Das gesamte Prozedere:
Anreise:
Am Freitag Nachmittag
fahren wir los. Von Nürnberg aus 600 km mit dem Pkw, unterwegs den
Wegelagerern mit „Pickerl“
oder den im Häuschen an einem Tunnel einen Teil der Ladung abgebend (ja,
modernes Europa ist wie Mittelalter), kommen wir abends in Ollerndorf
an. In Ollerndorf wohnt Otto, der Chef des Ganzen. Wir bekommen eine
Einweisung in die Regeln: „Musst halt 218 km laufen, die Betreuer fahren
mit dem Auto, ja und im Ziel ist dann Schluss. Und dann noch das
Kleingedruckte.“
Kurz vor Abfahrt |
Heilwasser an Bord |
Gute Stimmung vor dem Lauf |
Am Start |
Unser (gesponsortes) Betreuungsfahrzeug, das Werner fährt. |
Die Starter |
Ablauf:
Anreise am Freitag.
Samstag früh 07:00 Uhr geht’s von Ollerndorf nach Kittsee (160 km), dann
wird weiter nach Kalch gelaufen. Zielankunft Sonntag früh bis
Nachmittag. Individueller Abtransport der geschundenen Kämpfer nach
Ollerndorf (50 km). Duschen, baden, essen, trinken, Siegerehrung – und
wem die Augen nicht zufallen, der feiert munter in die Nacht hinein.
Ist doch schön:
Zur gleichen Zeit ist
Triathlon in Podersdorf (kurz nach unserem Start): 3,8 km Schwimmen im
Neusiedler See, 180 km Radfahren und 42 km Laufen. Mein Klassenkamerad
Gregor ist dabei. Welcher sportliche Wettkampf die bessere Wahl war,
wird er wohl nie erfahren. Ich weiß das natürlich ganz sicher.
Der Lauf:
Alles ist 100%ig
ultralauf-like, keine Kompromisse. Unspektakulär, extrem weit, zeitweise
extrem hart. Checkpoints sind alle 50 km, da wird unsere Zeit genommen.
Verpflegung übernimmt der Betreuer, der nach vereinbarten Entfernungen
anhält, die Wunschverpflegung bereithält und sich mit den Läufern freut,
dass das Ziel immer näher rückt.
Die ersten 60 km laufen
Mareile und ich sehr schnell (57 km deutlich unter 6 Stunden). Dann
lasse ich sie alleine weiterziehen. Meine häufigen Gänge hinter einen
Busch (mit anschließender Aufholjagd) haben mich fix und alle gemacht.
Meine Beine sind wie Beton.
Das wird schon wieder.
Das war sowieso nicht mein Tempo, das war viel zu schnell für mich.
Irgendwann kommt Werner zurück, versorgt mich und ich packe meinen
Laufrucksack. Mareile soll eine gute Zeit laufen, ich komme schon
alleine zurecht, denke ich. Es läuft in die Nacht hinein, meine
Motivation ist am Nullpunkt angekommen. Da mein Trinken nicht reichen
wird, nehme ich letzte Gelegenheiten zum Auftanken in Gaststätten war.
Hier lernt man die Landsleute kennen. Tapfer lehne ich Angebote ab: ich
werde zum Eierspaß eingeladen, zum Wiener Schnitzel, zum Feiern auf dem
Feuerwehrfest (das Getränk nehme ich dankend an). So wurschtele ich mich
durch die Nacht und bin sehr froh, dass es bei dem ein oder anderen
Betreuerfahrzeug für mich mal was zu beißen gibt, ich habe Angst vor
einem sog. "Hungerast"
und selbst nichts mehr dabei.
Die Speed-Kings |
On the Road |
Mareile nachts |
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Zum Frühstück gönne ich
mir Kaffee und Spiegelei mit Speck bei erster Gelegenheit in einer
Gaststätte. Im Radio berichten Sie gerade von den Verrückten, die von
Kittsee nach Kalch laufen. 21 Läufer, ja und ich bin inzwischen Letzter.
Meine Motivation ist unter dem Nullpunkt angekommen. Ich weiß nicht
woran das liegt. Habe ich zu viele Ultras gemacht dieses Jahr? Sind es
die wenigen Autofahrer, die kein Verständnis dafür haben, das wir auf
der Straße laufen? Ist es der Frust, dass ich nicht vorwärts gekommen
bin? Ich weiß es nicht. Aber zum in den Graben setzen und tot heulen
langt’s nicht.
Also geht es, ja läuft
es weiter. Ich hatte beschlossen, hier um jeden Preis ins Ziel zu
laufen. Und das wird jetzt gemacht. Zeit ist egal, aus, basta. Meine
nächsten Ziele liegen in immer kürzerer Entfernung, die nächste
Ortschaft, der nächste Baum, die nächste Straßenbegrenzung. Ein
gebremster Vorwärtsdrang bestimmt die nächsten Stunden.
So ist das eben, als
ambitionierter Amateur in der Ultraszene.
Mareile musste aufgeben,
das ist wirklich jammerschade. Franz hält neben mir an. Er weiß genau,
was ich brauche und betreut mich. Das ist sehr angenehm. In der Hitze
des Tages ist er meine Rettung, letztendlich hat er meine
überbeanspruchte Psyche wieder aufgebaut. Ohne individuelle Betreuung
ist der 2. Tag nicht zu überstehen. 27 min. vor der angegebenen
Zielschlusszeit bin ich nach 33 Stunden und 33 Minuten - als Letzter im
Ziel.
Mein
Eindruck:
Es handelt sich um einen
reinen Straßenlauf auf nicht gesperrter Landstraße. Manchmal viel
Verkehr, manchmal Radweg. Otto hat den Lauf in Anlehnung an den „Bad
Water Ultra“ organisiert: Individuelle Betreuung, wenige
Checkpoints. Und eben auf der Straße. Auch das Regelwerk hat er soweit
möglich übernommen, z.B. den Holzpflock: Wenn ein Läufer die Strecke
verlassen muss, wird ein Holzpflock mit der Startnummer des Läufers in
den Boden gerammt. Später kann der Wettkampf an dieser Stelle
fortgesetzt werden.
Für wen ist der Lauf geeignet?
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Für alle, die mal so weit laufen wollen
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Für künftige Spartathleten, als Qualifikation und als Training für den
Kopf, für die Distanz
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Für Läufer, die eine neue Herausforderung suchen
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Für alle anderen Verrückten, wie mich
Für wen ist der Lauf nicht geeignet?
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Hobbyjogger ohne ausreichende Ultralauf-Erfahrung
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Naturläufer, die nicht auf der Straße laufen wollen
Mein Tipp für den Lauf:
Laufen, Laufen, Laufen….
Bis demnächst mal wieder
Euer Olaf
Ausschreibung bei:
Steppenhahn's Ultralauf-Infos
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