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Letzte Änderung: 23.06.2011

Moni im Ziel: geschafft (mit Sohn Lucas)

Bilder vom 11. Köln Marathon
07.10.2007

(Halbmarathon plus Marathon)

 (Bericht+Fotos: Monika Krautwurst)

 

Bericht und Bilder

Doppelt gelaufen hält besser: Der "Run 63" in Köln


„Du bist ja wohl total bekloppt!“  „Verrückt!!“  „Willst Du Dir das echt antun?“  „Das könnt ich nicht, nach ner Pause noch einen Marathon dranhängen!"

Eigentlich waren das im Großen und Ganzen die Reaktionen meiner „Umwelt“ auf mein geplantes Unterfangen, erstmals einen Lauf jenseits der 42km zu bewältigen. Doch irgendwie hatte ich Lust dazu. Wahrscheinlich lag alles daran, dass schon 3 Versuche meine Marathonbestzeit unter 4h zu bringen fehlgeschlagen waren. Ich hasse es halt, mich zu quälen mit Tempoeinheiten. Lieber laufe ich mit Spaß & Genuss und auch gerne noch länger!

Nun war es soweit. 12 Wochen diszipliniertes Training lagen hinter mir und die Aufregung stieg von Woche zu Woche. Ob ich das wirklich schaffe? Im Zuge des “Ford-Köln-Marathon“ in der Karnevals-Hochburg am Rhein gibt es seit 2 Jahren die Möglichkeit den Run63  zu laufen, was im Klartext heißt: „Erst läufst Du den HM und stellst Dich dann wieder hinten an, um den Marathon dranzuhängen. Je nach Tempo hast du noch etwas Pause zwischendrin.“ Das ist die Vorgabe. Das Teilnehmerfeld ist auf ca. 60 begrenzt, davon viele „Freaks“ und erfahrene „Ultras“.

Am Start des Halbmarathon

Oje, nun stehe ich hier: 7. Oktober 2007, 7:30 Uhr, ich begebe mich gut hydriert auf die Suche nach dem „Ultrazelt“, in dem um 8 Uhr eine „Wettkampf-Besprechung“ stattfinden soll. Der Gedanke macht mich schon fertig: „Wettkampf…“ Es soll doch einfach nur Spaß machen! Die freundlichen Helfer überall wissen leider auch nicht, wo das besagte Zelt sein soll und in mir steigt langsam leichte Unruhe hoch. Irgendwie finde ich das Zelt doch noch. Nun kann ich in Ruhe meinen Beutel an die mir zugeteilte Stelle platzieren. Allerdings wird das „Ultrazelt“ total abgeschottet von der restlichen Läuferschar. Nur mit „Ultra-Startnummer“ dürfen wir passieren. Beeindruckend! Nervös verbringe ich die Zeit mit mehreren WC-Gängen. Das mit dem „gut hydriert sein“ erweist sich für mich immer als Problem. Ich betrachte mir die mitlaufenden „Ultras“: wenig Frauen, viele kampfeslustig hüpfende gut trainierte Männer, aber auch einfach ganz „normal“ wirkende Läufer, ohne Geheimmassageöl und Spezial-Laufanzug. Das beruhigt! Nach der Besprechung, die uns eigentlich nur über den Ablauf informiert (wo wir ankommen werden und wann unsere Sachen nach dem M-Start weggebracht werden etc.), können wir uns schon ins Starterfeld einsortieren und zwar direkt hinter den Topläufern!

Ob dieser Tatsache kam ich heute Morgen beim Nachrechnen der Zeiten zum Ergebnis, dass ich wahrscheinlich 30 min. mutterselenallein durch Köln laufen muss, da die nachfolgenden 2:15-, 2:30-, 3:00- und 3:30-h-Läufer mich nach ein paar Minuten einholen werden und ich dann bis zu dem Zeitpunkt, in dem meine „Tempogruppe“ auf mich trifft, einsam laufen würde. Das alle anderen Ultrastarter sowieso schneller als ich wären, davon ging ich aus. Welche Gedanken!

Die Atmosphäre war gigantisch! Das Wetter sonnig und schön frisch, die Stimmung wie immer in Köln: unvergesslich! Diesmal hier in Köln besonders „jeck“, da es der 11. Köln-Marathon ist und 11 ja DIE Karnevalszahl ist (11.11.). Neben HM, M, Inliner-M, Run 63, Run 105 (mit zwischendurch noch Inliner-M) gibt es auch Schulstaffeln und Karnevalsstaffeln. Diese erfreuen einen immer wieder, während des Laufens und auch schon vorher.

