Der Bericht
Ein gemeinschaftlicher Bericht von Erwin und Susanne. Mal
so gesehen und mal so... Insgesamt ein gelungenes Wochenende.
Susanne: mir ging es ganz schön übel zwischendurch.
Erwin: Mei der Kopf halt wieder.
30.04.2006 - Der 3. Salzburg AMREF-Marathon
Hallo Laufbegeisterte,
@Susanne: ich schreibe Euch wie es mir erging.
@Erwin: Und ich mische meine Erlebnisse dazwischen. Ein gemeinsamer
Bericht, mal von dieser mal von jener Warte aus gesehen.
@Susanne: Am Samstag 29. April fuhren wir bei gutem Wetter und angenehmen
Temperaturen von Nürnberg nach Salzburg. Je mehr wir uns den Alpen näherten umso
bewölkter wurde es und schließlich regnete es sogar. In den Bergen noch Schnee.
Nach 320 km waren wir da und es hatte gerade noch 3 Grad plus. Leider konnten
wir keine Beschilderung zum Marathon finden und so fragten wir an einer
Tankstelle. Ein Parkplatz in der Nähe des Doms war schwer zu finden. Wir gingen
über den Domplatz zum nahen Start/Ziel am Residenzplatz. Hier in der Altstadt
gibt es so viele wunderschöne alte Gebäude, dass man gar nicht weiß in welche
Richtung man zuerst schauen soll.
@Erwin: Ich weiß schon, wohin Susanne schaut: nach Mozartkugeln in den Auslagen
der Cafés. Hey, wir sind ja auch in Salzburg, der Stadt Mozarts, noch dazu im
Mozartjahr.
@Susanne: Der Dom, das Mozartdenkmal, die schnuckeligen Gässchen und im
Hintergrund die Berge. Wir waren mitten im Geschehen. Um einen großen Brunnen
herum war alles aufgebaut. Pavillons, Zelte und ausreichend Toilettenhäuschen.
Im Veranstalterzelt waren die Startunterlagen für uns bereitgelegt. Wir mussten
überhaupt nicht warten, wurden sehr nett begrüßt und erhielten auch gleich die
Startnummern und den Teilnehmerbeutel mit T-Shirt, Informationsmaterial,
Schokoriegel und einem Gutschein für die Nudelparty am Nachmittag. Manfred
Mooshammer und zwei weitere Mithelfer informierten uns über den Ablauf. Wir
unterhielten uns nett und gingen dann los um uns ein wenig umzusehen.
@Erwin: ...nach Mozartkugeln.
@Susanne: Schön übersichtlich findet man alles, Start und Ziel. Das Tor durch
das die Finisher laufen sieht man schon von weitem. Mein Herz klopft. Morgen ist
es so weit.
Ich bin ein bisserl aufgeregt, weil es eine recht große Veranstaltung mit einer
großen Teilnehmerzahl für mich ist. Man rechnet mit neuer Rekordteilnehmerzahl
von über 2.000 Startern. Es sind sogar 4 Kenianer dabei, 3 Männer und eine Frau
- Profis. Die zierlichen Personen sind perfekte Läufer und ich bin schon
gespannt darauf sie live zu sehen.
@Erwin: Der Lauf steht unter einem guten Zweck: Afrika. Afrika, der Kontinent
der Farben und Lebensfreude. Aus den Lautsprechern tönten beschwingte fröhliche
afrikanische Klänge mit Trommeln und Gesang. Afrika in Salzburg, welch ein
Kontrast. Aber passt schon, wie wir Franken sagen.
@Susanne: Es regnete immer noch, war richtig kalt und ungemütlich. Nachmittags
um 18 h war es so weit, der erste Wettbewerb, die Kinder laufen: Coca-Cola Kids
Race. Fast alle hatten lange Sachen an, ein paar liefen in kurzen Hosen und
Trägershits und hüpften auf der Stelle, um warm zu werden. Endlich war es so
weit. Peng! Der Startschuss und los ging’s. Die jungen Läufer stürmten los. Mit
langen Schritten sausten sie an uns vorbei – ja ja los los super!!! Ihr seid
super!!
