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Letzte Änderung: 13.06.2009
 

37. Passatoe 100km
30.05.2009




 


 

 (Bericht+Fotos: Monika Krautwurst)

 

 

Der 37. Passatore – 100km Florenz-Faenza
 

So, nun sollte es also soweit sein: Mein erster 100 km Lauf. Nach erfolgreichem 73km-Rennsteiglauf 2008
erfasste mich Erwins Bildbericht vom Passatore 2008… und ließ mich nicht mehr los!


Es
lief bis dato alles glatt. Das Training war nicht übermäßig, aber OK. Es gab keine gesundheitlichen Probleme im Vorfeld, meine beiden Männer und ein Wohnmobil standen bereit und unser Weg nach Florenz begann. Trotzdem wuchs meine Angst Stück für Stück! 100 Km? Hast du dir da nicht doch zu viel zugemutet? In der Hitze! Hinzu kamen jetzt plötzlich sich anbahnende Fußkrämpfe - so was hatte ich noch nie. „Mama, das sind Phantomschmerzen!“, scherzte mein Sohn“. Angekommen in Florenz und eingecheckt im wirklich empfehlenswerten Campingplatz "Michelangelo" mit grandiosem Blick auf die wunderschöne Stadt am Arno, folgte erst mal ein minimalistischer Altstadtbummel in brütender Hitze. Startnummernausgabe sollte a der Piazza Santa Croce sein (am Starttag), der Start selbst an der Piazza della Signoria. Nix war davon zu sehen am Vortag, so gar nix! Wir fragten einen freundlichen Polizisten, der wiederum mit Fragezeichen im Blick in seiner Zentrale nachhorchte und unsere Info dann bestätigte. Nun gut, wer in 4 Tagen die Beerdigung von Papst Johannes Paul II für ein Millionenpublikum auf die Beine stellen kann, für den wird unser kleiner Lauf ein Klacks sein. Gesagt – Getan, typisch Italien eben:

Am Starttag versammelten sich gegen 14 Uhr viele Läufer auf besagtem Platz mit guter italienischer Stimmung, neben dem üblichen Pfingst-touristisch geprägten Stadtbild. Wir Läufer waren eher Kulisse und fügten uns ins Stadtbild ein. „Hilfe, die sehen alle extrem erfahren aus“, dachte ich. Gruppen verschiedener Laufclubs, jung & alt, teils in Baumwollhose, teils mit Gürteln bis an die Zähne bewaffnet. Ich fühlte mich völlig unbedacht ausstaffiert: Kein Hut, keine Kappe, kein Handy (man weiß ja nie, wo und wie der Lauf endet), keine Reflektoren. Na toll. Gel, Riegel & Co. habe ich ja mittlerweile komplett aus meiner Ausstattung gestrichen. Es geht prima (und besser) mit natürlichen Lebensmitteln, ohne Präparate und Hilfsmittel lange Distanzen zu bestreiten.

Auf dem Weg zum Start, der nicht direkt auf der Piazza, sondern in einer Strasse von der Piazza della Signoria abgehend war, bewegte es einige Starter und auch mich vom tosend-quasselnden Lärm der Startatmosphäre in eine Kirche direkt nebenan, um noch ein Stoßgebet nach oben zu schicken: Lieber Gott, lass uns alle heil ankommen! Ruhig war es hier und der Respekt aller vor dem zu erwartendem Tag-/Nacht-Lauf war deutlich zu spüren. Die Stimmung am Start war super, und es schien mir so, als wären fast alle hier schon mal angetreten: Sehr familiär und freundschaftlich, gelassen und in Feierstimmung.

Los ging’s: Tschüß Torsten & Lucas! Wir hoffen uns bei km 25, 50, 68 und im Ziel wieder zu sehen. Es geht durch die traumhafte Stadt Florenz. Meine Güte ist das schön hier! Aber auch extrem heiß. Der Weg führt uns nun direkt raus aus der Stadt, vorbei an herrschaftlichen Villen. Ich komme gut in Tritt, keine Krämpfe, mein Stoßgebet. Nun beginnt auch schon der Anstieg. Es geht nach Fiesole und wir schlängeln uns von 65 auf 295 m hoch. Manch einer geht schon stückweise, wegen der Hitze. Bei mir geht’s gut: Was weg ist, ist weg!

