nach 2:48 Kilometer 25 passiere. Streckenmäßig also schon fast ein Drittel geschafft. Zeitmäßig sollte es aber nicht einmal ein Viertel sein! Kurz dahinter erreichen wir auf einer hübschen Lichtung die nächste
Passhöhe. Von nun an geht es erst einmal lang und recht steil berg ab.
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Kurz vor Filisur |
Nun zieht sich die Strecke noch
erstaunlich lange durch das lang gestreckte und verwinkelte Filisur. Um uns
schon die Nähe des K30 - Zieles zu suggerieren, haben die Veranstalter
schon ein etliches Stück vor dem K30 - Ziel Lautsprecher aufgestellt, wo
wir den Ansager der Zieleinläufe hören.
Endlich, nach einer Kurve, sieht man das Ziel, wo die K30 - Teilnehmer nach 30,8 km links von uns abbiegen dürfen. Plötzlich wird es einsam um uns. Was so wenige K78er sind noch bei mir
erschrecke ich. Ein einzelner Läufer neben mir sagt: "Nun wird es einsam
und auch die Zeit knapp". Ich blicke erstaunt auf und sage mit den knapp
3:30 Stunden liegen wir doch noch ganz gut im Rennen. |
Erwin:
Dann geht es unweigerlich bergauf. Asphalt, der schon warm wird, die
Füße weich macht. |
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Eine Biegung nach der anderen. Ich weiß, dass
es unendlich lange bergauf gehen wird. Meinen Bergauf - Rhythmus finde ich
schnell. Ich spüre jeden Herzschlag deutlich. Ich höre mich atmen.
Plötzlich überkommt mich eine Gänsehaut und ich sage leise vor mich
hin: „Okay, Löwenherz, jetzt geht es los!“ Ab und an treffe ich jemanden im Vorbeigehen. Still und in sich versunken wie ich. Ich fühle mich gut aufgehoben unter diesen Leuten. Irgendwie sind wir uns sehr verbunden, auch wenn wir keine Worte wechseln oder uns ansehen. Es ist anstrengend und ein jeder achtet hochkonzentriert nur auf sich. – Ich blicke manchmal ziellos nach rechts in die Weite und genieße den Blick. Die Berge. Meine Gedanken ziehen weite Kreise: die Alpen und ich. Kann ich mit den Bergen eins werden? Km 39: Bergün. Es ist Zeit etwas zu essen. Zwei Stück Banane. Ich kaue sie gründlich, um Magenbeschwerden vorzubeugen. Die fast 1.000 K42-Läufer laufen sich warm, der Ort wimmelt vor Läufern, die mich ungläubig ansehen. „Noch 10 min bis zum Start“ höre ich beim Verlassen des malerischen Ortes. |
Auf der Albulapass-Strasse von Filisur nach Bergün. rechts oben verläuft die Straße weiter |
Km 45. Ich bin weiter in mich versunken. Doch
plötzlich wird es sehr steil und ich kann nur mehr gehen. Ich nehme es
wie es ist. Gut, dann gehe ich eben. Die Waldpfade wechseln zu rutschigen
Steilwegen mit Steinen und Brocken. Steigungen die nicht enden wollen. Und
es wird kühl.
Die ersten K42-Läufer ziehen zügig an mir vorbei, haben jetzt 10 bis 15 km hinter sich. Ein Drittel, denke ich mir, da ergeht es den meisten sicher noch prima. Es wird immer steiler, ich stütze mich auf meine Oberschenkel beim Gehen, versuche meinen Rücken zu entlasten, der sich bemerkt macht. Und langsam spüre ich wie die Luft dünner wird. Endlich: km 51, die Kesch - Hütte. Oh war das ein Aufstieg! Wir sind auf
2.632m. Das Atmen fällt mir schwerer als sonst. Ich trinke zwei Becher
und setze mich erst mal auf eine dieser vielen Milchkannen, die da
herumstehen. Wieso eigentlich? Der Gedanke verdunstet schnell.
