8:45 h, fast alle haben ihre blauen Rucksäcke in den Lkws
abgegeben sind weiter nach vorne. Es ist sehr kühl, etwas Wind, aber die
Sonne kommt durch. Gut, dass es bald losgeht und wärmer wird. Wer darf
das schon erleben, die Millionenstadt ohne Verkehr.
Mit Blick auf das 2.000 Jahre alte Kolosseum stehen wir 15.000
Gladiatoren. Verkleidungen sind keine auszumachen. Halt, doch: Da
sprechen mich 2 Legionäre und Cleopatra an. 3 der 1.000 Deutschen
Läufern hier. "Auf in den Kampf", lächeln wir. Aber locker bitte, sagen
wir Marathon-Erfahrenen schnell dazu. Auf alten Mauern 30m über uns
winkt das Publikum herab: Daumen hoch. Sind wir in der Arena des
Kämpfens? Nein, höchstens die moderne Form davon.
Ich treibe gedankenversunken an historischen
Stellen vorbei. Caesars „De Bello Gallico“ habe ich in der Schule
gnadenlos übersetzt. Ich bin froh, dass man hier English spricht. Na ja,
auch nicht viele, ist eben schwer für Italiener. Vorbei an den riesigen
Thermalanlagen Caracalla, leider seit 2.000 Jahren außer Betrieb. Ach wie schade, kein Bad
hinterher. Die alten Römer hatten es gut, noch ganz ohne Cappuccino,
italienischem Eis und Pizza Calzone. Unsere Marschverpflegung ist Wasser, Gatorade
(meist gelb), Bananen, Blutorangen. Und davon ausreichend alle 5 km.
Meine Hände riechen noch nach dem Harz der
Pinienzapfen, die ich gestern in Wald von Lazio gesammelt habe.
Spaghetti mit selbst gerösteten Pinienkernen. Puh, und jetzt ein Schluck
blankes Acqua Minerale. Welch ein Kontrast.
Als altphilologischer Pennäler mit 13 Jahren konnte ich mir unter Ovids
Epilogen nichts vorstellen. Die dicken hohen Pinienbäume hier machen im
Sommer enorm Schatten für Gedichte. Es beschleicht mich ein seltsames
Gefühl: Hatte ich damals schon heimlichen Spaß daran? Ich erinnere mich,
dass wir auch Asterix mal auf Latein übersetzt haben. Das war super.
Der graubraune Tiber fließt leise neben uns. Ein
paar Mal überqueren wir ihn, sehen tun wir ihn fast nie. Dafür viele
viele Kirchen, monumentale Gebäude, Mauern und Ruinen. Rom ist etwas
"ruiniert", und das hat seinen eigenen Charme, jetzt um 10 Uhr morgens bei
km10 und einem Schluck Wasser. Die Becher knacken unter meinen Füßen.
Bei 13°C mögen nicht viele Römer auf ihre Strassen. Marathon reizt nicht
sehr. Erst gegen Mittag und 17°C stehen Scharen von tobenden Römern im
Zentrum, auf Tuchfühlung zum Teil.
Ich laufe ruhig, fast punktgenau jeden km gleich
schnell. Gut, eher gleich langsam. Es ist Anfang Frühling, noch nicht
Marathonläufers Hochsaison. In Rom beträgt
daher die Maximalzeit 7 Stunden. An der Tiberinsel stehen wieder
viele Leute. Einer bedankt sich bei der Welt und uns Läufern für das
Engagement in seiner Heimat Fukushima. Wie wird diese Katastrophe
ausgehen? Er hält seine große Flagge ganz fest und lächelt mir zurück.
Gibt’s das? Plötzlich grinst Gerhard neben mir. Wir
kennen uns vom
Indoor-Marathon aus meiner Heimatstadt Nürnberg. Nur heute
möchte er VOR mir ins Ziel. Kannste gern haben. Wir laufen auf den
Petersplatz zu, eine breite Prachtstrasse. Dieses Bild kennt man. Wir
biegen ab, laufen um den Vatikanstaat herum. Mit italienischen Akzent
ruft jemand „Ciao Ratzin-ger“. Gerhard läuft mir davon.
Ich treffe wieder auf Cleopatra, gerade mit einem
Hänger. Doch nach meinem Foto läut es wieder gut. Und 200m weiter traben
ihre beiden Gladiatoren: "Ave Caesar, Cleo ist nahe".
Km38, na so was, Gerhard wieder: „Hey, warte“. Ich
verliere ihn schnell, die Gassen sind eng.
Das wirklich unebene Kopfsteinpflaster meistern meine Füße prima, 7km
lang. Und jetzt steht halb Rom am Rand und trägt mich ins Ziel.