Die Betreuung ist sehr vorbildlich. Begleitfahrzeuge der Veranstalter reichen uns zwischendurch noch kleine Wasserflaschen, obwohl die Versorgungsstellen („Ristoro“) alle 5km super ausgestattet sind. Es gibt immer neben Äpfeln, Bananen, Wasser, Iso, Säften später auch noch Kekse, Kuchen, Brote, Zuckerstücke, Salz, Tee, Kaffee und Wein (!) - wer mag.

Es geht immer weiter bergauf. Der erste Berg ruft. Puh! Ich treffe auf einen Läufer, der kurz anhält um Kirschen zu pflücken und wir kommen lachend in Kontakt. Aldo ist schon zum 9. Mal unterwegs und fest entschlossen mich „Greenhorn“ nach Faenza zu bringen. Es ist wirklich lustig: Ich spreche null italienisch und Aldo weder Englisch noch Deutsch. Trotzdem klappt es: Mein Schutzengel auf meinem ersten 100km Lauf. Es ist kaum zu glauben: Später,  beim Sichten der Fotos und des Mini-Videos vom Start erscheint tatsächlich Aldo kurz nachdem ich aus der Kirche kam: Wirklich mein Schutzengel.

Es geht durch die wunderschöne Toskana: Ich fühle mich wohl in dem saftigen Grün, laufe vorbei an kleinen Weilern und  durch Dörfer in Volksfeststimmung, die nur auf uns Läufer gewartet haben und uns wie wild anfeuern, und genieße die klare Luft. Wie auf Korsika, meiner Lieblingsinsel . Genauso sieht’s hier aus. Darf man das in Italien sagen?

Wir überqueren Flüsschen und laufen in Serpentinen den Weg entlang. Ein genialer Blick! Mein Tempo ist optimal und so erreichen wir die erste Bergspitze in Vetta le Croci (518m), können dann unsere Beine wieder auf 195m fallen lassen um dann ab km35 den großen Tour-de-France-artigen Anstieg zum Colla di Casaglia (918m) zu bewältigen. Viele Läufer gehen hier. Und auch wir wechseln zwischen minutenlangem Gehen und Laufen, quasi „Jöggeln“.

Aldo kennt scheinbar das halbe Läuferfeld und wir sind immer wieder ein nettes Grüppchen, das sich ohne Worte versteht! Schön! So langsam verschwindet die Hitze und durch die gewonnene Höhe wird es angenehm kühl. Die Schatten werden länger. Aldo will mich überreden, „oben“ ein wenig von dem guten Passatore-Rotwein zu trinken, der in der Tat gereicht wird. OK, ich probier es. Wirklich lustig: Aldo ist der passende „Schutzengel“ für mich.

Wir erreichen überglücklich den höchsten Punkt des Laufs (km 48). Aldo schenkt uns Wein ein, nur einen Minischluck, mehr ist mir zu heikel - schließlich ist erst Halbzeit. Zuprosten, Schulterklopfen und weiter geht’s. Zum 2. Mal treffe ich auf meine beiden anderen Schutzengel, die Ihren ganz eigenen Passatore erleben und bei weitem nicht weniger Aufregendes erlebt haben.. (Vielleicht folgt noch ein „Laufbegleiter-Bericht“?). Es ist Nacht. Ich schnappe mir meine Stirnlampe, die hier und heute zum ersten Mal richtig zum Einsatz kommt. Der Weg geht nun nach dem Gipfel steil bergab und wir fliegen etwas durch die Nacht (Recht hast du, Erwin!). Es ist gar nicht so schwierig im Dunkeln zu laufen. Es ist eher meditativ und ruhig, man ist bei sich, konzentriert sich aufs Wesentliche.