Anstrengung, blendende brennende Sonne und diese dünne Luft! Ich frage mich eine Weile lang, ob ich nach dieser langen Marschier-Strecke wieder laufen kann? |
Auf dem Weg zur Keschhütte, die ganz hinten liegt wo man die grauen Berge sieht |
In rauer Hochgebirgslandschaft in der Mitte oben die Keschhütte |
Noch links rum und schon ist es nicht mehr weit bis zur Keschhütte |
Thomas:
Wir verlassen nun Filisur und biegen zuerst rechts auf einen Fahrweg ab,
der uns durch ein liebliches und schattiges Tal leicht bergan führt. |
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Leider endet dieser süße Traum jäh, als wir
uns auf die Albulapass-Straße begeben müssen. Hier prellt die Sonne
gnadenlos auf den Asphalt und unsere Häupter.
Die Sonne so gnadenlos, aber die Landschaft so erhaben. Kurz danach komme ich mit einen Läufer aus Krakau ins Gespräch, der so wie ich die Landschaft genießt und ein Foto nach dem anderen schießt. So überwinden wir gemeinsam ohne Probleme dieses problematische Stück, mit dem andere so kämpfen mussten.
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Mein Bekannter aus Krakau fotografiert die hübschen Berge und ich die die dramatische Engstelle die kurz dahinter folgt |
Immer wieder gucke ich in die Tiefe der Albula-Klamm:
Endlich nach der dramatischsten Engstelle, wird
die Straße flacher und vor uns liegt schon Bergün. |
Meine Bekanntschaft aus Krakau lässt sich noch mehr Zeit und nimmt
noch eine Brotzeit zu sich. Später wird er mich wieder überholen. Aber nun verabschieden wir uns erst einmal voneinander. In Bergün erwarten uns bereits etliche Zuschauer und ein Sprecher gibt
die Namen jedes einzelnen Teilnehmers durch und zollt uns Respekt.
Zur Stärkung nehme ich hier in Bergün gerade einen Schluck aus dem Fläschchen |
Nun geht es durch das hübsche Tal Val Tuors
in Richtung Chants immer relativ leicht und angenehm bergan. Hier mache ich die Bekanntschaft mit einem schweizerischen Läufer, der über die Hitze klagt. Wir verstehen uns sogleich glänzend, da ich auch Kälteläufe liebe und daher meist schönstes Wetter bei meinen Wettkämpfen habe. Trotz mancher Verständigungsschwierigkeiten mit dem Schwyzer Dütsch erfahre ich folgendes: Er macht normalerweise nur die Schweizer Militärwettkämpfe, wo es gerade mal 11 Stück im Jahr gibt und man so nicht wie bei den "Zivilwettkämpfen" den Überblick total verliert. Der längste dieser Wettkämpfe geht übrigens auch über die Marathondistanz. Er erzählt mir auch von den 100 km in Biel, was mich recht interessiert. Schließlich trenne ich mich von ihm, da ich wieder
laufen will und er momentan lieber geht. Ich sage: Es kann gut sein, dass
wir uns wieder treffen. Insgeheim hoffe ich natürlich ihn nun gnadenlos
abzuhängen ... |
Auf den hübschen Weg nach Chants |
Einmal müssen wir ein kurzes Stück einen
steilen Weg hoch, wo eine Bank steht. Dort sitzt ein Läufer. Als ich an
ihm vorbeilaufe, sagt er zu mir: "Guck dich mal um!" Und siehe da: Ich erblicke eine der schönsten Bergkulisssen des ganzen Laufes. Es tut sich ein herrlicher Blick auf den verschneiten Piz Ela auf. (Leider kann ich kein Foto präsentieren, weil das Foto nichts wurde) Er sagt, er läuft nun schon zum 10. Mal mit und jedes Mal macht er an dieser Stelle eine Pause. Nach etwa 47 Kilometern erreichen wir den winzigen Bergort Chants. Gemütlich laufe und gehe ich nun auf einen Fahrweg, der durch einen hübschen Bergwald führt bergan. Schon bald erreichen wir eine Verpflegungsstelle. Gleich dahinter droht ein extrem steiler Bergweg. Ich stärke mich noch einmal in aller Ruhe und frage wie hoch das ganze
liegt. Ich bekomme 1950 m als Antwort. Also sind auf den nächsten knapp 5
Kilometern 700 Höhenmeter bis zur Keschhütte zu überwinden. |
Hinter Chants geht zuerst noch ein angenehmer Fahrweg bergaufwärts |
Trotzig sage ich laut: "Super, jetzt geht es zur
Sache".
