Um uns vor dem Lauf noch an die in Mallorca doch um einiges höheren
Temperaturen gewöhnen zu können, reisen wir bereits am Donnerstag an. An
den ersten Tagen steht vor allem Erholung auf dem Programm. Wir genießen
das herrliche Sommerwetter, schlendern durch die schöne Altstadt Palmas
und wundern uns über die Ausgelassenheit der Mallorquiner beim bereits
zum zweiten Mal stattfindenden Oktoberfest. Ja, auch das hat
mittlerweile auf der sonst wirklich sehenswerten Insel Einzug gehalten.
Am Samstag holen wir bei schwül-warmen 25°C am
Parc de la Mar, der wunderschön unterhalb der Kathedrale von Palma
gelegen ist, unsere Startunterlagen ab. Alles verläuft reibungslos und
wirkt tadellos organisiert. Die Temperaturen bereiten mir ein wenig
Sorgen, schließlich laufe ich seit einigen Wochen in Deutschland bereits
bei eher kalten Temperaturen in langer Hose und mit Jacke und der
Wetterbericht prognostiziert auch für den Sonntag Temperaturen um 25°C.
Am Veranstaltungstag ist
es dank der guten Organisation möglich, kostenlos mit einem der
Linienbusse zum Start am Parc de la Mar zu fahren. Als wir dort um 8.00
Uhr ankommen, ist bereits viel los. Trotzdem können wir unser
Bekleidungsbeutel ohne langes Anstehen abgeben.
Der Start am Passeo
Maritimo liegt herrlich zwischen Meer und Kathedrale – schöner kann es
fast nicht sein. Die Stimmung der insgesamt mehr als 3.600 Läuferinnen
und Läufer (1.223 beim Marathon, 2.463 beim Halbmarathon) vor den
gleichzeitig startenden Disziplinen ist euphorisch. Gemeinsam werden bei
wolkenlosem Himmel die letzten Sekunden herunter gezählt, bevor der
lange herbeigesehnte Startschuss fällt.
Vor dem Start |
Die Strecke führt
zunächst am Passeo Maritimo in Richtung Norden am Hafen entlang, in dem
etliche große Jachten liegen. Bei dem dichten Starterfeld ist es nicht
leicht, schnell in meinen Rhythmus zu kommen und so verpasse ich beinahe
die erste Verpflegungsstation.
Auf der Strecke gibt es
alle 3 KM Verpflegungspunkte mit Iso und Wasser, welches gleich in
handlichen 0,5Liter Flaschen ausgegeben wird. Das erleichtert das
Trinken und ermöglicht es mir, mich während des Laufs ausreichend
abzukühlen. Das ist auch nötig, da die Temperaturen im Laufe des Tages
von 22°C beim Start auf über 26°C ansteigen. Darüber hinaus gibt es etwa
alle 8 KM Bananen und Äpfel.
Bei KM 4 ist der erste
Wendepunkt und die Strecke führt zurück in Richtung Start. Das schöne
daran ist, dass ich so Yvonne und Frank entgegenkommen sehe und beide
ein letztes Mal anfeuern kann.
Für heute habe ich mich
wirklich gut vorbereitet und mir zum Ziel gesetzt, das erste Mal unter
3:10 h zu laufen. Als ich bei KM 12 in die schöne Altstadt von Palma
abbiege zweifle ich zum ersten Mal an der Umsetzung. Die Strecke
verläuft wellig durch eine Vielzahl sehr enger Gassen mit zum Teil
unebenem und rutschigem Belag. Immer wieder sind Tempowechsel nötig und
das scharfe Abbiegen geht auf die Sprunggelenke. Leider stehen kaum
Zuschauer an der Strecke, um uns Läuferinnen und Läufer anzufeuern. Da
ich mich mittlerweile in Palma ganz gut auskenne verliere ich nie die
Orientierung und kann somit gut einschätzen, wie lange ich noch durch
die labyrinthische Altstadt rennen muss, bevor die Strecke ab KM 20
einen gleichmäßigen Rhythmus erlaubt.
Nach 1:33 h überquere
ich die Zeitmessmatten bei der Halbmarathondistanz und bin somit gut in
der Zeit. Mittlerweile laufe ich in südlicher Richtung nach Arenal,
einem der touristisch erschlossensten Gebiete, wo sich auch der
legendäre Ballermann befindet, der immer noch jährlich Millionen
Besucher anlockt. Die Strecke führt nun durch Wohngebiete vorbei an
Häusern, die willkommenen Schatten spenden. Der Wind kommt leicht von
vorne und kühlt angenehm. Trotz des schwierigeren Abschnitts durch die
Altstadt fühle ich mich gut und mein Optimismus, eine neue Bestzeit zu
laufen steigt. Ich weiß aber auch, dass die letzten 12 KM, die ich ohne
Schatten bei hohen Temperaturen bewältigen muss, nicht unterschätzt
werden dürfen.