Trotzdem werden meine Beine langsam müde, der Magen mag kein Wasser mehr, kein Obst, alles wird anstrengend. Mein erster 100er. Klar ist das kein Zuckerschlecken. Aldo ist immer noch gut drauf: „Monika - tutto bene?“ „Tutto bene“ antworte ich, manchmal auch nur “piccolo bene”. Es geht durch die Nacht. Eigentlich geht es laut Plan jetzt „nur noch bergab“, um bei Hm 35 Faenza zu erreichen. Leider gibt’s immer wieder kleine Anstiege, die gefühlt wie zusätzliche Berge erscheinen. Wir laufen immer am Straßenrand links, „Sinistra“, wie mein Schutzengel immer wieder fordert .Ich hab nämlich die Tendenz immer auf die Mittellinie zuzusteuern, was gefährlich sein kann. Hier in Italien läuft und fährt es halt italienisch. Selbst tief in der Nacht rast der Gegenverkehr an uns vorbei, und zwar eng!

Tipp: Es macht wirklich Sinn, reflektierende Sachen (Weste o.ä.) mitzunehmen. Aber das hatte ich leider nicht. Ohne Lampe hätten sie uns bestimmt umgemäht. Zum 3. Mal treffe ich meine "Famiglia". Nur kurz, denn Stehenbleiben wird immer unangenehmer: "Alles paletti?" – „Wir sehen uns im Ziel". „Ziel?“, denke ich, „noch sooo lange!“

Wir durchqueren wieder beleuchtete Dörfer. Zeitabnahme, Fotos, Fiesta! Das ganze Dorf scheint wach und bereit, auch den letzten Läufer feiern zu wollen. Danke Italien, danke Toskana, es ist sooo schön bei Euch! Kinder spielen Fußball auf einem von Flutlicht erleuchteten Dorfkickerplatz, eine Familie sitzt bei Lagerfeuer & Gitarre am großen, gedeckten Tisch bei Vini & Panini. Alles läuft wie im Film an mir vorbei: Die Beine laufen dem Schutzengel hinterher. Irgendwann wird es wirklich anstrengend und kein Gedanke wie „Ist ja nur noch eine Haustrainingsrunde“, oder „Nur noch 10km“ wirkt mehr so richtig. Auch mein Schutzengel Aldo wirkt KO. Er will mich vorschicken, wenn es ihm mal nicht so gut geht, nach dem Motto „Lauf ruhig schon weiter“. Nix da: Zusammen! Jede „Ristoro“-Station wird zur Qual! Was soll man noch nehmen? Was passt noch rein? Eigentlich nix mehr. Gefühlt habe ich 2 Apfelbäume, 2 Zitronenbäume, 1 Bananenstaude und 200.000.000 Liter Wasser intus, zusätzlich zum selbst gemixten, vollwertigen Powerdrink aus Hafer, Obst und Sahne-Wasser. Vielleicht sollte man auch „Ristoro“ nicht mit Restaurant verwechseln.

Nach 13:15 Std. erreichen wir Faenza. Der Zieleinlauf führt durch eine traumhafte, märchenhaft erleuchtete stille Straße und endet im... Paradies!

GESCHAFFT!!!!!!!!!!!!!!!

Torsten & Lucas stehen schon wartend mit Ringen unter den Augen um 4:15 Uhr morgens und freuen sich mit uns. Freude, Foto, Medaille, Diploma (Urkunde), alles perfekt organisiert hier! Jeder Läufer erhält 3 Flaschen Passatore-Wein, was wiederum Torsten freut. Wir trennen uns herzlich und trotzdem kommt es mir wie im Traum vor: Aldo, mein Schutzengel, der mich wie eine Lokomotive den Weg von Florenz nach Faenza geführt hat. Mille, mille grazie!