Ein Mitstreiter guckt mich verständnislos an. Normalerweise hätte mir dieses harte Stück
nicht so viel ausgemacht, da ich
in den 3 Wochen Schweizurlaub durch Bergwanderungen mit schlimmeren Wegen
abgehärtet wurde und ich so was ohnehin nur langsam angehe. |
Der steile Weg bergauf. Ein Teilnehmer des Teamwettkampfes im Vordergrund hat es schon hinter sich und geht wieder bergab |
Endlich überwinden wir die Baumgrenze: | Besonders freue ich mich, als wir endlich die Kilometermarke 50 erreichen: |
Und die hochalpine Landschaft wird immer dramatischer und die Vegetation immer karger: | Und endlich kommt die Keschhütte erst ganz fern und dann immer näher zum Vorschein |
Als ich die Passhöhe in 2632 m Höhe erreiche,
fegt mir ein eiskalter Wind entgegen. Gut dass ich meine kurzärmelige
Schutzjacke dabei habe.
Als ich beim Checkpoint einlaufe, fegt eine Sturmböe mir doch glatt mein Cap vom Kopf. Der Sprecher bei der Keschhütte kommentiert das ganze gleich humorvoll. Ein Doc fragt mich so wie jeden anderen, ob bei mir alles ok sei. Ich kann dies nun wieder
mit halbwegs guten Gewissen bejahen. Hinter der Keschhütte besteige ich einen kleinen Hügel und
fotografiere noch mal das Piz Kesch Massiv. Letztes Jahr hatte ja einer der
Teilnehmer als "kleine" Zugabe den Gipfel bestiegen und kam noch
nach 12 1/2 Stunden gerade noch rechtzeitig ins Ziel. Ich orientiere mich nun aber erst einmal bergabwärts... |
Ausblick oberhalb der Keschhütte in etwa 2650 m Höhe zum Piz Kesch |
Erwin:
Ich frage mich eine Weile lang, ob ich nach dieser langen
Marschier-Strecke wieder laufen kann? |
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Auch diese Frage erübrigt sich bald, denn es
geht sehr steil bergab. Ich muss bremsen, rutsche zuweilen, muss wirklich
aufpassen, dass ich nicht stürze! Das Geröll bleibt eine, vielleicht zwei Stunden. Ab und zu fließt Wasser dazwischen, hier oben entsteht wohl gerade ein hochalpiner Gebirgsbach. Auf dem dünnen „Panorama-Trail“ sehe ich nur wenige Läufer vor
mir, wir gehen alle. Meistens. Ich will auf den ebenen Stücken wieder
traben, doch es gelingt mir kaum, denn es geht leicht bergauf. Gerade
soviel, dass ich bevorzuge zu gehen. Gut, nenne ich dieses Stück eben
„Erholung“ und marschiere. Immer wieder tauchen in meinen Gedanken ein
paar Freunde auf, die mich begleiten. Erstaunlich, wer mir alles in den
Kopf kommt. Ich blicke durch meine Sonnebrille ins baumlose Tal hier oben,
in die Weite der Gipfel. Leider kenne ich keinen. n waghalsigen Schritten am steil abfallenden Hang drücke ich ab und zu an jemandem vorbei. Manchmal macht er den Weg frei. |
Blick vom Panoramatrail zum Piz Kesch zurück |
Km 57. Der Arzt am Scaletta-Pass schaut mir tief
in die Augen: „goht’s nü“? Ich frage mich warum er mich das fragt
und wache für einen Moment aus meinen Gedanken auf. Ich lächle ihn ruhig