Das Läuferfeld hat sich
stark gelichtet, so dass ich große Strecken alleine laufen muss und nur
selten auf einen Mitläufer treffe, der meinem Tempo entspricht. Ab KM 24
wird die Strecke öde. Schattenlos zieht sich die Strasse durch
Brachland, vorbei an der Landbahn des Flughafens. Dazu kommt, dass ich
seit wenigen Minuten wiederkehrende Krämpfe im Magen verspüre und
Ausschau nach den angekündigten Dixi-WCs halte. Soll mein Lauf etwa
schon zu Ende gehen? Meine Beine fühlen sich klasse an, alles läuft
hervorragend und nun das! Zum Glück lassen die Schmerzen nach, doch mein
Tempo kann ich nicht mehr halten. Bei KM 30, inzwischen laufen wir durch
Arenal und es stehen viele begeisterte Zuschauer am Straßenrand,
erreichen wir den von mir herbeigesehnten letzten Wendepunkt. Von nun an
geht es am Meer entlang zurück nach Palma. Noch immer kann ich kein WC
erkennen und in eines der zahlreichen Cafes möchte ich nicht gehen, da
ich befürchte, dann zu viel Zeit zu verlieren. Denn trotz der wieder
einsetzenden Krämpfe, halte ich an meinem Vorhaben, unter 3:10 h zu
laufen, fest. Auch anderen Läufern geht es zunehmend schlechter – die
Hitze fordert ihren Tribut. So kämpfe ich mich immer wieder an vor mir
Laufende heran, um mich kurz im Windschatten auszuruhen und dann vorbei
zu ziehen. Wasser kippe ich mir an jeder Station ausreichend über den
Kopf und in mich hinein – zum Glück bleibt es auch dort. Dieser
Streckenabschnitt ist einer der schönsten des Laufes. Die Bucht von
Palma ist bereits zu erkennen, die Strecke ist eben und eine leichte
Brise weht vom Meer. Ich versuche meine Schmerzen auszublenden und
wenigstens ein wenig zu genießen, als ich endlich das herbeigesehnte
Dixi gegenüber des Verpflegpunktes beim KM 36 sehe.
Zwar habe ich einiges an
Zeit verloren, doch wenn ich jetzt noch mal anziehe, ist es noch möglich
eine neue Bestzeit zu laufen. Nach kurzer Zeit hole ich wieder meine
Mitstreiter auf, die bei meiner kurzen Klopause davongeeilt sind und
kann sie sogar überholen. Die folgenden Kilometer erlebe ich wie in
Trance. Den KM 40 passiere ich nach 3:00:30 und nach kurzem Nachrechnen
wird mir klar, das es verdammt knapp wird. Ich erhöhe abermals das
Tempo. Mein Puls bewegt sich im Maximalbereich bei etwa 185 Schlägen pro
Minute. Die Zuschauer am Streckenrand rufen meinen Namen, feuern mich
an. Woher kennen die mich denn alle, schießt es mir in den Kopf? - Ach
ja, mein Name steht ja auf der Startnummer. Ich laufe am Parc de la Mar
vorbei, durch die letzte, scharfe Kurve auf den mit rotem Teppich
ausgelegten Holzsteg, der mich direkt ins herbeigesehnte Ziel führt.
Natürlich drücke ich
meine Uhr erst ab, als ich bereits meine Medaille ausgehändigt bekommen
habe und weiß somit nicht, ob ich mein Zeitzeit erreicht habe. Yvonne
ist bereits da und versorgt mich. Sie konnte ihre Halbmarathon-Bestzeit
trotz Rückenschmerzen auf unter 2:13 h verbessern. Auch Frank war auf
der 21km-Distanz mit 1:41 h zwei Minuten schneller als im letzten Jahr.
Jetzt hinterher? - Trotz
der wirklich anstrengenden letzten Kilometern geht es mir ganz gut. Ich
trinke ausgiebig und genieße anschließend eine der zwar kurzen aber sehr
wohltuenden Massagen. Als diese fertig ist, steht Yvonne strahlend vor
mir. Sie hat meine Urkunde ausdrucken lassen: 3:09:57 h – Wenn das mal
keine Punktlandung ist!
Nach der Massage |
Muchos Saludos de Mallorca,
Oli.
Infos: www.abc-marathon.de
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