5. Trainingslager in Kärnten -
Wieder geht es bergwärts
Hallo Laufhelden,
„Der Millstätter See – Das Juwel in Kärnten“, so
wird man auf der Internetseite begrüßt. „Der Seeradweg um den
Millstätter See ist der perfekte Spaß für die ganze Familie. Geübte
Radfahrer schaffen die Strecke von 28 KM in 2 Stunden“, heißt es.
Geübten Läufern wie uns reicht diese Strecke natürlich nicht aus. Aber
fangen wir von vorne an.
Über die Grenze und ab nach Kärnten – Samstag:
Anreise und erster Lauf
Seeboden – St. Wolfgang –
Wolfsberg – Egelsee 23 km / 400 HM
Gulasch mit Kartoffeln und Salat
Abfahrt Samstagmorgen um 6.00 Uhr. Die Anreise
verläuft problemlos. Inklusive Capuccino-Pause an der Raststätte
Hochfelln-Süd bin ich nach 5-stündiger Fahrt am Zielort Seeboden. Heidi
und Manfred erwarten mich schon im Sonnleitenweg. Sonne? „Kärnten – Das
Land der Sonne“. Aber die hat sich heute hinter einer Wolkendecke
versteckt. Heidi und Manfred sind nun schon ein Jahr in Seeboden. Nach
dem Motto „Unser neues Leben – wir wandern aus“, sind sie von
Großenseebach zurück nach Kärnten. Dabei haben sie ihr neues Heim zur
Hälfte umgebaut. Als ich ankomme ist Manfred schon wieder am Sägen.
Staubiger Bruder, voller Sägespäne. Aber die Säge lässt er stehen und
nach der Quartiersuche für mich geht es gleich auf die altbekannte Runde
zum Egelsee. Einrollen, tief durchatmen, gemütlich angehen und
akklimatisieren. Mit der Pension Elisabeth habe ich eine wunderbare
Unterkunft gefunden. Herrliche Lage, direkt am Ablauf des Millstätter
Sees, liegt sie mitten in einer großzügigen Parkanlage.
Wiederentdeckung einer Leidenschaft – Sonntag:
Wunderbares Kärnten, Millstätter See, Seeboden
Seeboden – Döbriach – Glanz – Geißriegel – Egelsee 36 km / 700 HM
Spaghetti Bolognese und Gurkensalat
Blauer Himmel, Sonnenschein, herrlichstes
Läuferwetter. Ich starte um 10 Uhr entlang des Süduferwegs direkt vor
meiner Pension. Mit Manfred will ich mich in Döbriach treffen. 13km /
150 HM müssten in 1:10 Std. zu bewältigen sein, denke ich mir. Unterwegs
treffe ich viele Wanderer, Walker, Jogger und Mountainbiker.
Ausflugswetter pur! Wie auf der Autobahn. Am Parkplatz in Döbriach
treffe ich Manfred. Zusammen geht es weiter zur ersten Bergwertung:
Kategorie 1+. Vorbei am Campingplatz Burgstaller zum Panoramaweg nach
Glanz. Und das Unglaubliche passiert, Manfred lässt mich an diesem
Anstieg stehen. Sollte das eine Jahr in Kärnten schon seine Wirkung
zeigen. Wir laufen über Glanz und den Geißriegel weiter zum Egelsee. Von
dort geht es wieder bergab und wir sind nach 3,5 Std. und 36 km in
Seeboden.