an. Da sitzen viele junge Leute auf den Felsen, die uns anfeuern. Es freut mich. Ob sie sich die Mühe des Aufstiegs nur wegen uns machten? Und schon erstarren mir die Gedanken. Oh, geht das plötzlich steil bergab! Füße, aufgepasst! Ich komme keine Sekunde dazu in die Weite zu blicken, muss meine volle Aufmerksamkeit darauf richten nicht auf der Geröllpiste umzuknicken. Das sind harte Schläge auf die Füße, die sich bis in die Schultern erstrecken. Das an mir vorbeirauschende km60-Schild hätte ich fast nicht gesehen. Einige Male komme ich ins Wanken, kann mich aber wieder fangen. Eine Läuferin überholt mich und sagt: „ einfach rollen lassen ist doch leichter“. Sie hat irgendwie Recht, aber es will mir nicht mehr richtig gelingen. „Das sagst Du so einfach, ist schwer nach 60km“ antworte ich. Sie erstaunt “Oh, sorry, das wusste ich nicht“. Ein kleiner Dialog. Es ist wahrlich artistisch, wie ich über Steine springen muss, verzweifelt nach Halt suche. Ich spüre jeden Schlag auf die Fußsohle und freue mich, dass ich weiche Sohlen habe. Nur nicht ausrutschen! Jetzt endlich wird es flacher. Endlich! Ich muss nicht mehr auf jeden Schritt achten, laufe jetzt über kurzes Gras auf einem Fahrweg bergab. Ein schönes enges Tal. Endlich ist mein Blick frei für die herrliche Berggegend. |
Ein einsames coop - Fähnchen am Panoramatrail |
Ich komme wieder richtig gut in Fahrt, spüre
meine Rücken nicht mehr, die Beine sind wieder fit. Kaum zu glauben.
Immer mehr Zuschauer stehen am Weg und klatschen. „Hopp-Hopp“. Na endlich kommen mir die Kilometer jetzt wieder entgegen. Ich fühle mich leicht, breite meine Arme aus zum Sinkflug. Zugegeben, es ist hart zu wissen, dass noch 20 km fehlen, aber ich werde es schaffen. Leichter Wind weht mir entgegen. Das tut gut. Nur selten weht er mir ein wenig zu sehr, bremst. Ha, als könnte ich den Wind steuern? Meine Beine laufen locker, ich atme durch, wieder dicke Tal-Luft und fast fühle ich mich ein wenig wie erholt. Ich überhole alle paar Minuten einen Läufer und bereite mich auf den letzten Anstieg vor, den ich bereits erwarte. Ich gehe nicht mehr bergauf, will ins Ziel. Waldwege, und plötzlich geht es um die Kurve und: Häuser! Häuser! Das ist Davos. Ach, wie schön wieder in der Zivilisation zu sein. Keine Ahnung woher ich die Kraft nehme noch zwei Läufer einzuholen. Ich spüre wie mich etwas zieht. Doch ich lasse diesen langen Tag einfach ausrollen. Ins Ziel. Ich breite die Arme aus, genieße die Anfeuerungsrufe der Zuschauer und rolle leichten Fußes ins Stadion. Einfach ausrollen. Ins Ziel. |
Und hinter dem Scalettapass geht es wieder steil bergab |
Thomas:
Es wurde uns an der Keschhütte gesagt: "Von nun an geht es bergab" Aber erst einmal sollte das stimmen. |
Dieses Foto wurde etwa bei Kilometer 55 geschossen. ich sehe eigentlich noch recht fit aus oder? |
Die Freude über den Abwärtslauf währt
ohnehin nicht allzu lange. Der Weg selbst ist sehr eng und es tun sich rechts steile Abgründe
auf, so dass man nicht ausrutschen sollte. |
Der Läufer mit der blauen Jacke ist lange Zeit die einzige menschliche Seele in meiner Nähe... |
Bereits am Anfang des Trails, überhole ich
einen blinden (!) Läufer, der mit einem Seil von einem sehende Läufer
gesichert ist. Der sehende Läufer läuft voraus und meldet ihn etwaige
Hindernisse auf dem Weg. Ich bin über diese Leistung begeistert.