@Erwin: Ich finde jeder sollte mal mit Muße den Kindern beim Laufen zusehen, so
frisch und frei, ganz mit sich selbst beschäftigt. Man sollte denken, die können
doch gar nicht so weit laufen. Aber Kinder können viel mehr. Super, wie sie mit
großen Schritten um jeden Meter kämpfen, rote glühende Gesichter haben und
niemals aufgeben.
@Susanne: Das Feld zog sich schnell auseinander und die ganz Kleinen liefen im
Lauffieber den Größeren hinterher. Enorm wie ehrgeizig die Kinder die Strecke
entlang liefen und ihre eine Runde, die größeren 2 Runden drehten. Die Eltern
feuerten lauthals ihre Zöglinge an, klatschten, pfiffen und riefen ihnen
aufmunternde Worte zu.
@Erwin: Ich habe den Eindruck, die Eltern schwitzen mehr als die Kinder. Auch
den Eltern kann man genüsslich zusehen, wie sie sich in ihren Kindern wieder
sehen, mit ihnen mitfiebern.
@Susanne: Als alle durch das Ziel kamen sah man wie die Anspannung aus den
kleinen Gesichtern wich und die Emotionen kamen hoch - Freudentränen, Lachen und
die eine oder andere stolz geschwellte Brust sah man da. Weil uns doch ein wenig
kalt wurde flüchteten wir vor dem Regen ins Veranstalterzelt wo es auch das
Essen gab. Nudeln mit Wokgemüse und Pesto, Tomatensoße, Kokos-Chilli-Soße oder
Reis mit Hühnchen, Würstel mit Brötchen und alles Mögliche zu trinken gab es
hier. Das heiße Essen tat richtig gut und schmeckte obendrein sehr gut.
@Erwin: Das Essen ist echt mal richtig lecker und frisch zubereitet. Danke an
den guten Catering-Service der Fa. Indigo. Es ist überaus voll im warmen Zelt.
Blaue Luftballons, viele Siegerkinder und stolze Eltern. Fast wie Karneval im
Ameisenhaufen.
@Susanne: Langsam ging der Samstag dem Ende zu. Uns ist etwas kalt, wir gehen
ins warme Kino. - Als wir morgens um 7.45 h zum Start fahren ist es kalt. Aber
toll, über Nacht hatte es in den Bergen geschneit. Es regnete nicht mehr und war
klar und hell. Die Luft roch frisch und das Vogelgezwitscher um uns herum war
ein lustiges Morgenkonzert.
@Erwin: Wir Männer werden die Frauen nie verstehen. Ist doch erstaunlich was die
Frauen früh am Morgen schon alles sehen. Ich bin noch nicht mal wach.
@Susanne: Und so ein wunderschönes Panorama. Die gewaltigen Berge, der Watzmann
mit Schnee, stahlblauer Himmel und Sonnenschein. So ein Glück, dass das Wetter
über Nacht so gut geworden ist. Langsam werde ich nervös. Ich habe mir fest
vorgenommen, den Halbmarathon gut und konstant zu laufen. Erwin wird den ganzen
Marathon laufen. Da es hier 2 Runden sind, läuft er seine erste Runde mit mir
zusammen. So ein Glück für mich.
@Erwin: Na warten wir es erst einmal ab, ob das so toll ist ständig Witze
erzählt zu bekommen? Ich weiß auch nicht, aber wenn ich aufwache fallen mir
immer so viele lustige Sachen ein. You know me.
@Susanne: Ich freue mich schon sehr darauf und bin motiviert alles zu geben. Ich
denke daran, dass ich beim Lauftreff neulich schon einmal 25km gelaufen bin.
Also ich kann einen Halbmarathon schon gut schaffen – bin ich ja auch schon
mehrere gelaufen. Irgend etwas ist in meinem Kopf was mich drückt. Ich weiß
nicht was es ist, aber ich kann diesen Kopf heute einfach nicht abschalten. Wir
haben Glück und parken fast direkt neben der Jahnturnhalle, die als eine von 2
Umkleide- und Duschmöglichkeiten für die Teilnehmer vorgesehen ist. Es ist ein
sehr altes Gebäude, nostalgisch, aber alles ist da was man braucht, es ist
sauber und sogar 2 sehr nette Damen sind vor Ort die die Aufsicht haben. Wir
pinnen unsere Startnummern an die T-Shirts und überqueren auf dem Mozartsteg die
Salzach. Von hier aus sieht man gut wo die Frostgrenze ist. Die Bäume und
Berggipfel sind mit Schnee bestäubt und das Wasser der Salzach glitzert in der
Sonne. So eine schöne Gegend hier. Es ist ein herrlicher Tag.