Es geht aufwärts – Montag: Ein
Wochenendkrieger sucht seine Grenzen
Seeboden – Treffling – Pichlhütte 26 km / 746 HM
Seeboden – Millstatt – Dellach 19 km / 60 HM
Fischfilet vom Pangasius und Eissalat in der
Pichlhütte
Auch wenn ich mich wiederhole: Montagmorgen, blauer Himmel, Sonnenschein
und wieder herrlichstes Läuferwetter. Heute geht es hinauf zur
Pichlhütte. Die ist in der Zwischensaison zwar nur samstags und sonntags
bewirtet, aber wir brauchen ein Ziel. Von der Pension Elisabeth laufe
ich zum Lockern durch Seeboden hoch zu Manfred. Ab dem Sonnleitenweg
geht es die nächste Stunde nur noch bergauf. In Treffling wird es dabei
richtig ernst. Am Ortsausgang strahlt uns ein weißes Holzschild
entgegen: „Pichlhütte 2 Std.“ Nicht für uns, denke ich mir. Wald- und
Wurzelwege, Kieswege und Steinpfade, durch eine Schlucht, über
Holzstege, mit einer Steigung vom Feinsten, gelangen wir auf einen
Fahrweg. Der führt von Tangern aus nach oben. „Jetzt sind es ja nur noch
ein paar Kehren die Serpentinen hoch.“, Manfred ganz der alte, neigt
wieder zur Untertreibung. Ich lege meinen Kopf in den Nacken: „Oben ist
verdammt weit weg!“ Wir überholen 2 Wanderer und 1 Mountainbiker. Ich
glaube nach ungefähr der tausendsten Kehre erwartet uns ein Schild:
„Noch 15 Minuten“. Das heißt für uns etwa noch etwa 7 min. Für die
Anstrengungen werden wir mit einer herrlichen Aussicht über Seeboden und
den See belohnt. Abwärts läuft es sich leichter, wir lassen es ganz
locker angehen. Nach 2,5 Std. ist diese Einheit beendet. Liegestuhl ist
angesagt. Die Sonne lacht immer noch. - Am Abend laufe ich noch den
Norduferweg nach Dellach. Eine sehr flache Strecke. Viele Radfahrer,
Walker, Jogger und Inline-Skater sind hier unterwegs. Zwar direkt neben
der Straße dafür aber flach. Auf dem Rückweg treibe ich dem
Sonnenuntergang entgegen. Ein Lauftag geht zu Ende.
Vier Gründe mehr Bier zu trinken – Dienstag: Läufer
müssen auf ihren Wasserhaushalt achten
Seeboden – Millstatt – Dellach 19 km / 60 HM
Seeboden – Rund um den Kolm 17 km / 360 HM
Krautflecken am
Millstätter See
Wer viel läuft muss viel trinken. Ihr müsst den
Schweißverlust ausgleichen durch regelmäßiges Trinken. Das ist eine
altbekannte Läuferregel. Am besten mit Wasser oder einer Saftschorle.
Aber jetzt kommt's: amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt:
„Mäßiger Alkoholgenuss ist der Gesundheit förderlich.“ - Da bekommt doch
das Laufen gleich einen ganz anderen Sinn und eine andere Motivation.
Ich habe mir das schon immer gedacht, weil mir 1 Weizen nach dem Laufen
besonders gut schmeckt. Deshalb gleich noch einmal die Runde von
gestern: Seeboden – Dellach am Norduferweg entlang. Das erste Weizen auf
meinem Konto. Es war zwar nie die Rede davon, dass das Wasser auch von
oben kommen muss. Trotzdem ist heute leichter Nieselregen angesagt.
Hier die 4 Gründe mehr Bier zu trinken:
1. Alkohol verbessert die Werte für das „gute“ HDL-Cholesterin und
hindert das „schlechte“ LDL-Cholesterin, die Blutgefäße zu verstopfen.
Schwimmen ist auch Ausdauersport. Also nach dem Frühstück ab ins
Millstätter Hallenbad. Das wird heute ein Weizentag.
2. Alkohol wirkt entspannend und blutdrucksenkend.
Und in der Sauna schwitzt man auch. Das nächste Weizen ist gebongt!
3. Alkoholische Getränke haben eine vorbeugende
Wirkung gegen Osteoporose und das Risiko an Alzheimer zu erkranken
sinkt. Deshalb nachmittags noch 1 Laufeinheit mit Manfred. Wieder 1
Weißbier!
4. Im Blut regelmäßiger Biertrinker befindet sich
30% mehr Vitamin B6.
Na, das sind doch mal gute Nachrichten! Die Krüge
hoch! Prost! Hicks!
Zeigt her Eure Füße, zeigt her Eure Schuh –
Mittwoch: Neue Laufschuhe werden eingeweiht
Seeumrundung – Millstätter See 33 km / 560 HM
Rösti mit Apfelmus
Heute lacht bei nicht ganz so warmen Temperaturen
wie am Wochenende wieder die Sonne. Also ideales Wetter für eine
Seeumrundung. Es ist auch an der Zeit meine neuen Laufschuhe
auszuprobieren. Am Donnerstag war ich deswegen noch bei Felix in der
Laufbox in Nürnberg. Für mich
zurzeit die 1. Adresse in Sachen Laufschuhe und Zubehör. Neue Schuhe
sind doch immer so motivierend und die heutige Strecke ist nicht leicht.