Kurz dahinter bin ich oft sehr alleine und genieße die Ruhe, die ich im Mittelfeld wohl nicht gehabt hätte. Ab und zu sehe ich einen Läufer vor mir laufen, der in etwa mein Tempo hat. Manchmal werde ich auch überholt wenn ich länger verweile und eine Foto mache. Irgendwie werde ich mit der schönen Natur eins und fühle mich als ihr Bestandteil. |
Weiter Blick vom Panoramatrail ins Funtaunatal |
Immer wieder müssen wir Bäche überqueren. Aber insgesamt ist dieser Hochgebirgstrail gut für den Wettkampf präpariert worden: | Kurz vor dem Scalettapass überholt mich doch
dann auch glatt mein schweizerischer Militärläufer und dann auch noch der
Läufer aus Krakau mit dem ich mich bei Bergün unterhalten hatte. Sollte ich zu langsam geworden sein? Lasse ich mir zu viel Zeit? Bei Kilometer 60 müssen wir ein rutschiges Schneefeld überqueren. |
Kurz dahinter verliere ich ein
Trinkfläschchen, das den Hang runterfällt. Da ich es nicht aufgeben will, hole ich es mir wieder. Das strengt an. Kurz danach ist die eisig kalte Passhöhe des Scalettapasses erreicht:
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Bei der Verpflegungsstelle stärke ich mich wieder: |
Nun geht es sehr steil nach Dürrboden bergab. Mich schmerzt nun immens eine Blase am rechten Fuß. Ich überlege schon, ob ich den Sanitäter bei der nächsten Station aufsuchen soll, verwerfe aber schließlich den Gedanken. Da der Weg so schlecht ist und z.T. über Geröllhalden führt muss man
höllisch aufpassen, wo man hintritt. Wie würde ich jetzt einen oder am
besten gleich zwei Laufstecken begrüßen, um mehr Halt zu haben. Als ich dann auch den Checkposten Dürrboden bei KM 64 nur gute 2 Minuten unter dem Zeitlimit von 10 Stunden passiere, beschließe ich nun kaum mehr Fotos zu machen und so lieber etwas aufs Tempo zu drücken |
Das Schneefeld unten müssen wir überqueren. Links oben sieht man einen Hubschrauber der bereits Material von den Verpflegungsposten abtransportiert |
Ab Dürrboden sind wenigstens die
Wegverhältnisse wieder besser. Aber wir laufen nun zu meinem Ärger nicht den Hauptfahrweg des Tals zurück, sondern immer wieder nur bessere Wanderwege und ab und zu auch mal ein Stück Fahrweg. Einmal müssen wir sogar kurz auf einer sumpfigen Wiese laufen. Weit gefehlt ist auch der Gedanke dass es nun nur bergab gehen würde. Immer wieder geht der Weg auch leicht bergauf. Das passt mir gar nicht. Außerdem bläst uns nun am Abend ein ziemlicher starker Gegenwind entgegen. Die Warmluft aus den Tälern steig nun auf. Dazu kommt auch noch, dass sich wieder meine Allergien zu Wort melden. Zwischen Kilometer 64 und 70 erlebe ich meine zweite Krise. Gottlob habe ich noch eine Intalkapsel gegen mein Asthma und überwinde schließlich auch diese Krise. (Intal ist übrigens nicht auf der Dopingliste vertreten) Eine Zeitnahme bei Kilometer 70 mit einer Zeit von 10:43 beruhigt mich und ich weiß nun, dass ich es noch rechtzeitig schaffen werde. Lustig ist es als wir an einen Bauernhof vorbeikommen, wo
gerade die Kühe
heimgetrieben werden. Da versperrt uns doch glatt eine Kuh voll den Weg. |
Hinter Kilometer 70. Bald ist es geschafft! |
Nun laufe ich zusammen mit einer K78 Läuferin.