Der Startschuss fällt und nach einem „Stoßgebet“ trabe ich langsam los. Ich kenn das ja schon hier in Köln, am Anfang ist es erstmal drängelig, nicht aber heute, da ich ja so weit vorne starte. Ich habe mir gar kein Tempo vorgenommen. Vielleicht so 6 min/km, besser nicht schneller, aber das ist halt so mein „Schlapptempo“. Super, es geht richtig gut los. Plötzlich bemerke ich einen „Schatten“ hinter mir. Eine Mitläuferin hält genau mein Tempo und läuft recht eng bei mir. Erst etwas irritiert nehme ich sie wahr und laufe weiter. Wir reden nicht, ich glaube, dafür sind wir zu nervös, laufen aber wie siamesische Zwillinge die ganze Zeit nebeneinander her. Ein schönes Gefühl! Köln, meine Stadt! Wir werden an allen Ecken und Enden angefeuert, hören ständig aufbauende Worte und Lobhudeleien. Sambabands immer da wo man sie braucht. Und soo viele Menschen, dass mir beim Versuch bekannte Gesichter im Zuschauerfeld zu entdecken beim „Scannen“ derselben fast schwindelig wird. Ich bin ja eine „Gel-Läuferin“ – bin beim Fremdessen & -trinken schon mal in Rom böse auf die Nase gefallen (bzw. auf den „Hintern“) und nehme schon fast autistisch an jedem Verpflegungsstand ab km15 ein Squeezy und 2 Wasser. Da ich ja von Beginn an gut hydriert war (zu gut)  meldet sich mal wieder meine Blase und ich muss meine Zwillingsfrau weiterziehen lassen. Mist! Hoffentlich hol ich sie wieder ein. Nach der Zwangspause spurte ich ordentlich los, in der Hoffnung sie wieder einzuholen. Ich hoffe, das rächt sich nicht später. Bekloppt „fremden“ Läufern hinterher zu rennen und zu riskieren später einzubrechen! Aber ich hab’s geschafft und wir setzen nach einem kurzen aber herzlichen „ Hallo!“ unseren Zwillingslauf wieder fort. Kräftemäßig ist der HM wirklich ganz locker und es ist schön im Vorfeld zu laufen. Man soll sich ja vor einem Marathon gut warm machen, oder?

Kurz vor dem Zieleinlauf in Höhe des Neumarktes kommen wir doch ins Gespräch und Sabine – so heißt sie - bekundet, dass wir ja absolut perfekt zusammen gelaufen sind. Ihr Freund hatte ihr geraten, sie solle sich einen Läufer/in suchen die ein passendes Tempo hat. Ach deshalb! Und dann stellen wir fest, dass wir BEIDE heute das Erste mal den Doppellauf RUN 63 bewältigen wollen. Gibt’s das? Sofort beschließen wir, total happy, den Marathon auch zusammen zu laufen.

Die Pause zwischen HM und M gestaltet sich recht unspektakulär: Trinken, Riegel, WC und dann noch etwas Wartezeit bis zum Start. Plötzlich erscheinen mir die ganzen „Ultra-Freaks“ total entspannt und gleichzeitig euphorisch. Es herrscht eine echt nette Stimmung und wir unterhalten uns alle querbeet.

Der Marathon

Jetzt geht’s zur 2. Runde: wieder dürfen wir hinter den Topathleten starten ;-) Der Oberbürgermeister samt diverser Karnevalisten und Sprecher der Veranstaltung  zählt mit der Menge den Countdown und dann geht es los. Zum zweiten Mal über die Deutzer Brücke rüber in das Marathonland! Plötzlich können wir unsere Doppelstarter-Kollegen auch besser identifizieren und freuen uns immer, einen aus der „Familie“ zu treffen. Ja, es ist wirklich das Gefühl einer kleinen Familie. Sabine und ich erzählen uns auf dem Weg fast unser ganzes Leben. Wir sind beide im Laufalltag ansonsten immer alleine unterwegs - aus Überzeugung - und sind nun total happy, dass wir so perfekt harmonieren! Meine Blase meldet sich wieder! Ich werd wahnsinnig! Jedes mal dasselbe. Hydrieren hin oder her. Ich mach eindeutig was falsch. Innerlich fluchend stürme ich in ein Eiscafe, dessen Besitzer mir irritiert die Nutzung seiner Toilette erlaubt. Na super, jetzt wieder in der Meute Sabine zu finden ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich gebe Gas und 800m später sehe ich sie wieder! „Hallo, schon wieder!“ Mal vor mal hinter uns laufen Andreas aus Bochum und Michael aus Berlin, der schon Ultra erfahren ist und auch schon Biel hinter sich hat. Wahnsinn! Es macht uns allen so viel Spaß, obwohl wir alle irgendwie ordentlich Respekt vor der geplanten Distanz haben. Bei KM 15 fragen wir uns gegenseitig nach unserem Befinden und stimmen alle überein, dass sich 15 KM sich „sonst immer“ anders anfühlen. Wir haben ja auch schon was in den Beinen…

