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Letzte Änderung: 23.06.2011


Um den größten deutschen Binnensee

Bildbericht vom 6. Müritzlauf
76,7km
am 19.08.2006

von Erwin Bittel


Der Himmel über MäcPomm
Mehr Fotos des Laufes und drum herum

4711 - der Duft der Helden und der Himmel über MäcPomm...

Eine Handvoll Männer (47) und Frauen (11) umrunden den größten deutschen Binnensee bei herrlichem Urlaubswetter und viel Sonne. -  "Werden Sie zu einem Helden der Laufszene" (Veranstalter)
 


Servus!

Den halben Freitag in der Bahn, entsteige ich, Südie, um 20:35 h dem Zug in „Waren (Müritz)“. Den Ort gibt’s also wirklich. Im Norden. Welcome to MäcPomm! Ich wollte schon immer mal in dieses Bundesland. Wirklich schön hier: es ist gerade bunter Sonnenuntergang, ganz andere Wolken als im Süden, ein Vorgeschmack auf den weiten Himmel beim Laufen morgen? Ich räkele mich. Meine Knochen sind etwas steif vom langen Sitzen in der Bahn. Ups. Was ist das, ein Fotoblitz vom Gleis gegenüber empfängt mich. Oh, bin ich berühmt, vielleicht der erste Bayer hier? Nein. Es ist Olaf. Meine Lauffreunde Olaf und Andrea sind mit dem Auto doch schneller als ich mit dem Zug. Kurz darauf lerne ich Susanne aus Lübeck kennen, die mit Ingo (aus Halle) anrollt. "Deutschlandtreffen", sage ich. An einem Bahnhof irgendwo im wenig besiedelten Norden. Mir kommt das Bild eines Filmes: „Okay, zuerst die Ware, dann das Geld“. Statt heißer Ware tauschen wir uns aus, d.h. was ist wo? Der Campingplatz, die Turnhalle zum Übernachten, der Start. Es sind nur 58 Einzel-Starter (und 36 Staffeln ja 8 Läufer), daher ist das Angebot für uns Läufer eher sparsam. Aber freundlich.

Nach ausgiebigem Pläuschchen am Bahnhof setze ich mich zu Susanne, Ingo und je einer 15-jährigen Tochter, Paloma und Henni, eine Weile mit vor ihre Zelte am Campingplatz. Tausend Leute hier und tausend Sterne. Dann laufe ich durch die laue Nacht zu meinem Quartier.

Die Nacht ist vorbei, ich habe gut geschlafen. Als ich in der Halle, Marke "Original-DDR" meine Ohrstöpsel quietschend rausziehe sind nur mehr 2 Läufer da. Es ist friedlich und ruhig, verführerisch zum Weiterschlafen. Weil es aber schon 7:25 h ist, stehe ich auf. Um 8:00 h ist ja der Start. Olaf steht ausgeschlafen neben mir und kann schon grinsen. Erstaunlich. Guten Morgen. Wie im Schlaf geht meine Morgenroutine, Waschen, Packen und Dehnen. Die nette Dame am Hallenausgang nimmt meinen Rucksack in Obhut und bietet mir Kaffee, Tee, Brötchen mit Marmelade und Käse. Doch ich lehne wortkarg ab. Zu früh, you know me.

Während der wenigen Minuten vor dem Start stellt mir Olaf noch 2 Franken vor, Bernd und Petra. Fürther hier? Das gibt’s doch nicht. Gruppenfoto.


    Turnhalle Marke "DDR" (gratis Läufer-Nachtlager)

                     Operative Force "Müritzlauf"

                 Susanne + Ingo am Start (Hafen)

                     Die Franken-Crew

Ich bemerke es gibt hier viele Landschaftsläufer, jeder zweite um mich hat eine Kamera dabei. Aber keine scheint meiner an Größe (und Gewicht) nahe zu kommen.


          2 min Startaufstellung, los gehts
Egal, auf die Strasse rüber.

Ich stehe noch nicht, schon knallt die Pistole knapp neben mir.

                  Zuerst durch 3km Alleestrasse
Unser kleines Feld zieht los entlang des Sees durch die morgendliche Allee. Lauwarmer Morgen.

Bin noch müde. Bitte weckt mich bei km10.

Wir sind eine kleine Gruppe von 7 Leuten, die 5 Franken und Susanne und Ingo.

Wir plaudern, lernen uns kennen und laufen gemächlich in den Morgen. Mir jetzt am Anfang fast zu schnell.


                         sumpfiges Uferland

      Radweg, 4 meiner anfänglichen Laufgruppe

               überall immer wieder Teiche

                       Himmel und Weite

Wir laufen auf Radweg und Strasse, vorbei an Stoppelfeldern, sumpfigem Land und Seeufern. Mich beginnt langsam der Himmel zu interessieren. Er erscheint mir so weit, die Wolken sind anders als sonst.  Doch zuerst werden lustige Geschichten, Erlebnisse und Witze erzählt.