Mal ist sie vorne, mal ich. Wir überholen immer wieder Walker des K42
Wettkampfes. Die meisten feuern uns dabei an. Das tut gut, da Zuschauer zu
so später Stunde auf der Strecke total fehlen. Als nach Kilometer 75 Davos schon zum Greifen nahe ist, werden wir noch mal in ein Waldstück geleitet, wo es noch mal richtig bergauf geht. Speziell ein allerdings kurzes Wegstück geht richtig steil bergauf. Endlich sehe ich noch mitten im Wald, die KM 40 - Markierung der Marathonläufer und weiß dass wir nun noch 2200 m zu laufen haben und rechne mit einer Zeit um die 11:50. Das lässt mich alle bisherigen Strapazen vergessen und meine Stimmung steigt. Und siehe da, endlich geht es bergab und nach Davos rein. Hinter einer Rechtskurve geht es auf die Hauptstraße. Dann noch ein paar Hundert Meter bis zum Stadium, wo zu so später Zeit noch überraschend viel Zuschauer sind. Da sie mich gut anfeuern gebe ich noch mal richtig Gas und überquere als einer der letzten Finisher die Ziellinie nach sage und schreibe 11 Stunden und guten 50 Minuten. |
Die Gemeinheit am Schluss: Ein Fahrweg geht dauernd bergauf und das noch zwischen Kilometer 76 und 77. |
Erwin:
Im Ziel |
Thomas:
Als Erwin mit dem Auto schon fast wieder daheim ist, bin ich
schließlich nach knapp 12 Stunden mit vielen schönen Bildern und reich
an Erlebnissen hochglücklich über die Ziellinie gelaufen. |
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Einer der Veranstalter gibt mir die Hand zum
Glückwunsch und ich sage zu Ihm strahlend: "Mensch war das ein
langer Weg!" Er sagt mir: "Du hast es noch unter der Zielschlusszeit geschafft!". Meine Startnummer erhält einen Finsherstempel und ich nehme mein Finisher T-Shirt stolz entgegen. Statt der Größe L musste ich mit XL begnügen da nur noch diese Größe vorhanden war. Na ja da kann ich nun noch reinwachsen... Schließlich trinke ich noch fleißig, unterhalte mich etwas mit
ein paar Läufern, die auch gerade eingetrudelt sind und fotografiere
schließlich noch ein paar Läufer, die nach mir eintreffen. Nach diesen Eindrücken hole ich meinen Rucksack und wandere noch den 80. Kilometer zurück zu meinem Hotel... Fazit: Eine gelungene Veranstaltung bei Kaiserwetter! Nächstes Jahr laufe ich vielleicht den K42 mit... |
Einer der wenigen Läufer der kurz nach mir eintrifft |
Links: |
www.swissalpine.ch Bericht von Werne Haßepaß |
Anzahl Finisher: | K78/K42/K30 (889/997/831) +585Teamläufer +58Walker aus 27 Nationen. |
Bestzeit Männer beim K78: | Murzin Grigory, Rußland, 5:42.34,0 |
Bestzeit Frauen beim K78: | Herry Karine, Frankreich, 6:53.21,7 |
Letzter Läufer in der Wertung: | 12:07:32 |
Wetter: | Sonnig und warm |
Höhenmeter: | 2320 |
Schulnote Schönheit der Strecke | 1 |
Schulnote Organisation | 1 |
Schulnote Service | 1 |
Schulnote Zuschauer (Anzahl / Motivation) |
2-3 |
Schulnote Gesamteindruck | 1 |
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