@Erwin: Jetzt sehe ich auch die mit Raureif bedeckten Nadelbäume an den Hängen
der ganz nahen Alpenausläufer und die Schneefelder weiter oben. Unten sprießen
schon die zartgrünen Lindenblätter. Ich überquere den Steg in Shorts, mich
friert nicht, es ist nur kühl.
@Susanne: Als wir an der Laufstrecke ankommen sind schon viele Leute da. Die
freundlichen und hilfsbereiten Helfer an den Verpflegungsstellen sind
beschäftigt mit den Vorbereitungen, Bananen schneiden, Getränke in Becher füllen
und ohhh... da gibt es sogar Kuchen. Auf diese kleine Belohnung freue ich mich
natürlich besonders.
@Erwin: Ich wusste es. Der Kuchen. Aber Kuchen ist wirklich eines der besonderen
Dinge am Salzburg Marathon.
@Susanne: Wir gehen noch einmal ins Veranstalterzelt und machen Gymnastik.
Vordehnen ist sehr wichtig und tut zudem auch sehr gut. Da Erwin viel Erfahrung
hat geht es für uns nicht hektisch zu.
@Erwin: Wir hätten noch 10 Minuten länger schlafen können.
@Susanne: Die Zeit ist ausreichend für alles was zu tun ist. Nun ziehen wir die
langen Hosen und Pullis aus und geben den Beutel zur Aufbewahrung ab. Erwin
behält den Fotoapparat bei sich und wir gehen zum Start hinüber. Da ist
inzwischen eine ganz schön große Gruppe Marathon-, Halbmarathon- und
Staffelläufer. Es sind tatsächlich über 2.000 Starter.
Das ist für mich ein wenig beängstigend. Was ist wenn die mich umrempeln, wenn
ich stürze, nicht laufen kann, weil so viele Leute um mich herum sind? So viel
Anspannung und Aufregung ist plötzlich da. Ich versuche ruhig zu bleiben. Erwin
beruhigt mich.
@Erwin: Ich schüttele meine Knochen und atme tief Salzburg ein. Auf geht’s. Bis
jetzt ist die Organisation wirklich perfekt. Im Gedränge der Menge sprechen mich
immer wieder aufgeregte Läufer an, es sei ihr erster Marathon. Ich suche nach
Susanne. Für die zierliche nur knapp 1,60 Meter große Frau ist es schon eng
hier. Ah, da steht sie neben mir.
@Susanne: Vor mir gehen viele gelbe Luftballons in die Luft. Ich blicke ihnen
nach. 100m vor mir ragt das riesige Tor „START“ empor und da ist auch die Uhr
mit der Zeit 00:00:00 ... Peng! Der Startschuss – Los geht es. Ich laufe über
die Kontaktschwelle. Beim Registrieren des Chips ertönt ein Pfeifton pro
Teilnehmer. Weil so viele Chips drübergehen hört man einen permanenten Pfeifton,
ein schriller Ton. Ich laufe mit kleinen Schritten neben Erwin los. Es geht bald
zügig voran. Die Läufer sind schnell unterwegs. Erst geht es um die Kurve und
leicht bergab. Ich komme schon etwas aus der Puste. Ich denke so daran wie es
beim Lauftreff ist, da läuft sich die erste Runde auch zäh. Also gut – weiter
und abwarten.
@Erwin: Immer mit der Ruhe, egal eine Minute mehr oder weniger. Immer starten
die Läufer zu schnell, viele drängeln, auch heute. Zudem geht es um einige
Kurven, bis wir nach 2km frei laufen können in der breiten Lindenallee.
@Susanne: Wir laufen im Schlosspark Hellbrunn ein, das Schloss vor uns. Über
einen Kiesweg läuft man auf das schöne alte Bauwerk zu, dann durch ein enges
kleines Tor rechts herum. Hier ist die erste Verpflegungsstelle, km5. Ich trinke
schnell und schnappe ein Stückchen Banane.
