Frage an Jochen
"Querläufer": Du bist beim Metropolmarathon kein
normaler Läufer, sondern ein Tempomacher für jedermann. Wie muss man
sich den Job als Zug- und Bremsläufer vorstellen?
Querläufer: Meine Aufgabe ist es von Anfang
bis Ende das gleiche Tempo zu laufen. So komme ich zu einer genau
festgelegten Zeit auf die Minute genau ins Ziel. Damit können sich die
Läufer an mir orientieren. In Fürth gibt es – im Viertelstundentakt -
Tempomacher für Zielzeiten von 3 bis 5 Stunden.
Als Coach will ich heute die 3:45er auf den Weg bringen. Aha, kleines
Wortspiel, auf den Weg bringen. "Schaut einmal auf die Laufstrecke vor
Euch. Marathon, genau. Ihr wollt 42km laufen? Ich werde Euch auf dem Weg
ins Ziel Tipps geben. Ich werde Euch anspornen. Aber laufen müsst ihr
selbst, sage ich vor dem Start.
Sonntag. 8.30 Uhr. Peng! Der Startschuss. Schon geht es los. Langsam
setzt sich die Läuferschlange in Bewegung, 20-25 Läufer haben sich um
mich geschart, um die 3:45 Stunden zu knacken. Wie wird man Zugläufer?
Ein paar Voraussetzungen muss man schon mitbringen. Ein Zugläufer
braucht Marathon-Erfahrung, muss ein konstantes Tempo laufen können,
sollte mindestens 30min schneller laufen können als die Zielzeit und
muss bereit sein, die Verantwortung für die Gruppe Läufer zu übernehmen.
Mein Freund Erwin sagt immer: Ein Zugläufer muss
unterhaltsam sein, ab und zu etwas plaudern. Das lenkt die Läufer ab und
beruhigt.
Für Robino Mettbach ist es der 7.
Marathon, der schnellste davon in 3:36 Stunden. Heute will er unter 4
Stunden bleiben. Mal schauen, wie lange er mein Tempo mitgehen kann,
sagt er.
Das Schöne an der Aufgabe eines Zugläufers ist, dass man die Erfolge
seiner Schützlinge live miterlebt. Die Glücksmomente der Finisher im
Ziel mitzuerleben ist das Größte! Und die Krönung, wenn ein Läufer eine
neue persönliche Bestzeit erreicht. Das Wichtigste unterwegs ist
Vertrauen in den Zug- und Bremsläufer. Als persönlicher Laufcoach für
die Marathonstrecke halte ich sie mental fit für die 42km. Wir starten
natürlich nicht aus der ersten Reihe.
Am Start die üblichen Drängeleien, aber das gibt sich nach ein paar
hundert Metern. Die Spitzengruppe ist schon enteilt. Wir mittendrin im
Läuferfeld. Stimmt das Tempo? Unruhe in der Gruppe. Aber alles ist im
grünen Bereich. Am Anfang ist es wichtig, die Läufer zu bremsen. Für
mich gibt es nur 1 Taktik, und zwar von Anfang bis Ende gleichmäßig
durchlaufen. Bei 3:45 heißt das ein Tempo von 5:20 min/km.
Bernhard Klein bemerkt:
Da kann doch etwas nicht stimmen. Warum sind die Kilometerschilder für
Halbmarathon und Marathon versetzt? - Na
weil, wenn wir am Halbmarathonziel vorbeikommen, müssen wir noch
2 Runden á 10km laufen. Ergibt dann 42km. Deshalb sind wir Marathonis
gerade diese Zusatzschleife gelaufen.
Immer wieder die Läufer beruhigen. Ablenken, Geschichten erzählen und
motivieren. Ganz ruhig laufen wir weiter. So wie immer? Von außen
betrachtet vielleicht schon. Man setzt einen Fuß vor den anderen.
Langsam kommt der Flow. Nach 20km läuft unsere Gruppe sogar im gleichen
Takt. Herrliches Laufwetter. Die Sonne lugt durch die Wolken, kein
Regen. Die angekündigten Schauer haben sich bisher nicht sehen lassen.
Auf der Strecke ein Wechselspiel von Sonne und Wolken. 3 Runden. Keine
eckigen, kantigen Kurven, sondern schön rund und weich. Relativ eben.
Alles asphaltiert. Ein stark besetztes Starterfeld, weil irgendwelche
Meisterschaften sind.
