Norbert und der braune Hut auf meinem Kopf reihen sich ein, in das sich
träge gen Starttor bewegende bunte Feld der Läuferköpfe. Das wird Staus
geben, denkt der Kopf unter dem Hut laut. 4 Minuten nach dem Startschuss
traben wir über die australienrote Startmatte: los geht es. Und direkt
auf die
Reeperbahn, eigentlich die Strasse der Seilknüpfer („Reep“). Eng
stehen die Leute vor den Erotic-Shops und Peep-Shows. Nee, der läuft ja
mit Hut?
Crocodile Dundee, vor dem Start (sitzt der Hut?) |
Startfeld (Blick nach vorne) |
Starfeld (Blick nach hinten) |
Los geht es, eng auf den ersten Metern |
Reeperbahn... |
...mit typischen Lokalen überall |
Eng geht es auch unter uns Läufern zu. Oft läuft jemand vor uns quer,
überholt im Slalom. Das ist gefährlich. Wir bleiben cool. Ohne
irgendeinen Stau laufen wir genau unser Tempo (6 min je km). Staulos.
Ha, wie die Hamburger das schaffen! Nach km5 kommt die Kehre zur
Elbchaussee mit ihren feudalen alten Villen und grünen Parks. Es läuft
sehr gut und locker, bemerkt der Outback-Hut-Mann an Norbert. Wir
blicken bis km10 auf die Elbe mit den wirklich riesigen Schiffen.
Irgendwie auch ein Blick in die Weite der Welt. Ich grüße die Zuschauer
wie immer mit „Servus“ und denke dabei auch an „Ein Bayer in Hamburg“.
Die Hamburger an der Strecke sind wunderbar. Ich höre meinen Namen
mindestens jede Minute ein Mal. Und sie meinen es ernst und sehen mich
an dabei, trotz der Menge Läufer um mich. Norbert hat wieder Recht:
Hamburg ist besonders.
km3 - Gedränge, aber kein Stau |
Oder doch Stau? |
Es wird eng |
Km6: Elbchaussee, das Feld verteilt sich langsam |
Rena Go! |
Norbert (hellblau) mitten im Geschehen |
km8 - Noch immer Elbchaussee... |
...und schon wieder eine Band in der Morgensonne |
Wir nähern uns dem Highlight Nr. 1... |
|
An den Landungsbrücken km11 stehen die tobenden
Leute geballt. „Gänsehaut-Feeling“ sagt Norbert zu mir. Ich rücke meinen
Hut zurecht. Ob wir in diesen Massen Maeve und Cornelia sehen? Yes! Oh,
super, sie entdecken uns wirklich. Jubel Jubel! Leider stehen unsere
Fans am anderen Straßenrand.
Tosender Applaus beim Anflug auf die Landungsbrücken... |
...auch von unseren Fans (hinten auf der anderen
Straßenseite) |
Fans mit Flaggen... |
...und im Gras |
Hamburger Matrosenband |
Und wir verlassen den Hexenkessel Landungsbrücken |
Wie heißt der Turm? |
die Elbe |
Wir laufen vorbei an... |
...der Speicherstadt |
Wir laufen genau auf der „blauen Ideallinie“. Und
genau unser geplantes Tempo. Der alte Buschmann und der Triathlet. Oft
muss ich Norbert etwas bremsen. Die Publikumsbegeisterung, Musik am
Straßenrand, kleine Kinder abklatschen. All das bringt die Emotionen in
Schwung und schwupp läuft er 5m voran. Hamburg ist halt doch ein
Wahnsinn!
Hummel-Hummel-Rufe für einen Läufer vor uns. Immer wieder
Kinder, die mir zurufen: „Cowboy!“. Es wird warm unter dem schweren
Lederhut. Ein Australienkenner, neben uns trabend,
erzählt mir von seinem Urlaub dort. - Weiß das Känguru wie unsere ersten 15km
so schnell vergangen sind. Und schon sind wir im zweiten Drittel. Hey,
und wo ist Hamburgs Wind? Es wird warm werden. Norbert hat Glück und
erwischt eine der Iso-Flaschen. Das ist gut, stets kleine Schlücke gegen
das Austrocknen. Triathleten wissen das.
Immer wieder Familien, Kinder mit Rasseln |
Im Tunnel (km15) |
Wir kommen im Jubel... |
...an die Binnenalster |
Wir Dur mir grüßt... |
...so grüß ich Dir |
Links Spendenläufer, entlang der Alster... |
...wo endlich die Mandelbäume blühen |
Eine lange Weile finden wir jemand am Fahrrad
direkt neben uns mit treibend. Er sammelt Spenden für krebskranke
Kinder. Und schwitzt und atmet kräftig vom permanenten Ermuntern des
Publikums per Mikrofon. Erst spät erkennt ihn Norbert als den bekannten
Fernsehkoch Tim
Mälzer am Fahrrad. Wieso er mehr schwitzt als ich, fragt er
mich? No worries, mate! Es ist der Hut…
Dixie Band... |
...mit Leib und Seele. Auch das ist Hamburg! |
Typischer Blick entlang der Strecke |
Das Läuferfeld hat sich auseinander gezogen |
Weck den Haile in Dir (erinnert mich an
Berlin 2007) |
Viele ergattern eine Trinkflasche |
Es läuft und läuft... |
Wieder ein Stimmungsnest! |
Norbert läuft auf Glückshormonen |
Publikum in der Kurve: wir fliegen vorbei |
Hamburg Weltstadt: Korea grüßt uns |
Tim Mälzer am Fahrrad: nimmermüde Spenden erbittend |
Die Verpflegungsstelle kommt: zuerst Eigenverpflegung... |
..dann Wasser... |
...für alle... |
...weiter geht es. Wieder-Los-Laufen ist schwer |
Immer wieder buntes Publikum, Hamburg live! |
Wir möchten am liebsten stehen bleiben und mitmachen |
"Highway To Hell", ein Song der Australier AC/DC |
Wir überholen Rainer, als Sebamed-Flasche |
Das letzte Drittel - Die Beine
werden schwer
Km25: bei vielen streiken die Beine schon... |
..doch er kann noch lachen |
Weiter weiter... |
...km34: Norbert findet es jetzt nicht so easy... |
Ich besorge Norbert eine weitere Flasche, halte
Ausschau nach km-Marksteinen am Weg und führe uns durch das bunte warm
werdende Outback der Metropole. Wo ist der Wind? Eppendorf km35 ist der
Wahnsinn, man kann leicht in Euphorie kommen und denken, das ist der
Zieleinlauf. Bei km 37 steht nach längerer Pause noch einmal unser
Fanhäufchen, immer noch nicht müde, immer noch außer Rand und Band. Sie
sind genauso im Endorphinrausch wie wir. Okay, jetzt ist Norbert es
gerade nicht mehr, aber noch bis km30 war er es. Jetzt kämpft er.