@Erwin: Susanne ist erfahren, entgeht den Drängeln und Gerempel an der
Trinkstelle, nimmt den Becher, läuft weiter und trinkt am Ende in Ruhe. Es gibt
Wasser, Bananenstücke und only here: blaues Powerade. Mir ist noch nicht nach
Trinken, ich frage mich, ob man das blaue Getränk trinken kann. Man kann. Mit
Blick bis zum Watzmann. |
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@Susanne: Direkt danach geht es jetzt bergauf, für mich zieht es sich ein wenig.
Es läuft nicht gut. Ich denke so für mich: es wird schon besser werden. – Aber
es wird nicht besser. Im Gegenteil. Plötzlich bekomme ich keine Luft mehr. Ich
kann gar nicht mehr richtig atmen. Ich ersticke. Vielleicht falle ich um. Welche
Blamage wäre das. Werde ich es schaffen? Nein, ich werde es nicht schaffen. Ich
sehe immer wieder über mir den Satz „nicht gut genug“ schweben. Welch ein
Quatsch. Ich kann meinen Kopf nicht ausschalten. Was soll das? Sonst fliegen die
Schilder mit den Kilometerangaben an mir vorbei. Wann kommt denn endlich die
nächste Verpflegungsstelle, damit ich ein paar Sekunden stehen bleiben kann?
Endlich, da ist sie. Erwin fragt, ob ich trinken will. Ja – vielleicht löst sich
dann die Schlinge um meinen Hals. Ich schäme mich. Was soll das denn nur? Ich
trinke und weiter geht es. Meine Güte ist das schwer dieses Mal. In meinem Kopf
geht es rund. Das wird das letzte Mal sein, dass ich laufe, alle schauen auf
mich, gibt es Streckenfotos wo ich kreidebleich oder jammernd zu sehen bin, bin
ich vielleicht zu dick? Ich bin nicht fit genug. Ich muss mehr tun? Die Woche
hat aber doch nur 7 Tage, wann soll ich mehr tun? Vielleicht sollte ich einen
Halbtagsjob annehmen? – aber dann reicht mir das Geld zum Leben nicht –
aaaaaaahhhhhhh: Hör auf Kopf!!!!!
@Erwin: Natürlich bemerke ich wie Susanne mit der Luft kämpft. Doch ihr Laufstil
nach 7km sagt mir, es hat nichts mit dem Körper zu tun. Wenn ich auf sie eingehe
wird es für sie nur noch schlimmer. So ignoriere ich es und beobachte sie,
schaue mir die Obersalzburg vor dem Hintergrund der Alpen an, bemerke die
eifrigen Polizisten, die den Morgenverkehr für uns bremsen und erzähle ab und zu
ein bisschen. Immer mal wieder ein Foto von der schönen Gegen und dem saftgrünen
Tal hier.
@Susanne: Wir laufen und laufen, inzwischen bekomme ich wieder Luft. Erwin fragt
ob es wieder besser ist, ich sage ja es ist okay und im selben Moment zieht sich
die Schlinge wieder zu und mir tut plötzlich die Hüfte weh ... Wahnsinn. Weiter
und weiter – Los lauf einfach, denke ich so für mich. Ich versuche mich
abzulenken. Ich schaue mir die schönen Gebäude, die bunten Blumen, die alten
Bäume und im Hintergrund die schneebedeckten Berge an. Endlich lösen sich die
Verkrampfungen und Verspannungen und der Knoten im Kopf. Es geht endlich besser.
Ich bewundere wie Erwin mit einer schier spielerischen Leichtigkeit diesen Lauf
meistert. Er läuft mit mir und motiviert mich, er redet mir gut zu und macht mir
Mut.
Immer wieder klinkt er sich kurz aus um Fotos zu machen. Die anderen Läufer
sehen das und sind ganz außer sich und die Zuschauer am Rande der Laufstrecke
lachen und winken ihm zu. Immer wieder stehen klatschende und jubelnde Zuschauer
an der Strecke und die sind super drauf. Hier steht eine alte Dame ganz alleine
und ruft und zu „hoppauf“.... „super, weiter so, ihr schafft´s des“ ... Echt
klasse.