          Erste Verpflegungsstation km10
Langsam bekomme ich Durst, doch die erste Verpflegung kommt erst bei km10.

Wie ab jetzt alle 10km gibt es Wasser, Tee, Cola, Apfelschorle, Bananen und Apfelstücke.

Weiter im Wald.

                Ich werde von einer Schnecke überholt...

           ...da bin ich platt!

Susanne und Ingo treiben nach vorne, sind bald außer Sicht. Ebenso die beiden Fürther. Dafür gesellt sich jetzt Stefan zu Andrea, Olaf und mir. Wir werden bis nach km40 zusammen bleiben: Funny Olaf, Andrea, Erkan (eh Erwin) und Stefan. Stefan passt einen Moment nicht auf, biegt nicht ab, läuft 100m in die falsche Richtung. Hey, hier geht’s lang! Ich bin wach, und ich trinke soviel wie geht. Mache mir mit Olaf einen lustigen Tag.
Wir weichen nicht-klingelnden Radfahrern aus, grüßen Zaunzuschauer, knipsen Landschaftsbilder oder den See mit Booten. Wir flachsen mit den Kindern oder Helfern an den Verpflegungspunkten, die jetzt zahlreicher werden.


                               Yachten...

              ...in einer Bucht (Hafen)

                Kinder am Verpflegungspunkt

                         Mit Gottes Segen

    Die zwei Betenden Knaben, sind sie nicht brav?
 

Und wir gehen in eine kleine offene Backsteinkirche am Straßenrand, um uns Gottes Segen zu holen. Der freudig erregte Pfarrer gibt ihn uns. Juhu. Wir zwinkern uns zu. Kurz danach an der Verpflegungsstelle (nur Wasser) schnappe ich mir ein Funkgerät und bestelle einen Martini geschüttelt und nicht gerührt. Unbezahlbare Stimmung!


               Unbezahlbar gute Stimmung

                 King Olaf am Thron (Spaß muss sein)

                  Was guckst Du, Pferd?

                            Gaudi, Gaudi

               Laufen ist wie Fliegen, oder?

            Müritz-Lauf, olé olé!

          Jo mei, kann Laufen spaßig sein. - Prost!
 

Bei all den Geschichten bemerken wir wie Andrea langsamer wird, Olaf bleibt bei seiner Frau.


                  Genau das ist "Müritzlauf"...

                  ...Stefan (King der Landstrasse)

              ... noch 30km (Park am Ufer)

                ...weiter am Radweg

Ich gehe weiter mit Stefan. Wir unterhalten uns gut. Bayern meets Berlin. Das geht eine Stunde gut. Nein, nicht wegen Nord-Süd-Problemen, sondern weil Stefan Magen-Darm-Probleme bekommt. Er muss gehen. Eine Verpflegungsradfahrerin reicht uns im Vorbeiradeln eine Flasche Schorle. Ah, sehr sprudelig, aber doch gut. Stefan geht es schlechter, so schlimm, dass er 10min Pause machen, sich setzen muss. Es ist mittlerweile heißer Nachmittag, 50km sind gelaufen. Ich gebe dem Organisationspersonal einen Tipp zu Stefans Zustand: kümmert Euch um ihn. - Ab jetzt läuft Erwin alleine...


               Ich fliege alleine weiter: Felder...

              ...Weide und Weite...

                    Titelfoto "Der Müritzlauf"

                      Schwäne und Kähne

                    Manche machen Kanuwanderung...

             ...die meisten aber Radwanderungen

                          Seekühe?

                   Ein Apfel für unterwegs

Ich ziehe nun alleine weiter, mir geht es fantastisch gut. Felder, Alleen, Äcker. Leichter Wind und viel Sonne, die jetzt über eine weite Strecke windstill hernieder brennt. Ab und zu erreiche ich einen kämpfenden Müritzläufer. Der eine hat sich das Shirt vom Leib gerissen, glänzt vor Schweiß, der andere trabt kämpfend, in sich gekehrt vor sich hin. Einer hat einen Krampf, stützt sich auf seine mitlaufende Frau. Der Tribut des Ultralaufens. Ich behalte immer noch leichten Fußes meinen Schritt. Ich werden den Rest, fast 30km alleine mit mir sein, was mir gerade gut passt. Ein Zustand wie Kanutreiben, Segelfliegen oder Beifahrer auf der Autobahn sein. Ich schalte alle Funktionen auf Autopilot, komme jetzt endlich auch aus der Sonne in den kühleren Wald. Immer wieder kommen Radfahrer entgegen oder überholen mich. Wir laufen auf dem Müritz-Radrundweg. Immer wieder voll bepackte Tourenradler. Schon eine Weile überholen mich Staffelläufer, die 2 Stunden später gestartet sind. Auch sie, jeweils nur 10km laufend schwitzen stark.