Besonders schön ist der Kurs zu Beginn und gegen
Ende, die Altstadt Roms ist einfach unschlagbar: Obelisken, Piazza
Venezia, Spanische Treppe und Fontana die Trevi, und am Ende laufen wir
auf das monumentale Colosseo zu, heimkehrend nach langem schweren Weg.
Salve, Rom! Jetzt habe ich mich verliebt. Ciao, ich werde wiederkommen. Und nicht erst in 1 Jahr zum Marathon…
Lionheart
Bilder Teil 1
(alle Bilder im Großformat
gratis
hier zu haben)
Kamera fertig, Schuhe fest binden... |
...den Rucksack abgeben... |
...und langsam zum Start gehen. |
Offizielles Poster: "Alle Strassen bringen nach Rom" |
Weiter langsam zum Start laufen... |
...Foto mit Empfangs-Centurio muss sein |
Hier laufen wir später auf die letzten 500m ums Colosseo herum ins
Ziel... |
...die Fans stehen jetzt schon auf der Mauer über uns |
6°C, boh ist das kalt! |
Lionheart ist guter Dinge |
Starteinlass direkt am
Colosseo |
Links freier Durchgang für mich Startblock B, rechts wartet Block C |
Block C wartet hinter uns |
Oh, was für eine Überraschung: eine Deutsche
Cleopatra
mit Legionärsfreundin |
Die Stimmung ist heiß (wärmt)...
|
...der Startschuss ist Punkt 09.00 Uhr erfolgt.
Alea iacta est" (der Würfel ist gefallen), sagt der Lateiner. |
Wir stehen noch, werden von oben angefeuert... |
...und sehen auf der Videowand den Start von oben |
Andiamo! Los gehts ("carpe diem!", pflücke den Tag)... |
...und schon nach 1km geht's bergauf (Rom ist auf
7 Hügeln
erbaut) |
Hügel 1 erklommen, jetzt ist mir nicht mehr kalt.
|
Der bunte "Circus" läuft: Durchs Tor am
Circo
Massimo,
dem größten Circus im alten Rom |
Km2: Viele bunte Italiener mit sorgenvollen Mienen: Diese Sache ist
ernst! |
Marine-Musik-Corps |
Km4: Porta
San Paolo, ein altes Stadttor... |
...und daneben die
Cestius-Pyramide (ein Volks-Tribun-Grabmal aus 12. v.Chr) |
Infotafel: Roms Innenstadt ist wegen Marathonläufern gesperrt |
Km7: Wir laufen das erste Mal über den Tiber |
Ein Stück an einer alten Mauer entlang |
Km9: Ich treffe die Legionäre Thorsten + Freundin wieder |
Km10: In Gedanken an alles leckere Italienische: Und jetzt ein
Schluck Wasser? |
Oder Gatorade gelb? |
Man nehme sich einen Becher... |
...oder Mario reicht uns begeistert einen |
Es gibt hier Wasser und "Salts" (=Iso/Mineraldrink, also Gatorade)... |
...in Plastikbechern |
Km11: Ich lerne die fröhlichen Alexandra+Elvira kennen |
Ein Japaner bedankt sich für die Unterstützung der Welt.
Vor wenigen Tagen ist die Katastrophe in Fukushima passiert. |
Km13: Die Tiber-Insel, wir nähern uns wieder dem Zentrum... |
...mit wieder viel Publikum an der Synagoge |
Ich nehme keinen Schwamm. Mir ist es angenehm kühl, ich schwitze
wenig. |
Die Engelsburg,
ein Kaiser-Mausoleum aus dem 1. Jahrhundert |
Ich verlasse die Rennstrecke 200m, für ein Foto auf der Engelsbrücke |
Km 15: Bei mir läuft es gut, auch wenn es mein erster Marathon des
Jahres ist |
Verpflegung, hier "Solidi", also was Festes. "Suum cuique" sagt der
Lateiner
(jedem das Seine), ich schnappe mir eine saftige rote Blutorange. |
Blick zurück auf die Engelsburg.
Mir gefallen diese Pinienbäume |
Von hinten spricht mich Gerhard an: Heute will ich 1 sec. vor Dir
ins Ziel.
- "OK, kannst Du gern haben. Ich trabe weiter locker und gucke mir
Rom an"... |
...jetzt gerade die Prachtstrasse genau auf den Petersdom zu.
Hier wohnt der bayrische Papst im Vatikan-Staat... |
...und diese Fans? Ich weiß nicht, ob die Sonntags-Messe gerade
parallel läuft |
Blick durch die Säulenhalle auf den Petersdom |
Km20 mit Zwischenzeit-Tafel |
Einen Becher nehmen und vorbei an den schon blühenden Bäumen |
Halbmarathon-Tor, jetzt wieder 2km direkt am Tiber entlang |
Cleopatra in Pose |
Hier zu
Bilder Teil 2
Infos:
www.maratonadiroma.it
(Finisher: 12.596)
Links:
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