@Erwin: Es gibt sehr wenig Publikum, das aber eifrig anfeuernd. Hey, Salzburger,
daran müsst Ihr noch arbeiten. Ich denke in ein, zwei Jahren, wenn der Lauf zum
vierten und fünften Mal sein wird, dann werden die Leute mehr Spaß am Anfeuern
gefunden haben. Es ist 10 Uhr morgens. Immer wieder überholen uns einzelne
Staffelläufer, was anfangs für viele irritierend ist, doch mit den Kilometern
gewöhnt man sich daran.
@Susanne: Erwin zieht mich mit einem sehr konstanten Schnitt von 5:30 Minuten
pro Kilometer durch die gesamte Distanz. Doch für mich fühlt sich jeder
Kilometer anders an. Es geht fast die ganze Zeit nur auf ebener Strecke auf
Asphalt vorbei an der Kulisse der wundervollen Stadt Salzburg. Dann kommt
plötzlich ein dunkler Tunnel. Einer hinter uns klatscht um den Tunnelsound zu
genießen und Erwin ruft laut „noch 3 Kilometer“. Eine tolle Resonanz im Tunnel,
dass man am liebsten laut singen möchte oder so. Na jedenfalls ist es für mich
wie ein Zeitloch – Der Time-Tunnel. Als wir wieder herauskommen, ins Licht, geht
es bergauf. Das ist richtig hart. Meine Beine sind nach 18km schon schwer.
@Erwin: Es läuft gut für Susanne, sie ist wieder ruhig, und sie wird es
schaffen. Was sie nicht weiß, sie wird es in neuer persönlicher Bestzeit
schaffen.
@Susanne: Es ist nicht mehr weit und ich habe es dann bald geschafft. Erwin hat
dann erst die Hälfte. Voller Ehrfurcht versuche ich mir vorzustellen welche
Leistung das ist 42 km zu laufen. Für mich immer wieder bemerkenswert. – Erwin
sagt mir welches Tempo wir laufen und wie weit es noch ist und immer wieder
schaltet sich mein Kopf dazwischen. Mein Lauftempo fühlt sich viel langsamer an.
Da ist ein Läufer neben mir, der fragt welche Zeit wir haben. Erwin sagt bleib
bei uns und Du bist unter zwei Stunden. Der freut sich und sagt das sei sein
Ziel für heute. Wir ziehen langsam an ihm vorbei und laufen weiter und weiter.
Ich merke, dass ich keine Zahlen mehr hören möchte, weil sofort mein Kopf wieder
zu rattern anfängt und mir Probleme bereitet. Ich weiß jetzt nicht was „unter
zwei Stunden“ bedeutet. Ich schaue nicht mehr so weit nach vorne und laufe und
laufe einfach. Km20. Da sind Trommler und Leute mit Tröten und viele die
klatschen und rufen. Ja und noch einmal herum um eine Kurve und über eine lange
Brücke und noch ein paar mal um eine Kurve, dann noch mal mühsam ein Anstieg und
weiter. Endlich, da vorne sehe ich den roten Coca-Cola-Bogen, das Ziel. Erwin
ist wie immer neben mir. Musik, viel Publikum, Klatschen, Applaus. Da ist der
rote Teppich, auf dem man durch die Kontaktschwelle läuft. Ich laufe rechts ins
Ziel, Erwin muss links weiterlaufen, gibt mir den Fotoapparat und ruft mir zu
„1:55“! Er winkt mir und reißt die Arme hoch. Ja Wahnsinn! Er hat mich unter
zwei Stunden ins Ziel gebracht.
Super – so schnell war ich noch nie. Das ist meine persönliche Bestzeit. Ich
freue mich und rufe hinüber „Danke, viel Glück“ – Er zieht davon. Ja, ich hab´s
geschafft.
@Erwin: Das ist es weswegen ich immer wieder gerne mit jemandem zusammen laufe.
Das Gefühl miterleben zu dürfen wie Susanne überglücklich ins Ziel läuft, die
Freude zu spüren. Die Erleichterung, und wir Marathonläufer dürfen dies heute
zweimal erleben. So trabe ich noch eine Weile im selben Schritt, lasse das erste
„Ziel“ auf mich wirken und finde dann einen anderen, schnelleren Schritt. Ab
jetzt laufen wir Marathonis sehr einsam, sind doch zwei Drittel der Läufer nicht
mehr dabei. Ich überhole permanent Läuferpaare, kleine Vierergruppen oder
einsame Kämpfer mit teilweise seltsamen Laufstilen. Ich gehe in mich und genieße
den wärmer werdenden Tag, die frische Frühlingsluft und habe noch über eine
Stunde vor mir.