Da kann zusätzliche Motivation nicht schaden. Gerade nach meinem
Programm der letzten Tage. Manfreds Seeumrundung ist natürlich nicht der
einfache Weg am Seeuferradweg entlang, sondern mit einigen Höhenmetern
gespickt mit herrlichem Blick über den See. So läuft sich unsere Route
von Seeboden über Tangern, Laubendorf und Sappl ans Ostufer des Sees
nach Döbriach. Kurzer Zwischenstopp zwecks Verpflegung. Dann laufen wir
am Süduferweg zurück Richtung Seeboden. Am Ende bin ich froh auf dieser
schwierigen Strecke noch einen Schnitt von 5min/km zu laufen. Als
Ausgleichsprogramm für den Rumpf und Oberkörper ist für nachmittags
Möbel schleppen angesagt. Ich erwähnte es ja, Manfred baut sein Haus um.
Nach der Streichaktion von vorgestern also heute Möbeltransport. Und
heute Abend kommt noch Verstärkung in Spittal an. Brigitte will ein
bisschen Höhenluft schnuppern.
Des Läufers Leibgericht – Donnerstag:
Klappt es mit dem Idealgewicht?
Seeboden – Lieseregg – Spittal – Egelsee 24 km / 400 HM
Putenschnitzel mit Kartoffelsalat
Unsere Fußballnationalmannschaft hat den Sternekoch
Holger Stromberg. Wir werden diese Woche von Heidi bestens versorgt. Der
Nachschub an Kohlenhydraten und Proteinen ist gesichert. Auch die
Ballaststoffe wie Obst und Gemüse kommen nicht zu kurz. Wobei eigentlich
die Bezeichnung „Ballaststoffe“ irreführend ist, denn sie sind alles
andere als überflüssig. Unterschieden wird dabei in wasserlösliche und
unlösliche. Die unlöslichen sorgen für eine Reinigung des Darms.
Wasserlösliche Ballaststoffe tragen zur Senkung des Cholesterinspiegels
bei. Auch auf den Blutzuckerspiegel wirken sie sich positiv aus. Aber
vor dem Schlemmen kommt die Arbeit. Die heutige Runde führt über den
Liesersteig nach Spittal. Brigitte und ich holen Manfred im
Sonnleitenweg ab. Das Wetter ist recht durchwachsen, es könnte durchaus
noch regnen. Ein schmaler Pfad führt von Seeboden aus die Lieser
entlang. Das heißt Konzentration pur, um nicht auf den rutschigen
Steinen zu stolpern. Wir kommen im Gänsemarsch in Spittal an. Den
Wolfsberg und den Kreuzstein lassen wir links liegen. Brigitte erzählt
mir von ihrem Hochgebirgslauf, wo jede Kehre einen anderen Namen hat.
„Hier ist das auch so.“, antworte ich: „in Österreich ist Serpentine der
beliebteste Vorname! Noch vor Maria.“ Weiter geht es hinauf zum Egelsee
unser heutiges Tagesziel. Über viele Wurzelwege führt uns Manfred nach
Seeboden zurück.
Sieg über die Schmerzen – Freitag: Was uns
nicht umbringt, macht uns nur noch härter
Seeboden – Lieseregg – Gmünd – Cordon-bleu-Hütte 28 km / 1400 HM
Kasspatz´n mit Salat in der
Buschenschenke
Mit einem Schlussanstieg von 900 HM auf 12 km führt die Königsetappe
dieses Jahr auf die Cordon-Bleu-Hütte. Manfred begleitet mich auf dem
Teilstück von Seeboden nach Gmünd. Nicht einfach zu laufen. Viele steile
Passagen auf Wurzelwegen. Am Parkplatz unterhalb der Gmünder Burg
erwartet uns Brigitte mit dem Auto. Hier ist Fahrerwechsel und
Verpflegungsstelle. Brigitte wird mich die nächsten 1,5 Std. hinauf zur
Frido-Kordon-Hütte begleiten. Leichter zu merken ist jedoch "Cordon-Bleu-Hütte".