Durchhänger. Was soll ich ihm jetzt zur Ablenkung erzählen?
Motivationsloch. Die Hitze fordert ihren Tribut. Ich bitte ihn nicht
lange stehen zu bleiben zum Trinken, trage ihm Wasserbecher nach. Kurz
in Ruhe außerhalb des Gewimmels stehen bleiben. Trinken. Und 1 Becher
über den Kopf! Norbert ist noch immer recht gut am Traben, hitzebedingt
etwas langsamer, aber nicht viel. Im ersten Drittel gefasste Gedanken
zerrinnen jetzt auf dem warmen Asphalt. *pling*, wech! 26°C meldet der
Sprecher. Gut, dass wir seit Beginn viel trinken.
Irgendwie findet Triathlet und baldiger Ironman
Norbert doch wieder eine Welle, die ihn weiter trägt. Doch jeder
einzelne Kilometer muss erkämpft werden. Jeder einzelne ist unser
nächstes Ziel!
Bei km 40 passieren wir den letzten der 9
aufblasbaren km-Türme. Mittlerweile gehen mehr als die Hälfte der Läufer
um uns herum. Wir müssen an vom Publikum eingeengten Stellen im Slalom
laufen. Durch die wankenden abgekämpften „Krieger am Heimweg“. Eine
traurige Szenerie. Norbert wird später sagen: „man sollte jeden, der
einen Marathon vorhat, zuerst mal diese letzten 6km mitlaufen lassen“.
Die „Tour de Leiden“.
Verpflegungsstelle km35... |
...trotz schweren Beinen lächeln... |
...und neuen Mut fassen für die letzten 7km |
Nicht das Zieltor, noch nicht! Viele gehen schon... |
Doch auch die, die gehen werden auf den letzten
Metern vom euphorischen Hamburger Publikum ins Ziel gepeitscht. Norbert
tanzt. Freude pur! Es ist
schwer Norbert vom Zielsprint abzuhalten. Komm lass uns einfach
genüsslich einrollen. Genießen wir den Applaus, die Hamburger, und
Hamburg!
Yeah... !!!
Fast geschafft... |
Die Tribüne bebt! |
Ziel: Norbert rennt davon, stoppt kurz für ein Tänzchen... |
Jaaa! Auf die bestmögliche Weise ins Ziel: Norbert live! |
Norbert + Erwin "Crocodile Dundee" (Der
Hut hat es geschafft !) |
Norberts Comeback: Er läuft wieder Marathon!
(Foto: Gerda
Eberlein) |
Überall: die Erschöpfung nach der "Schlacht" |
Sehr viele können nicht mehr stehen bleiben |
Eryka schmeckt das alkoholfreies Bier |
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Norbert und Maeve, tapferer Kämpfer + treuer Fan |
Apfel, Bier, Wasserflasche |
Wiedersehen mit Suse, nach 100km von
Palermo
2007 |
Und jetzt ab zur Massage! |
Oh wie tut das gut! |
Besonders an den Füßen |
Wir verlassen den Marathon: Hamburgs Wahrzeichen... |
...der "Michel" |
Osterinsel-Skulptur im modernen Hamburg |
Hafenblick mit Mississippidampfer und Café-Schiff |
"Cheers" und "Hummel-Hummel"
sagt
Euer Crocodile Dundee
(Erwin@team-bittel.de)
vom „team bittel“, einer etwas
anderen Laufidee.
PS: Vor ganzen 8 Jahren ist Norbert seinen letzten Marathon gelaufen.
Auch in Hamburg. Danach kam 2000 ein Ermüdungsbruch im Schienbein
(während eines anderen Wettkampfes). Seither lief der Beinbruch immer im
Hinterkopf mit. - Norbert hat sein Trauma überwunden. Ohne auch nur 1
Mal während dieses Laufs daran gedacht zu haben!
PPS: Norbert ist übrigens der Wahnsinnige, der mich einst bat, mit ihm
für seinen (und meinen) 1. Marathon zu trainieren. Diese langen
30km-Läufe seien so öde. Ich wollte nie Marathon laufen, willigte aber
ein. Was heute, über 100 Marathons später daraus geworden ist, s. oben.
Offizielle Seite:
www.marathon-hamburg.de
Weitere
"Team-Bittel" Hamburg--Lauf-Berichte: klickt hier:
2001 Thomas |
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