@Susanne: Ich bekomme die Medaille umgehängt und bedanke mich. Dann tapse ich
hinüber zum Tisch mit den Getränken und trinke. Ich habe eigentlich gar keinen
Durst oder Hunger diesmal, aber ich trinke trotzdem.
@Erwin: Jetzt reicht man uns nur mehr halbvolle Flaschen, der Boden ist in der
zweiten Runde voll von fast vollen weggeworfenen blauen Flaschen und
Pappbechern. Das blaue Getränk lässt sich erstaunlich gut trinken. Ich laufe
meinen flotten Schritt locker weiter.
@Susanne: Als ich wieder ruhiger bin belohne ich mich mit dem ersehnten
Stückchen Kuchen. Mhmm... der ist wirklich lecker, ich glaube Karottenkuchen.
Sehr fein.
@Erwin: Ich wusste es. Kuchen. Susanne hat längst Ihren Kuchen, ist geduscht und
steht mitten im Trubel. |
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@Susanne: Ich stelle mich abseits und mache erst einmal Gymnastik. Meine Waden
sind ziemlich verspannt und ich dehne sie, was sehr gut tut. Schließlich gehe
ich hinüber zur Gepäckaufbewahrung und lasse mir den Beutel geben. Die netten
Helferinnen sind wirklich auf Zack. Es geht alles so reibungslos. Alle sind
absolut freundlich und hilfsbereit. Mit dem Beutel gehe ich langsam über den
Mozartplatz hinunter zum Mozartsteg über die Salzach, die milchig und türkis
aussieht, zum Auto. Ich setze mich einen Moment hinein und trinke noch einen
Becher vom mitgebrachten Tee der noch immer warm ist. Ich lehne mich zurück,
schaue durch die Bäume in den blauen Himmel und denke so darüber nach wie
schwierig dieser Lauf diesmal für mich war und überlege warum. Nur der Kopf war
schuld. Ich bin körperlich fit und ich bin gesund. Ja, daran muss ich arbeiten.
Ich halte mir diesen Lauf künftig vor Augen und versuche zu vermeiden, dass das
noch einmal passiert. Man lernt immer dazu. Jeder Lauf ist anders. Ich nehme
meine Sachen und gehe in die Jahnturnhalle zum duschen. Nur eine handvoll Frauen
sind da und die Duschen sind frei. Das ist angenehm. Leider ist das Wasser
ziemlich kalt, aber es ist sauber hier und der Umkleideraum ist geheizt. Ich
lasse mir Zeit und ziehe mich warm an. Ich gehe wieder zum Residenzplatz zurück.
Natürlich nehme ich mir noch ein kleines Stückchen Kuchen und laufe herum.
@Erwin: Kuchen, Kuchen. - Meine Kilometer verfliegen, und ich komme wieder an
den Anstieg bei km38. Wieder oben die „Radarfalle“, die für mich mit „Sie fahren
18 km/h“ aufleuchtet. Jetzt wieder ein Stück bergab, die Füße laufen lassen,
Schultern lockern. Nicht mehr weit. Ja fast schon schade. Es läuft für mich
super heute, doch langsam darf es zu Ende sein.
@Susanne: Ich beobachte die anderen Teilnehmer und sehe wie nach und nach die
Marathon-Finisher ins Ziel kommen. Erwin hatte mir bei km20 gesagt: plane mich
für etwa 3:40 h ein. Ich schaue auf die Uhr und habe ja noch über 20 Minuten
Zeit zum Trödeln und beschließe, ich schaue mich noch ein wenig um und beobachte
das Geschehen hier. Irgendwie hält mich etwas fest. Nein, ich bleibe lieber
stehen hier am Ziel. Ich krame im Beutel nach dem Fotoapparat und als ich so
herumwühle und meinen Kopf hebe um nach vorne zu schauen sehe ich Erwin ins Ziel
kommen. Das gibt’s doch nicht. Da kommt er schon, läuft auf dem roten Teppich
ins Ziel. Wow! Ich reiße die DigiCam hoch und drücke einfach ab. Hoffentlich
habe ich ihn drauf. Er muss geflogen sein. Seine Zeit ist 3:28:26 h –
Hurraaaaaaa........ Super! Er hat in der zweiten Runde, nachdem ich den
Halbmarathon geschafft hatte so angezogen. Unfassbar. Ich lasse ihn verschnaufen
und auslaufen, gratuliere dann, supertolle Leistung. So eine tolle Stimmung im
Ziel hier, tut so gut. Erwin ist ein bemerkenswerter Mensch. Wer ihn kennt weiß
das.