Ich frage: „Seid
ihr alle noch fit und gut drauf?“
Benjamin Gärtner findet: „Ja, super
wie gleichmäßig wir km für km laufen“.
Immer wieder kommen Verpflegungsstellen. In der 2. Hälfte lassen wir
keine aus. Wir plaudern über alle möglichen Laufveranstaltungen,
Ausrüstung und Technik. Wie laufen wir? Vorfußläufer, Mittelfuß oder
Ferse? Locker bleiben. Nur nicht nervös werden. Ganz cool! Nicht
abwägen! Wie man läuft ist ganz egal! Alles ist richtig. Jeder ist
anders! Jeder geht seinen eigenen Weg. Alles ist gut! Bleibe ganz
locker. Lass deine Arme mitschwingen, aber nur wenn du willst.
Instinktiv läufst du richtig. Du darfst nur nicht irgendwelche Techniken
von selbsternannten Fitnessgurus anwenden: 3 Schritte einatmen, 3
Schritte ausatmen oder so ähnlich. Mach es ganz natürlich! Dein Körper
regelt alles automatisch. Läufst du langsam, dann atmest du auch
langsam. Läufst du schneller erhöht sich auch deine Atemfrequenz. Ganz
von allein.
Thomas Kreis bemerkt: „Unglaublich
wie schnell die Zeit vergeht. Nur noch ein paar km“.
- Ja, Abwechslung tut immer gut. Ein
bisschen plaudern, die Zuschauer abklatschen und Ruck-Zuck sind wir
wieder an der Fürther Freiheit, im Ziel.
Die Gruppe wird schneller. Wieder muss ich bremsen. Es kommt darauf an,
ein konstantes Tempo zu laufen. Nachlassen und sich treiben lassen ist
nicht drin, sonst wird man langsamer. Orientiere Dich an den
km-Schildern oder merke Dir Streckenpunkte. So kannst du Dein Tempo
kontrollieren. Das ist mit GPS-Uhr natürlich einfacher. Es geht in die
letzte Runde. Die Kräfte lassen nach. Dranbleiben. Häng Dich an den
Zugläufer. Dafür bin ich da. Konzentriere Dich jetzt noch einmal auf
Dein Unterbewusstsein. Dein Unterbewusstsein ist wie ein Eisberg. Nur
1/7 ragt aus dem Wasser, dein Verstand. Dein Wesen umfasst aber viel
mehr. Deine Gefühle, Dein Unbewusstes, Deine Aggressionen. Ja, all das
bist Du. Und Du willst ins Ziel? Ja, Du darfst! Bleib cool, keine
Schmerzen, und wenn Du willst lass Deine Gefühle raus - schrei! Ja,
schrei so laut du kannst! Das Adrenalin treibt Dich dem Ziel entgegen.
Km41, der letzte Kilometer. Und wir sind so schnell! Die letzte Kurve,
es sind noch 100m. Noch mehr Speed. Gas geben!
Was für ein Zieleinlauf! Ja! Das war großartig! Lachend durchs Ziel. Du
bist jetzt ein anderer Läufer. Kein Finish wird mehr so sein wie früher.
Glückwunsch!
Am Start: Zugläufertänzchen von hinten... |
...und von vorne |
Ehemaliger Zugläufer Sven, heute beim Privat-Coaching |
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Hände hoch und La-Ola-Welle |
Gleicht geht's los |
Wir sind unterwegs... |
...und die Getränkeflasche auch (in der Hosentasche) |
Noch ist alles locker |
Trinken ist nicht einfach während des Laufens |
Alles was Lärm macht ist gut, ob Kuhglocke... |
...oder dicke Trommeln |
Nächste Trinkstelle |
Es gibt immer einen kleinen Stau |
Meine Gruppe, kurz im Park... |
...und dann wieder auf die Strasse zurück |
Vorsicht Superman |
Nicht mehr weit bis ins Ziel, Jungs, das schaffen wir! |
Im Ziel
Aufgabe erfüllt: Pünktlich und nicht alleine angekommen |
Auch im Ziel noch Spaß |
Mal nach der Blase sehen? |
Auch Privatcoach Sven war erfolgreich |
Helmut kam auch gut durch |
Das war große Klasse
wie Ihr die letzten 5km das Tempo noch mitgehalten habt.
Dominic Stahl begeistert: „Wahnsinn.
Wir haben es geschafft! Geil!“
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Infos:
www.metropolmarathon.de
Finisher Marathon: 414
Finisher
Finisher 21km: 1.512 Finisher
Finisher 10km: 945
Finisher |
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