                   Schatten! - Ab in die Allee

           Schön, wieder mal der See zu sehen

           Kleine Ortschaften am See...

             ...und sogar Schlösschen

Badeurlaub an der Müritz


         Jungs, ich würde jetzt echt gerne mitmachen...
Badende, Sandstrand...

Kioske in der Sonne, es riecht nach gegrillten Würstchen, Kokos-Sonnenöl.


              ...und mit vollem Trab reinspringen!
Beach-Music, Faulenzen in der Sonne.

Doch ich laufe weiter...


              Die letzte Verpflegungsstation
 
Völlig verschwitz aber immer noch guter Stimmung, keine schweren Beine. Im Flug zum Zielflughafen, kurzer Zwischenlandung in Klink. Eine Mannschaft spielt nebenan Fußball. Die Staffelläufer warten sehnsüchtig auf Ihren Kameraden.

Ich erwische zum Glück wieder mal einen Becher Schleim, dazu Tee. Ich weiß nicht mehr, was ich trinken soll. Ein kühler süßer Saft wäre jetzt super!

Nur noch 9,7km. Wenn das mal gut geht?

                   Der Schleichpfad der Apachen            
Was'n das??? - Ein paar km enger Dschungelpfad. Na, das wird ja heiter zum Schluss. Aufpassen, dass ich nicht stolpere, Äste, Wurzeln...

Und immer Augen auf, damit ich kein Schild verpasse.

Ab km30 esse ich Äpfel, wenig später dann auch Bananenstücke. Ab km45 versuche ich einen Becher Schleim (klingt nicht gut, tut aber gut). Publikum gibt es keines, außer im Ziel und an den großen Verpflegungsstopps alle 10 km. Doch welchen Landschaftsläufer stört das? Wir laufen sowieso gewöhnlich zu zweit. Es findet sich immer jemand, mit dem man eine Weile oder länger laufen mag.

Kilometerschilder gibt es um die Müritz keine. Gewöhnungsbedürftig. Nur an den Hauptstopps steht die exakte km-Distanz. Ich finde es wäre gut, wenn wenigstens auf den ersten 10km Schilder wären, da erfahrungsgemäß (wie auch heute) die meisten Läufer zu schnell starten und ab 2/3 des Weges einen „Einbruch“ erleben.

Ab km73 zeigen kleine weiße Schilder: noch 5km, 4km, 3km. Ich erwache langsam, immer mehr Staffelläufer huschen vorbei. Ich freue mich langsam, dass das Ziel naht und dass es heute wirklich gut läuft.


   Überraschung: die Heimatfahne (und ein Glas Sekt)
Auf dem letzten km weht mir eine große bayerische Flagge entgegen, mitgereister Fanclub aus Franken. Das mir freundlich entgegen gebotene Glas Sekt lasse ich lieber aus.
Das Ziel prickelt schon fast in der Seele...

                  Nur noch 100m bis ins Ziel
Auf der Uferpromenade laufe ich in den Hafen ein, ein letztes Foto und… Jouh, geschafft!

Oh, ist das warm! Schatten, Schatten wo bist du? Ich will trinken. Jetzt viel trinken! Alles gibt es im kleinen Zelt mit dem Getränketisch. Wieder keine Überraschungen, wieder nur Cola, Wasser, Apfelschorle, Äpfel mit Wespen und Bananen. Aber okay. Ich lande, mache meine Gymnastik, empfange die ankommenden Läufer und stelle mich für die Massage an, die fantastisch gut tut.


           Andrea, die Siegerin (bei der Massage)
Glückwünsche hier und dort, die Sieger, die Siegerinnen. Es gibt für jeden eine Urkunde. Und sogar eine kleine Medaille. Andrea strahlt mich völlig fertig an: "ich hab zum allerersten Mal gewonnen!" - Was für ein Gefühl das sein muss...

                Olaf und Andrea im Ziel
Allmählich kommen meine Lauffreunde ins Ziel, Susanne mit Ingo, erschöpft aber glücklich.

Und Olaf mit Andrea - die auch echt genug haben für heute.  .

7 haben es leider nicht geschafft. Im Ziel erlösendes Stöhnen. Viele Freudentränen (oder vor Erschöpfung?). Wir sammeln uns zum Nudelessen mit Bier, tauschen das Erlebte aus. Geschichten runden unseren Lauftag ab. Jetzt kommen die dicken schwarzen Regenwolken heran. Noch scheint die Sonne. Es wird langsam Abend. Erstaunlich, wie man einen ganzen Tag verbringen kann mit nicht anderem außer Laufen…?

Die Müritz macht Helden.

         "Servus", Euer Erwin
 

Hier die offizielle Seite des Müritzlaufes mit der Ergebnisliste.

Teil 2: Mehr Fotos

 

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