@Erwin: Meine einsame aber schnell vergangene zweite Hälfte endet in einem
Sprint, weil mich der junge Läufer neben mir anboxt, hey, „ziag oh, gehmer!“
Normalerweise übertreibe ich auf den letzten 200 Metern nicht, doch er lässt
nicht locker. Gut, er will es so: so lasse ich ihn in meiner Staubwolke stehen
und sprinte auf dem roten Teppich für mich alleine ins Ziel. Ich bin überrascht
von der Zeituhr, sehe schon Susanne und muss erst einmal kurz verschnaufen...
Joh, ist vorbei. Ich dehne mich, trinke fleißig Blau, und feiere mit Susanne
unseren gelungenen Lauf.
@Susanne: Wir bleiben hier wo die Läufer nach einander durch den Zielbogen
liefen und schauen in der mittlerweile warmen Sonne zu. Mehr trinken, ein
Stückchen Banane und Gymnastik. Da steht der als Mozart kostümierte
Running-Pumuckel Dietmar Mücke der den Marathon so mitlief. Wir sprechen ihn an,
er freut sich. Ich hatte bereits ausgekundschaftet wo man sich massieren lassen
kann und wir treten in das Massagezelt.
@Erwin: Leider gibt es hier auch wieder keinen Hamam in Salzburg. Aber yeah,
Massage! You know me, Erwin, der Massagetester. Its showtime!
@Susanne: Uns fällt gleich auf, dass es hier angenehm warm und sehr sauber ist.
Die Masseurinnen haben zu tun und so setzen wir uns einen kleinen Moment. Man
kommt sehr schnell dran und wird optimal massiert. Prima, dass das so gut
klappt, denn ich sehe an anderen Läufern wie geschlaucht man nach so einer
Leistung sein kann.
@Erwin: Martina, Studentin der Physiotherapeutischen Akademie massiert meine
Beine (und endlich auch einmal die Füße) super professionell, engagiert und sehr
ausführlich mindestens 20 Minuten. Es ist bequem zu liegen, Nacken- und
Knierolle, ein wirklich angenehmer Teil des Laufes. Ein dickes Lob an Robert
Stemberger und sein Team! Draußen läuft die Siegerehrung des Halbmarathons und
der Staffelwettbewerbe und des Marathons, immer im Rahmen afrikanischer Musik.
Wolfgang Ambros, der Watzmann-Besinger sagt, er gebe gern Afrika zurück, was es
ihm gegeben habe. Klaus Eberhartinger von der EAV Ersten Allgemeinen
Verunsicherung, auch ein Salzburger Sohn spricht. Und langsam enden die
Aktivitäten dieses Laufevents, es geht ans Aufräumen. Hannes Langer, der
Veranstalter ist sichtlich müde, hilft aber selbst mit die Becher auf dem
Residenzplatz einzusammeln.
@Susanne: Irgendwann gehen wir dann Richtung Jahnturnhalle damit sich auch Erwin
frisch machen kann. Langsam wird es Zeit, uns auf den Heimweg zu machen. Wir
laufen noch etwas durch die Gassen der Stadt.
@Erwin: Nach dem Lauf spürt man eine internationale Präsenz der ganz anderen Art
im schönen sonnigen Salzburg: Japaner und Taiwanesische Gruppen, Italiener.
@Susanne: Es ist Zeit, wir verlassen die schöne Stadt Salzburg und freuen uns
über dieses gelungene Wochenende.
Eure Susanne Hager (Miss Mozartkugel)
und Erwin Bittel (mit blauem Mund vom Powerade)
Infos: www.salzburg-marathon.at |