Bei der übernächsten Verpflegungsstation, Sabine und ich sind schon gut aufeinander abgestimmt, fällt uns auf, dass Michael plötzlich nicht mehr da ist. Irgendwann finden wir Andreas, der uns erzählt, dass es Michael nicht so gut gegangen ist, dass er am Anfang zu schnell unterwegs war und nun besser langsamer und allein laufen wollte. Oje, plötzlich wird uns bewusst, was so alles noch mit uns passieren könnte und wir sind so dankbar, dass es für uns noch so gut läuft. Jetzt sind wir zu dritt in unserem „Rudel“. Sabine, Andreas und ich. Und auch das läuft ganz klasse. Immer wieder erkundigen wir uns kurz gegenseitig nach dem Befinden, erzählen, genießen die Stimmung, das Wetter und unseren Lauf. Besonders an den Engstellen, den „Ringen“ mit Rudolfplatz, Friesenplatz und Chlodwigplatz wird man von den Rufen und Pfiffen der Zuschauer quasi „durchgesogen“ und muss echt aufpassen, nicht zu stürzen. Unglaublich! Hier war unser Marathonpunkt. Und es geht uns prima. Immer wieder treffen wir auch auf meine Familie: Mein Mann, mein Sohn und meine Eltern betreuen uns physisch und psychisch vom Rad aus. Sie durchqueren Köln heute auf diesem Wege um mich zu begleiten, bei meinem großen Lauf. Danke dafür! Bald sind wir an unseren KM 50. Die Muskeln werden müder, aber wir puschen uns immer wieder mit unserer für uns unglaublichen Leistung und müssen uns selbst bestaunen: „Wir sind 50 km gelaufen!!!!“

Es geht immer weiter und irgendwann meldet sich ein fieses Ziehen in meiner rechten Wade.. Ihh! Was ist das denn? Ich kühle bei jeder Möglichkeit, dehne etwas und kann so mein Bein arbeitstauglich halten. Zum ersten Mal aber bekomme ich das Gefühl, dass es ja auch nicht so gut weitergehen könnte. Bis jetzt war ich, was Verletzungen betrifft ein „unbelecktes Blatt“. Noch 12 km. Ich fange an mit meiner Wade zu handeln und ihr zu versprechen, ab dem nächsten Training immer und regelmäßig zu Dehnen. Versprochen! Es scheint geholfen zu haben. Meine Wade ist gnädig und der fiese Schmerz ist irgendwann weg. Wir sind wieder am Rudolfplatz. Jetzt ist es echt nicht mehr weit. Sabine wird wortkarger. „Alles klar? Was ist los?“ Der Hammermann hat doch noch jemanden von uns erwischt. Sabine ist übel und bittet uns eindringlich weiterzulaufen und sie alleine weitermachen zu lassen. Oh nein!

Schweren Herzens lassen wir sie hinter uns, aber nur, weil sie uns fast böse angesehen hat als wir warten wollten. Da waren’s nur noch 2. Andreas und ich laufen irgendwie weiter. Wir laufen nur noch automatisch. Severinsstrasse, der Dom mit Wahnsinns Stimmung und tausend Menschen.  Plötzlich keimen kleine neue Endorphine auf und ich werde schneller. „Kannst du noch? Wollen wir Gas geben?“ Andreas gibt grünes Licht, aber nach 500m geht’s doch nicht mehr. Akku leer. Andreas Knie meldet sich schmerzlich, er bangt etwas, aber wir schaffen es überglücklich die Deutzer Brücke zu überqueren, die direkt im Ziel enden wird. Kurz vor Brückenende bekommen wir noch Kraft von meiner Familie und Freunden, die uns fast ins Ziel klatschen und pfeifen! Wir haben es geschafft! Irre! 63km!

Aber was ist mit Sabine? Wir warten noch , lassen uns durch die Verpflegungsmeile schieben, tauschen E-Mailadressen aus und hoffen im Kontakt zu bleiben! Sabine & Andreas, das war ein ganz toller Lauf mit Euch! Wir waren ein super Team!


Unser Dreier-Rudel

 

Schön, dass mich mein Sohn im Ziel erwartet...

er freut sich so wie ich.

Nächstes Jahr wieder- Treffpunkt „Ultrazelt“ !

Liebe Grüße aus Köln,

Moni

P.S. Sabine ist gut ins Ziel gekommen, nur etwas langsamer, wegen ihres Magens. Michael aus Berlin muss uns übrigens kurz vorm Ziel noch überholt haben! Gruß an ihn!

Offizielle Webseite: www.koeln-marathon.de

Weitere "Team-Bittel" Köln-Lauf-Berichte: klickt hier: 2007 Stefan, 2004 Claus und 2002 Gaby's 1. Marathon und 2002 Stefans 1. Marathon
 
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