Fazit: Jederzeit wieder! 2009 starteten 1.277 Läufer, davon nur 50  Nichtitaliener. Angekommen in Faenza sind  993, also 71 %. Warum starten hier nur so wenig deutsche Läufer? Es war sooo schön! Es kann doch nicht sein, dass ich die beste deutsche Frau bin - und natürlich daher auch die Einzige. Der Lauf ist perfekt organisiert: Verpflegung, Versorgung unterwegs und im Ziel, mit Unterkunft, Rücktransport nach Florenz auf Wunsch vorhanden. Medizinische Betreuung & Massage war an den „Ristoros“ und nach dem Lauf möglich. Selbst in tiefer Nacht fuhren Begleitfahrzeuge mit betreuendem Blick durchs Feld.

Es war ein ganz besonderes Erlebnis! Freundliche Menschen - Ein genialer Lauf! Mein ERSTER 100er. Wahnsinn!!! Mein Passatore mit 3 Schutzengeln…

Liebe Grüße aus Köln,

Moni

Die Bilder
 


100km durch die Toskana: Von Florenz (unten) nach Faenza (oben)

Auf den Spuren des alten "Passatore" (Wein-Wander-Bauer)

Bis zur Hälfte (km50) zwei Berge! Ab dann ist es Nacht.

Am Vortag: Konzentriert & nervös: Es ist jetzt schon extrem heiß.

Florenz

Der Weg vom Campingplatz mit Blick auf die wunderschöne Stadt am Arno

Ponte Veccio


"Carboloading" oder Mut antrinken?

Hier soll morgen der Start sein? ...

...und hier die Startnummernausgabe?

Besser mal fragen...

...die Policia, dein Freund & Helfer

Hier ist`s gemütlich! Blick von Camping Michelangelo

Mit Frischkornbrei ins Ziel!

Startnummern-Ausgabe in brüllender Hitze.

Unterschrift auf Italienisch: Hoffentlich nicht mein Todesurteil?

Piazza Santa Croce

100 Km Luft schnuppern.. Hinten Ivan aus Kroatien von Erwins 2008-Bericht (zum 5.Mal dabei)

Warten auf den Start: Im Schatten.

Langsam bewegt sich alles in Richtung Startgasse.

Lucas: "Mama, Du schaffst das!"

Nr. 682 ist zu Scherzen aufgelegt. Er hat's auch geschafft, mit Kostüm!

Trubel vor dem Startschuss.

Der "Passatore" (Figur hinten drauf)  fährt immer vorweg.

Lucas führt Strichliste. Wie viele Läufer sind VOR Mama? Na, der hat Ideen...

...und wartet...

Viele Begleitfahrzeuge säumen den Weg.

Wasser, Wechselshirt, Power Drink, Tempos & Stirnlampe: Für den Fall der Fälle

Meine "Assistenza"

Biodoping mit Vollkorn-Brei

Es geht direkt weiter.

Langsam wird`s dämmrig.

Es gibt ab & zu auch Stau bei den Begleitfahrzeugen.

Er war 2008 auch schon dabei, läuft für den Frieden & gegen den Welthunger!

Wahnsinnige Straßenrambos. Nee, es sieht gefährlicher aus als es war, aber trotzdem.

Es ist dunkel! Lucas das Glühwürmchen.

Der Randstreifen führt uns den Weg.

Aldo & Moni:  "Sinistrsta!". Doppelpack mit Schutzengel.

Faenza, das erleuchtete Paradies.

Patty ist auch schon im Ziel.

Endlich! Nach 13:15 Std. erreichen wir Faenza...

...und sehr glücklich!!!!

...Lucas auch.

Gleich bücken (noch geht`s) für die Chipabgabe

Aldo organisiert...

...das "Diploma"

Föllisch fädisch!

Nur 1 Blase? Guter Schnitt!

Rückweg über das schöne Locarno. Wo ist die nächste Herausforderung?
Nein, ich hab ja gesagt: "Wenn ich das schaffe, spiel ich erstmal nur noch Minigolf".
 

Sobald alle Bilder da sind wird es noch mehr Bilder geben.

Und vielleicht einen Bericht der Begleiter (auch mal sehr interessant!)

Erwins Passatore-Bericht klickt hier: Erwins Passatore 2008
 

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