Manfred weist uns noch in die Details der Strecke ein. Doch schon nach 2
min. ist alles vergessen. Alzheimer lässt grüßen! Am Stadttor fragen wir
eine nette Kärntnerin. „Zur Kordon-Hüttn?“ Mit weit aufgerissenen Augen
und offenen Mund starrt sie uns an: „Des is aber weit aufi!“ An jeder
Wegkreuzung stellt sich aber immer wieder die Frage: „Rechts oder
links?“ Doch viele, nette Kärntner weisen uns den Weg. Bald traue ich
mich nicht mehr zu fragen. Denn ich erwarte mit Schrecken die schlimmste
Antwort für alle Touristen: „Die Kordon-Hüttn? Ja mei!“ Entsetzen
breitet sich aus. „Da seid's Ihr aber ganz falsch!“ Doch wir sind immer
noch auf dem richtigen Weg. Unser Versorgungsfahrzeug kommt auch ums
Eck. Was will das Läuferherz mehr. „Jetzt geht's nur noch moderat
aufwärts.“, meint Manfred lapidar. Trainergequatsche! Er gibt Gas und
wir quälen uns den nächsten Anstieg hoch. Zielankunft an der
Cordon-Bleu-Hütte auf 1649 m ist eine dreiviertel Stunde später. In
Gmünd treffen wir Heidi, Uschi und Willi. Weiter geht's ins Maltatal.
Auf der Gmünder Hütte gibt es eine deftige Brotzeit. Ein Spaziergang zum
„blauen Tumpf“ rundet den Nachmittag ab. „Blauer Tumpf“? Irgendwie
erinnert mich das an Urmel aus dem Eis. „Am blauen Tumpf steht meine
Mupfel. Ich will in meine Mupfel!“ Den Abschluss des Trainingslager
feiern wir am Abend in der Buschenschenke Höfler. Mit Hausmannskost und
zünftiger Musik.
Lauf, Jochen, lauf! – Samstag: Das
Trainingslager war hart, aber hocheffektiv
Seeboden – Döbriach und zurück am
Süduferweg 26 km /
300 HM
Original österreichischer Döner Kebap
Unsere Tage in Seeboden sind gezählt. Verabschiedung in der Pension
Elisabeth. Good-Bye auch an Heidi und Manfred. Wir laufen unsere letzte
Runde entlang am Süduferweg. Kärnten hat die Sonne gepachtet. Ein paar
Schäfchenwolken sind am blauen Himmel. Die Vögel zwitschern. Einige
Angler treiben in ihren Booten am See dahin. Der Kuckuck singt sein
Lied. Und wir laufen am Seeufer auf dem Wurzelweg über Stock und Stein.
Eine wunderbare Morgenstimmung am Millstätter See. Auf der zweiten
Hälfte begegnen uns die ersten Wanderer und Radfahrer. In Döbriach
drehen wir um und laufen retour. Die Cola am Laggerhof bringt uns den
nötigen Brennstoff für die letzten Kilometer. Ein holländisches Ehepaar
spielt mit uns Hase und Igel bei den Bergauf- und Bergab-Passagen. So
vergeht die Zeit wie im Flug und mit Glockenschlag 12 Uhr laufen wir in
Seeboden ein. Jetzt geht es ab nach Hause.
Wieder daheim – Sonntag: Lockeres
Auslaufen in der fränkischen Heimat
Röttenbach – Erlangen 20 km / 180 HM
Rindsroulade mit Kloß und Salat
Ich bin wieder in meiner mittelfränkischen Heimat Mittelfranken. „Easy
going“, also lockeres Auslaufen, steht auf dem Programm. Ein ganz
unspektakulärer Lauf von Röttenbach nach Erlangen. Keine Berge, kaum
Höhenmeter und auch keine Zielankunft an der
idyllisch gelegenen
Pension Elisabeth. Das ist Vergangenheit. Die letzte
Trainingseinheit meines Hardcore-Programms für Laufjunkies.
Meine Frau Gudrun meint, ich hätte "Runner´s High" irgendwie falsch
verstanden. Und falls ich am Bezirkskrankenhaus vorbeikäme, sollte ich
schön grüßen. - Mein Sohn Jonas sagt einfach: „Papa du spinnst!“
There´s no limit – Montag: Der
Rennsteiglauf kann
kommen - RUHETAG
FAZIT: Mein Trainingslager Kärnten 2008 in Zahlen: 250 km / 5000 Hm
Nach den Anstrengungen der letzten Tage strecke ich
alle Viere von mir. Heute wird geruht! Die Superkompensation arbeiten
lassen. Ich lege mich aufs Ohr. Am Abend entspanne ich mich in der
Sauna. Noch 2 Wochen bis zum Rennsteig (73 km / 1490 m bergauf / 990 m
bergab). - Cool bleiben und regenerieren heißt die Devise!
Run happy! Need more speed!
Euer Jochen
|